Möge die Macht mit Dir sein, George Lucas. Das wünschte eine ganze Generation enttäuschter Fans dem „Star Wars“-Mastermind. Enttäuscht über Lucas’ größten Irrtum seines kreativen Schaffens. Zum Unwill der hartgesottenen Anhängerschar schuf er mit dem ersten Prequel "Episode I - Die dunkle Bedrohung" ein oberflächlich-kindisches, technisch perfektes, aber seelenloses Popcorn-Movie für die Nintendo-Jugend, die den Film auch bestens aufnahm. Doch die überwiegende Zahl der Puristen war maßlos verärgert über den Verkauf ihres Mythos’ an den Kommerz. Die spannende Frage: Hat Lucas aus seinen Fehlern, die er später zähneknirschend zugeben musste, gelernt? Ja, er hat seine Lektion gelernt und vollbringt mit „Episode II - Angriff der Klonkrieger“ einen beinahe vollendeten Spagat zwischen Vergangenheit und Gegenwart - zwischen Prequel und Sequel.
„Star Wars: Episode II - Angriff der Klonkrieger“ spielt zehn Jahre nach den Ereignissen von „Die dunkle Bedrohung“. Die Galaktische Republik um den Obersten Kanzler Palpatine (Ian McDiarmid) steht vor der Zerreißprobe. Separatisten wollen das System zerschlagen und die Regierung mit gezielten Nadelstichen zermürben. Bei einem Anschlag kommt Senatorin Padmé Amidala (Natalie Portman), die frühere Königin von Naboo, nur knapp mit dem Leben davon. Um ihre Sicherheit zu gewährleisten, engagiert der Rat den Jedi-Meister Obi-Wan Kenobi (Ewan McGregor) und seinen heißspornigen Padawan-Schüler Anakin Skywalker (Hayden Christensen).
Anakin, der Padmé seit zehn Jahren nicht mehr gesehen hat, verliebt sich sofort in sie und setzt alles daran, herausfinden, wer sie umbringen will. Während Obi-Wan auf den sturmumtosten Wasserplaneten Kamino reist, um Hintergründe über die Verschwörung aufzuklären, schützt Anakin Padmé auf ihrem Heimatplaneten Naboo. Dort kommen sie sich näher, sind aber hin- und hergerissen zwischen Pflichterfüllung, Ehrgefühl und verbotener Liebe - denn Jedi-Rittern ist es nicht gestattet, eine Beziehung zu unterhalten. Als die finsteren Mächte um den zur dunklen Seite übergetretenen Jedi-Meister Count Dooku (Christopher Lee) eine Schlacht ungeahnten Ausmaßes vorbereiten, müssen Obi-Wan, Anakin und Padmé Entscheidungen fällen, die ihr eigenes und das Schicksal der gesamten Galaktischen Republik beeinflussen...
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Die Erwartungshaltung der weltweiten Fangemeinde war riesig, wenn auch nicht ganz so gigantisch wie bei "Episode I". Eine enorme Fallhöhe, die Lucas - finanzieller Erfolg hin oder her - in Teil eins schmerzhaft zu spüren bekam. Zu seiner Ehrenrettung muss gesagt werden, dass er wiederholt darauf hingewiesen hat, alles im Gesamtkontext zu betrachten. Und dafür sei es notwenig, zum Beginn Anakin Skywalker - die zentrale Figur der neuen Trilogie - als reinen, unbeschwerten Jungen (in Form des blassen Jake Lloyd) zu zeigen.
