Das ist eine kleine Sensation: Der schlechteste Film, den der Rezensent je gesehen hat, erhält nicht die Minimalwertung. Die Comic-Vorlage „Immortal“ aus Frankreich, England und Italien zählt entweder zu den nicht verfilmbaren Stoffen oder ist einfach nur abgrundtief schlecht. Das Interesse dies nachzuprüfen, dürfte nach der fast zweistündigen Qual kaum ein Zuschauer verspüren. Enki Bilal ist nicht nur Autor der Comics, sondern übernahm bei der Verfilmung auch gleich noch die Regie. Heraus gekommen ist ein Mischmasch aus Animations- und Realfilm, dessen uninteressante Story nur noch von den lächerlichen Dialogen übertroffen wird.
Horus, der ägyptische Gott des Lichts, hat es nicht leicht. Im Erdenjahr 2095 hat er nur noch sieben Tage zu Leben. Seine Behausung ist eine schwebende Pyramide über den Dächern von New York. Damit sein Tod nicht das Ende seiner Existenz bedeutet, möchte er einen Nachkommen zeugen. Doch für dieses Vorhaben ist nur eine einzige Frau geeignet: Jill (Linda Hardy). Diese lässt sich bei der Professorin Turner (Charlotte Rampling) verschiedene Experimente unterziehen und nimmt vom gesichtslosen Alien John Anweisungen und Drogen entgegen. Das Besondere an Jill ist die blaue, sich häutende Kopfhaut. Um sich mit dieser ziemlich durchgeknallten Frau vereinigen zu können, benötigt Horus einen Wirt. Geignet wäre hierfür Nikopol (Thomas Kretschmann). Und praktischerweise verliert dieser bei der Flucht aus einem luftigen Gefängnis ein Bein, was Horus sehr gelegen kommt…
Mit seinen göttlichen Kräften (Merkmal: leuchtende Laser-Augen) könnte er Nikopol aus einem Schienenstück ein neues Bein anfertigen. Durch seine Stahlbeschaffenheit wäre das Bein allerdings etwas schwer. Um es nutzen zu können, wäre Nikopol auf Horus’ Hilfe angewiesen. Somit muss er die Vergewaltigungen, die Horus mit Hilfe seines Körpers durchführt, über sich ergehen lassen. Neben diesem ganzen Schwachsinn scheint sich noch ein wichtiger Senator mit dem gut überlegten Namen Allgood Gedanken über eine Mordserie zu machen, die mit den Ereignissen irgendwas zu tun haben muss. Aber letztlich ist das dann auch vollkommen egal…
Mit dieser „Geschichte“ bringt uns „Immortal“ in eine Welt, die neunzig Jahre in der Zukunft liegt und in der sich selbstverständlich - wie in den bekannten Visionen der Marke „Zurück in die Zukunft II“ und „Das fünfte Element“ - einiges im Stadtbild New Yorks verändert hat. Die Autos „fahren“ selbstverständlich durch die Luft, sehen aber so aus, als seien sie aus Gebrauchtfahrzeugen der 70er Jahre gebaut worden. Oder sind sie vielleicht einfach im Zuge eines „Retro-Trends“ neu aufgelegt worden? Wer weiß? Außerdem fahren sie auf einer Schienenkonstruktion. Das ist zwar neu, aber keineswegs klasse. Durch sein schwer verständliches Drehbuch unterdrückt der größtenteils animierte Science-Fiction-Langweiler sämtliche Spannung im Keim. Er werden zwar zahlreiche Andeutungen gemacht, aber auf Auflösungen wartet der Zuschauer vergebens.
Was die komplett animierten Szenen rund um den Senator mit dem Supernamen Allgood sollen, bleibt das Geheimnis von Enki Bilal. Letztlich beschränken sich diese Episoden auf das Auftreten einiger Monster, die für den erwachsenen Zuschauer allenfalls einen belustigenden Wert zu bieten haben. Über das Design ließe sich noch streiten (auch wenn das schon recht witzig anzusehen ist), aber die Stimmen und Sätze dieser hier unter anderem „Jäger“ genannten Spezies, sind wirklich kaum zu übertreffen. Lustig, klischeehaft, dämlich – und das leider völlig unbeabsichtigt. Ähnlich verhält es sich mit den restlichen Dialogen. Alles ist dermaßen abgedroschen und unfreiwillig komisch, dass die Filmmacher ihr Ziel von einem düsteren und spannenden Thriller komplett zerstören.
Stattdessen hätte sich das Team lieber um eine Parodie bemühen sollen, denn um eine solche scheint es sich bei „Immortal“ in zahlreichen Szenen schon beinahe zu handeln. Da wäre es nur konsequent, dies weiter auszubauen. Dann würden sich die Zuschauer nicht insgeheim darüber ärgern, dass manche Szenen so gnadenlos albern sind. Wenn Horus mit verschränkten Armen neben Nikopol auf dem Bett liegt, dann sieht das zwar komisch aus, offensichtlich ist dieser Effekt aber nicht beabsichtigt. Auf lange Sicht unübertroffen wird das Filmende bleiben – hinsichtlich des schlechten Geschmacks. Nie zuvor durfte sich der Rezensent ein derart dämliches und lächerliches Ende anschauen, das übrigens – soviel lässt sich ohne Spannungsverlust verraten – auf dem Eifelturm bei Sonnenuntergang stattfindet.
Nun muss noch geklärt werden, warum dieses Werk, das die Zuschauerreihen spalten wird, nicht die Minimalwertung erhält. Da wären die wirklich gelungenen Bilder des New York im Jahre 2095, die in den Szenen, in denen nichts geschieht (übrigens die besten des Films) tatsächlich mehrmals als sehenswert zu bezeichnen sind. Was für den Rest jedoch nicht gilt. Mit Sicherheit wird es einige Fans des Comics geben, die mit dem Ganzen etwas anfangen können. Aber der Rest wird sich nur fragen: Was soll dieser Mist? Die unfreiwillige Komik hat natürlich auch Gutes, trägt sie doch nahezu den gesamten Unterhaltungswert. Außerdem ist die Maske von Charlotte Rampling („Swimming Pool“) und auch die von Linda Hardy beachtenswert – gerade ihre Frisuren sind sensationell merkwürdig. Schauspielerische Leistungen zu beurteilen, entfällt bei derartigen Dialogen. Schließlich soll die Menschenwürde der Schauspieler nicht angegriffen werden…
So ergibt sich unterm Strich ein Sonderpunkt für folgende Punkte: „Besondere“ Schlechtheit, einige beeindruckende Bilder, unterhaltsame – wenn auch unfreiwillig – komische Dialoge und Maske. Um die selbstverständlichen Tipps am Ende eines Verrisses zur sinnvolleren Ausgabe der Kosten des Kinotickets nicht zu vergessen: Der potenzielle Zuschauer stelle sich die Qualen vor, die er beim Hören eines Albums von Superstar Alexander erleiden würde und mache sich bewusst, dass diese Musik mit Sicherheit unterhaltsamer ist als „Immortal“. Alles klar?