TAXI DRIVER
1976 drehte Martin Scorsese „Taxi Driver”, der ihn zu dem berühmten Regisseur machte, der er heute ist. Taxi Driver unterscheidet sich dabei allerdings erheblich von seinen anderen Werken, zählt aber trotzdem zu seinen besten Filmen.
Es ist auch einer der Filme, die man wunderbar kritisieren kann.
Und obwohl das Gangstertum wahnsinnig präsent in diesem Film ist, geht es kaum darum. Klingt komisch, ist aber so. Allein das macht diesen Film eigentlich schon sehenswert.
Also: Wie gut ist dieses Werk ?
Zum Verständnis sollte da erst einmal die Handlung klar sein, wie immer ohne Spoiler.
Travis Bickle, gespielt von Robert de Niro, ist ein Vietnamveteran, der im New York der 70er lebt. Da er nachts nicht schlafen kann, wird er Taxifahrer. So fährt er des Nachts durch die New Yorker Straßen und sieht dort den Abschaum der Stadt. In den 70en war New York nämlich ein echtes Drecksloch. Überall wimmelte es nur so von Huren, Drogendealern, Obdachlosen, Gangstern, Zuhältern, Abhängigen und richtig viel Müll und Gestank.
Travis versteht das nicht. Das macht er dem Präsidentschaftsbewerber Charles Palantine klar, der zufälligerweise zu ihm ins Auto steht. In seiner Freizeit ist er ratlos und alleine. Er geht in Pornokinos, ist nicht gesprächig. Dann lernt er Betsy, gespielt von Cybill Shepherd, kennen. Beide verspüren Sympathien füreinander. Als Travis sie dann in ein Pornokino ausführt, platzt das Date. Das macht Travis sehr wütend.
Als er dann die minderjährige Prostituierte Iris, gespielt von Jodie Foster, kennenlernt, beschließt er, sie aus dieser dreckigen Stadt herauszuholen. Den Anschwung dazu bekam er von Iris´ Zuhälter Matthew, gespielt von Harvey Keitel, der wahnsinnig unsympathisch ist.
Da Travis ohnehin schon wütend ist, ist er bereit, alles dafür zu tun, was dann auch mit harter Gewalt zusammenhängt. Was dann passiert, sollte nicht verraten werden.
Man kann Taxi Driver als Meisterwerk ansehen, da wird es allerdings mehr analytisch und nicht rein filmkritisch. Als Film ist Taxi Driver ohnehin schwer anzuordnen. Zum Schluss gibt es Action, am Ehesten ist es sonst wohl ein Drama, doch auch das ist recht weit hergeholt.
Die Schauspieler des Films sind absolut großartig. Besonders Robert de Niro sticht mit einer großartigen Performance, die zu seinen allerbesten gehört, heraus. Doch auch Jodie Foster, die durch ihre Rolle weltberühmt wurde, Harvey Keitel oder Cybill Shepherd machen das ziemlich gut.
Es sticht auch die Musik von Altmeister Bernard Herrmann heraus, der zeigt, warum er zu den Allerbesten gehört. Sein Introsound ist schwer zu beschreiben, aber er passt. Die Trommelschläge sollen natürlich etwas Besonderes einleiten, nämlich das New Yorker Bild der 70er. Doch auch im Film ist die Musik perfekt eingesetzt worden. Entweder ist es eine dunkle Musik, was mit dem Gezeigten und Travis´ Stimmung zusammenhängt. Doch es gibt dann auch noch die typische 70er Jahre Filmmusik, wie man sie z.B. aus Chinatown kennt. Es sind leicht traurige Klänge, die immer zu hören sind, wenn de Niro einfach nur mit dem Taxi herumfährt, doch sie geben diesen Szenen sehr viel Tiefe und machen sie besonderer.
Doch das, was diesen Film dann interessant macht, ist die Stadt. Heutzutage kennen wir New York als glänzende Metropole. In diesem Film wird das Stadtbildder 70er Jahre gezeigt.
Das ist dann die Sicht heutzutage. Und diese Idee von Scorsese ist einfach grandios.
Heute kann man sehen, was für ein Drecksloch New York einmal war, damals war Travis Bickle der personifizierte Appell an die Politiker, die Stadt mal ordentlich aufzuräumen.
Scorsese schuf hier also einen zeitlosen Klassiker, der heute historisch immer interessanter wird, doch damals erst zum heutigen Bild helfen sollte.
À propos Scorsese: Dieser hat einen Auftritt als betrogener Ehemann. Ihn darin zu erkennen, ist allerdings schwer, da er doch ganz anders aussah.
Doch wir Zuschauer bekommen nicht nur das alte New Yorker Stadtbild zu sehen, sondern auch einen Einblick in das Leben von Travis Bickle. Das kann man aber auch umschreiben. Denn wir bekommen eher einen Einblick in die Psyche und das Leben einer lustlosen, ratlosen, einsamen und seltsamen Person.
Immer wenn Travis bei seinen Kollegen, also anderen Taxifahrern, nach der Arbeit noch im Café ist, ist er nur stiller Teilhaber. Er hört zu, lacht dabei teilweise, doch er ist ruhig. Interessant ist daran, dass er sich damit offenbar wohlfühlt. Seine Kollegen verhalten sich dafür ja auch entsprechend. Sie respektieren ihn und fertig. Wenn er geht, und er geht immer als Erstes, kommt nicht mehr als ein müdes „Tschüss“ von ihm und den anderen.