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In „Episode II“ ist Anakin mittlerweile 19 Jahre alt und absolviert die Jedi-Ausbildung bei seinem Lehrmeister Obi-Wan Kenobi. Der Kanadier Hayden Christensen übernimmt die Schlüsselrolle des jungen, heißblütigen Anakin und er soll sich für Lucas als Glücksgriff erweisen. Bisher nur in einer kanadischen Soap Opera („Family Passions“) und einigen kleineren Filmen („The Virgin Suicides“, „Strike“, „Life Is A House“) zu sehen, schafft es der 21-Jährige, Star Wars wieder einen interessanten und auch dominanten Charakter hinzuzufügen. Denn sein Anakin Skywalker ist keineswegs der gute Junge, wie ihn noch Jake Lloyd gespielt hat. Sein Jähzorn, seine Wutausbrüche und die Kaltherzigkeit mit der er eine Horde Sandleute, die seine Mutter (Pernilla August) getötet haben, ausrottet, lassen erahnen, wie sein weiteres Schicksal verlaufen wird. Dabei soll sich niemand vom Äußeren Christensens täuschen lassen. Er könnte zwar formal als Backstreet-Boys-Klon durchgehen, doch seine Ausdrucksfähigkeit ist ausgesprochen vielfältig. Perfekt verkörpert er das Bindeglied zwischen Gut (Teil 1) und Böse (Ende Teil 3) - zwischen Pflichterfüllung und Gehorsamkeit als Jedi, leidenschaftlichem Liebhaber und aggressivem, herzlosen Rächer. Christensen gibt seinen Darth-Vader-Vorläufer mit einer derart lässigen Arroganz, die die ganze Ambivalenz der Rolle zum Tragen bringt.
Einen Gang höher schalten darf auch Ewan McGregor („Moulin Rouge“, „Trainspotting“). Er ist nach wie vor keine Idealbesetzung für ein großes Hollywood-Mainstream-Abenteuer agiert aber wesentlich lebendiger und frischer als bei seinem lustlosen Auftritt in "Episode I". Hier und da darf der Schotte in Abstimmung mit Christensen ein paar launige Oneliner einstreuen („It’s Jedi business. Go back to your drinks“, raunzt Christensen dem Barpublikum entgegen, nachdem Obi-Wan sein Laserschwert als Filet-Messer benutzen musste). Auch Natalie Portman („Leon – Der Profi“, „Heat“) kann diesmal kräftig punkten. In "Episode I" noch zur Passivität verdammt und unter tonnenschwerem Make-up versteckt, greift sie aktiv in die Geschichte ein. Sie sieht in ihren diversen Outfits nicht nur sehr sexy aus, sondern sorgt auch dafür, dass die Liebesgeschichte einigermaßen funktioniert, auch wenn diesem Storyteil zu viel Platz eingeräumt wird. Zwar ist bei genauer Betrachtung der (fehlende) Altersunterschied der beiden nicht logisch zu erklären - eigentlich müsste Portman (9.6.81) rund acht, neun Jahre älter sein als Christensen (19.4.81) - aber das stört nicht wirklich.
Optisch ist „Episode II“ wie nicht anders zu erwarten war, ein Hochgenuss. Lucas schwelgt in atemberaubenden Bildern, die zum Großteil am Computer entstanden, bietet ein fast schon phänomenales Set-Design und kreiert einen einzigartigen Look. Das galaktische Zentrum Coruscant sieht aus wie eine perfektionierte Variante von Luc Bessons Stadtszenario in „Das fünfte Element“, Padmés Heimat Naboo ist von betörender, archaischer Schönheit geprägt; der Wasserplanet Kamino bricht die bisherigen Sehgewohnheiten, indem ihn Lucas als endzeitliches, orkan- und regenumtostes Riesenhabitat zeigt. Die Fels- und Wüstenplaneten Tatooine und Geonosis, wo sich die entscheidende Schlacht abspielt, sind dagegen eher konventionell - wie bisher gewohnt - gestaltet.
