STILLE WASSER SIND FIES
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber denke ich an die thailändische Kinolandschaft, fällt mir als erster der unaussprechliche Apichatpong Weerasethakul ein – Kunstfilmer und Festival-Liebling, Spezialist für alles Paranormale, jedoch auf eine Art und Weise, die den Animismus als inhärenten Teil unseres Alltags ansieht. Schön ist das, auch zutiefst magisch, aber nicht unbedingt leicht zugänglich. Des Weiteren gäbe es da noch den Martial Arts-Klassiker Ong Bak oder den knallbunten Western Tears of the Black Tiger. Auch mancher Horror (z.B. Shutter oder – ganz aktuell – The Medium) aus dem im Westen beliebten, für Massentourismus anfälligen, tropischen Urlaubsland erfreut sich an weltweiter Bekanntheit.
Mit dem Blick auf Kinotrends aus Hollywood, Japan oder Südkorea will Thailand in seinen Produktionen keinesfalls hinten nachstehen. Ist es mal keine True Story-Nachverfilmung jener Rettungsaktion der in einer Höhle im Nordwesten Thailands eingeschlossenen Fußballmannschaft, steigen gerne auch mal dem feuchten Habitat angepasste Wasserwesen aus den Seitenarmen des Mekong, um alles und jeden in Angst und Schrecken zu versetzen. Denn Thailand setzt immer noch auf den X-Faktor, was den Glauben an kryptozoologische Phänomene angeht. Was in den Untiefen des Landes vielleicht noch alles entdeckt werden kann – diese Spekulationen manifestieren sich in der regennassen Monsun-Mystery The Lake von Action- und Horrorprofi Lee Thongkham. So einiges Schleimiges möchte hier Land gewinnen und die arglose Bevölkerung, die sich mehr schlecht als recht durchs Leben schlägt, in Panik versetzen. Dabei reagieren die Monstrositäten, die dem Schrecken des Amazonas durchaus das Wasser reichen können, ganz unterschiedlich auf das fliehende und kreischende thailändische Volk. Es gibt auch solche, die unfreiwillig eine mentale Symbiose mit diesen Kreaturen eingehen, was es folglich schwieriger macht, sie zu besiegen. Doch wo ein Wille, da ist in Werken wie diesen immer ein Weg.
Gerade im Hinblick auf dieses Genre will man Filme auf die Beine stellen, die alle Stückchen spielen. Klar, dass diese aber aufgrund budgetärer Engpässe nur teilweise erklingen. Was es dann braucht, sind Improvisationstalent und magiergleiche Eigenschaften, die das Wunder vollbringen, den Anschein einer künstlerischen Ambition genau dort zu hinterlassen, wo eigentlich nichts ist. The Lake schafft in so manchen Szenen und zusätzlich kaschiert durch das Regenwetter richtig gute Takes, die das oder die Monster formschön ins Szene setzen. In diesen Momenten haben wir es mit ordentlichem CGI zu tun, das sich sicher so einiges hat kosten lassen. Dann gibt es die anderen Passagen, in denen die Kreatur gerne Latex trägt, und das sieht man. Genauer gesagt: nicht nur wir, auch die Filmemacher selbst. Mit deplatzierten Unschärfen und Close Ups in Bewegung überschminkt The Lake seine Problemstellen. Auch das fällt auf. Aber nicht als Stilmittel, sondern als provisorische Ansatzlösung. Hinzu kommt ein Skript, das vor allem mit seinen Dialogen der melodramatischen, immerfeuchten Düsternis ein dramaturgisches Bein stellt. Banales Wortpingpong schmückt die sentimentale Selbstqual so mancher Protagonisten, dick aufgetragen wäre fast schon schöngeredet. In seiner Essenz birgt die Story, ähnlich wie in Bong Joon-hos Tentakeldrama The Host, einiges an kernigem Konfliktpotenzial, doch immer wieder lenken so manche Qualitätsschwankungen von einem grundsätzlich faszinierenden Monsterdrama ab, das in metaphysischer Melancholie abtaucht, während der brüllende Seeufer-Godzilla mal organisch greifbar, dann wieder nur Puppe, die Szene fletscht.
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