Das geht Hand in Hand mit dem Film. Es ist nicht wirklich düster, doch die Grundstimmung ist pessimistisch. Wenn Travis Taxi fährt, dann lacht er nicht, ist aber auch nie traurig.
Er respektiert sein Leben, doch der Vietnamkrieg scheint ihm die Freude größtenteils weggenommen zu haben.
Der Charakter von Travis ist klar erkennbar. Er reagiert. Wird er angesprochen, sagt er etwas, wird er nicht angesprochen, kommt auch nichts.
Doch bei Betsy war das anders. Das soll aber nicht kitschig sein und das ist es auch nicht. Es wird im Film als normal dargestellt, da Travis Betsy erklärt, warum er sie einfach so angesprochen hat. Es ist eine völlig wirre Begründung, die irgendwie Sinn macht.
Und da Travis nichts Schlimmes macht, können die Zuschauer sich mit ihm identifizieren und glauben ihm auch, was sehr geschickt gemacht ist.
Vergleicht man das mit seinem Charakter als Reagierer wird man verwundert sein. Es passt nichts. Travis Bickle ist ein Rätsel für den Zuschauer. Sein Charakter ist interessant, rätselhaft und schwer zu durchschauen.
Da es mit Betsy nicht geklappt hat, mit der Frau, für die er seine Lebensideologie als Reagierer aufgegeben und verändert hat, wenn auch nicht sonst im Alltag, was die aufgestellte These bestätigt, ist seine Wut, wenn man Travis durchschaut hat, absolut verständlich.
Doch dabei soll Travis uns unbedingt sympathisch bleiben. Denn seine Wut ist nur in ihm und wir sehen sie, wenn er alleine ist. Ansonsten, wenn andere Leute da sind, ist er ruhig, wie immer eben.
Das ist eigentlich wahnsinnig faszinierend, doch seine entladene Wut, also die, wenn er eben auch im Alltag nicht mehr freundlich ist, kommt erst ganz zum Schluss. Das erscheint dann doch etwas unwahrscheinlich. Es ist aber kein wirklich schlimmer Fehler.
Es lässt sich also feststellen, dass Travis Bickle einer der interessantesten Charaktere der Filmeschichte ist, dem Robert de Niro einfach auf den Leib geschrieben ist.
Jodie Foster ist dann das Mittel zum Zweck. Doch dafür musste sie als 13-Jährige große Schauspielkunst an den Tag legen. Diese beiden Seiten bilden eigentlich einen Gegensatz, doch hier stimmt es genau so, was erneut sehr faszinierend ist.
Denn Iris ist der Prostitution verschrieben worden. Es ist für sie normal geworden. Sie will Geld sehen. Und das spielt Jodie Foster für ihr Alter einfach grandios.
Der Zuschauer ist sofort auf ihrer Seite und versteht Bickle´s gewalttätiges Vorgehen nun, auch wenn Harvey Keitel da natürlich auch noch mit hineinspielt.
Doch trotzdem: Jodie Foster ist das Mittel zum Zweck, dass der Zuschauer auf der Seite von Travis bleibt. Denn der Blick in das Zuhälter, bzw. Prostitutionsgeschäft ist wirklich erschreckend.
Ein paar Schwächen hat dieser Film aber auch. Ein paar Darstellungen sind nämlich nicht eindeutig. Es ist einfach nicht klar erkennbar, was da gerade getan wird.
Doch in einer Szene will Travis den Präsidentschaftsbewerber Palantine erschießen. Wieso ?
Das ist dem Zuschauer nicht bekannt. Kein Witz: Man weiß nicht, warum Travis denn jetzt Palantine erschießen will. Dabei haben sie sich im Taxi doch noch so wunderbar verstanden und waren einer Meinung.
Als letzten negativen Punkt kann man noch aufführen, dass manche Szenen überflüssig sind. Da gibt es eine, wo Travis seinen Eltern schreibt oder die, in der er mit Scorsese im Taxi sitzt. Die Szene kann man zwar auch als Verstärkung der Gewalt und Traurigkeit ansehen, doch davon gibt es ja schon genug Einblendungen.
Ob Meisterwerk als Film oder nicht, muss jeder selbst entscheiden. Auf jeden Fall sollte man sich Taxi Driver einmal angesehen haben, allein wegen dem damaligen New York. Die Darsteller sind top, allen voran der herausragende Robert de Niro.
Die Musik ist gut und mit der Figur des Travis Bickle hat Scorsese wirklich etwas Besonderes geschafft. Der Regisseur zeigte zum ersten Mal, wie gut er mit de Niro zusammenarbeiten kann. Der Film hat auch noch ein ganz tolles Ende.
Schwach sind die Logiklücken und die überflüssigen Szenen. So etwas hat in einem hochsensiblen Film einfach nichts zu suchen. Richtig schlecht ist dann die Szene, wo Bickle den Senator Palantine erschießen will.
Insgesamt ist Taxi Driver aber ein toller und insbesondere sehenswerter Film, dem man wohl sehr gut 8 von 10 Punkten geben kann.