In alter Tradition werden aber immer wieder reale Landschaften mit digitalen Welten kombiniert, was dazu führt, dass das eine oder andere Erstaunen im Publikum zu hören ist, wenn Padmé und Anakin in die romantischen Schluchten des Comer Sees blicken. Die Studioaufnahmen entstanden zumeist in Sydney, Australien, nur ein Teil wurde in London, England, gedreht. Zu Außenaufnahmen zog es die Crew nach Italien, Spanien und Tunesien. Lucas hatte die Realisierung der Vorgeschichte immer wieder mit der Begründung verschoben, die technischen Möglichkeiten entsprächen noch nicht seinen Vorstellungen. Doch die Anforderungen, die er an die Spezial-Effekte stellt, können jetzt erfüllt werden. Das 135-Millionen-Dollar-Budget tut sein übriges. Erstmals verwandte der Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Lucas für einen Kinofilm ausschließlich digitale Kameras. Das erleichtere ihm die Arbeit am Set, Ergebnisse seien sofort in exzellenter Qualität sichtbar - die Grenzen zwischen Produktion und Post-Produktion verschwimmen mehr und mehr.
Die Grundstimmung hat sich von Episode I zu 2 gründlich gewandelt und ist an „Das Imperium schlägt zurück“ angelehnt. Über allem liegt immer die düstere Vorahnung, was kommen wird. Inhaltlich stellt sich mehr und mehr der Gesamtkontext heraus, die Bühne für den großen Showdown, indem sich Anakin der dunklen Seite der Macht hinwendet, ist bereitet. Die bewährten Zutaten wie Heldenmut, Ehre, Leidenschaft, Liebe und Abenteuer hat Lucas diesmal wieder richtig zusammengerührt, und sich von der Schmach „Episode 1“ emanzipiert. Der Score von John Williams gliedert sich passend in das Konzept ein, führt hier und da alte Elemente weiter und fügt neue hinzu.
Sehr zur Freude der Hardcore-Fans hat der Vater von Boba Fett (als kleiner Junge von Daniel Logan gespielt), der als heimlicher Liebling vieler gilt, eine tragende Rolle. Kopfgeldjäger Jango Fett (Temuera Morrison) macht es Obi-Wan nicht leicht, die Galaxie zu retten. Alte Bekannte wie die beiden Roboter R2-D2 (Kenny Baker) und C-3PO (Anthony Daniels) spielen nur eine untergeordnete Rolle, die zum Glück auch Jar Jar Binks (Stimme: Ahmed Best) zuteil wird. So kann er in „Episode II“ keinen Schaden anrichten. Ein echter Pluspunkt ist dagegen das erweiterte Auftreten von Jedi-Meister Yoda ("In And Out"-Regisseur Frank Oz), der sich in absoluter Topform präsentiert, was Christopher Lee als Count Dooku in einem atemberaubenden Lichtschwertduell zu spüren bekommen soll. Immer wenn Yoda auf der Leinwand erscheint, ist die alte Magie plötzlich wieder da.
Bei aller Freude über Lucas’ Weg zurück von der dunklen Seite des Filmschaffens gibt es ein paar Kleinigkeiten, die stören. Nach flottem, rasantem Beginn kommt ein wenig Leerlauf auf, aber gerade noch rechtzeitig nimmt „Episode II“ wieder Fahrt auf. Eine große Weltraumschlacht wird vermisst und so schön die Perfektion der digitalen Spezial-Effekte auch ist, bringt sie doch leider immer wieder einen ungewollten Nebeneffekt mit sich: Oft wirkt vieles einfach künstlich. Künstlich steht aber in krassem Gegensatz zu magisch. Und die spezielle Magie, die „Krieg der Sterne“, „Das Imperium schlägt zurück“ und „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ zum einem Mythos werden ließ, geht ein wenig verloren. Immerhin: Bei "Episode I" fehlte sie völlig, in Teil zwei keimt sie immer mal wieder auf und spätestens, wenn Yoda die Szenen dominiert, ist sie wieder da. Die Galaktische Republik geht auf ein schweres Schicksal zu („Begonnen die Klonkriege haben“) - nicht so George Lucas. Der halt sich mit „Episode II“ rehabilitiert.