ein schöner Sommer
Hilde Rake (Liv Lisa Fries) lernt 1940 Hans Coppi (Johannes Hegemann) kennen. Beide nehmen am Widerstand gegen den Nationalsozialismus teil. 1942 werden die inzwischen verheirateten Eheleute Coppi wegen Hochverrats verhaftet - Hilde ist schwanger.
Ich habe „In Liebe, Eure Hilde“ als Preview in München gesehen, wo Liv Lisa Fries und Laila Stieler für ein Q & A zur Verfügung standen.
Andreas Dresen inszeniert authentisch wirkende Filme; von der Art einzigartig ist die fesselnde Welt der tragischen Figuren. Wer „Halt auf freier Strecke“ (2011) gesehen hat, kennt die anstrengenden Unterhaltungswerte. Im aktuellen Werk ist das nicht anders.
Es sind nicht die Namen von Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg oder der Geschwister Scholl. Das Publikum sieht die letzten Lebensjahre von Hilde Coppi, deren Bekanntheit nach dem Zweiten Weltkrieg insbesondere im Westen gering blieb. Dabei verzichtet der Regisseur auf pathosgeladene Darstellungen der Widerstandsbewegung oder des Kommunismus.
Dresen hat sich für eine umfangreich zeitverschachtelte Erzählstruktur entschieden. Diese ist jedoch nicht zu kompliziert, ganz im Gegenteil verhindert sie nicht nur eine strikte Trennung des Films in Freiheits- und Gefängnisphase, sondern verteilt genialerweise die Energie der Liebe auch in den chronologisch späteren Part. Bemerkenswert greifbar wird dadurch die von Hilde im Frauengefängnis in Berlin anwachsende persönliche Stärke, die sie auf ihr Umfeld einschließlich der schroffen Justizvollzugsbeamtin Anneliese Kühn (Lisa Wagner) überträgt. Zudem wiegen die schwer verdaulichen Situationen weniger drastisch und die romantischen Abschnitte bleiben frei von Kitsch. Zusammen mit den natürlichen, unprätentiösen Dialogen bleibt das Werk stets im Fluss. Autorin Laila Stieler erläutert, sie habe die erste Version des Drehbuchs deutlich geradliniger aufgebaut.
Die Konstruktion ist bis dahin schon mehr als gelungen. Im Fokus steht die in beinahe jeder Einstellung präsente, vorerst zurückhaltende Hilde Coppi. Für Liv Lisa Fries („Babylon Berlin“, „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“), so die Hauptdarstellerin, sei die Vorbereitung vor Drehbeginn zeitlich recht eng gewesen, aber sie agiere sowieso lieber im Moment und nehme die Ausstrahlung anderer Schauspieler wie Albert Scheer auf (eindringlich warmherzig als Pfarrer). Was die Berlinerin in der Folge durch ihre Bandbreite an intensiver Körpersprache auf die Leinwand bringt, ist kaum zu glauben, denn die vielen verschiedenartig aufreibenden, von Innigkeit sowie Leid geprägten Szenen entfalten daraus eine Lebendigkeit, die ihresgleichen sucht. Kamerafrau Judith Kaufmann („Corsage“, „Das Lehrerzimmer“, „Nur eine Frau“, „Der Junge muss mal an die frische Luft“, „Elser - Er hätte die Welt verändert“) fängt grandiose Spielkunst ein, die viele beeindruckende Nahaufnahmen erlaubt.
Ein Blick in die Geschichte von Hilde Coppi gibt Preis, wie gnadenlos ihr Leben beendet wird. Dresen scheut nicht, treu seinem Stil, dies in ungeschönten Bildern zu zeigen.
Wenn der inzwischen betagte Sohn von Hilde Coppi das Schlusswort spricht, durchzieht den Saal nochmals eine ergreifende Stimmung.
„In Liebe, Eure Hilde“ ist schrecklich wie herzensgut menschlich.