Wenn in der für das Fantasy Filmfest 2021 obligatorischen Videobotschaft vom jeweiligen Filmemacher vor dem Film gesagt wird, dass die bei vielen Leuten angekommene Message des Films missverstanden wurde, sollte das eigentlich schon argwöhnisch machen. Die Regisseurin hat es also nicht geschafft, ihre wichtigste Aufgabe zu erfüllen - die beabsichtigte Wirkung mit ihrem Film beim Publikum zu erzielen.
Mit diesen Worten im Hinterkopf startete ich also in diesen Film - "Der Film soll keine Anti-Impf-Botschaft darstellen". Und doch bleibt sinngemäß Folgendes nach dem Abspann hängen:
ein mysteriöse Krankheit, verbreitet in grünen Tornados, welche über die ganze Welt ziehen, soll zum qualvollen Tod führen, und der Staat verteilt Suizidpillen für alle Menschen, damit sie so vorher in den schmerzfreien Freitod gehen können. Ein Junge fragt dazu sinngemäß: "Aber was ist, wenn sich alle irren, und man stirbt gar nicht davon?" - und am Ende überlebt der Junge, der als einziger NICHT die vom Staat und allen führenden Leuten empfohlene Pille genommen hat, und die mysteriöse Krankheit war nach Infektion gar nicht so schlimm. Ende.
. Und nun nochmal die Worte der Regisseurin - "Der Film soll keine Anti-Impf-Botschaft darstellen".
Man liest mancherorts, dass der Film noch vor Covid gedreht wurde, was nicht sein kann, da im Abspann von "Covid-Beauftragten am Set" die Rede ist, und man liest mancherorts, dass der Film zumindest vor Covid geschrieben wurde - was natürlich sein kann. Ich möchte die Regisseurin nicht Lügen strafen, aber selbst wenn dem so ist, ist es eine bewusste Entscheidung von ihr, den Film nun so zu veröffentlichen, in der Welt, in der wir nun leben, und sie muss die Verantwortung dafür tragen (oder weiterführend das Fantasy Filmfest, das den Film als Abschlussfilm zeigt, oder das Label Capelight Pictures, welches ihn vertreibt).
Natürlich würden diese ganze Kritik und mein Unmut nicht existieren, wenn der Film vor 2 Jahren erschienen wäre. Ich würde ihn wahrscheinlich sogar mögen, loben und empfehlen, mit irgendwelchen Worten wie "Ein wunderbar düsterer Film, der für den Kampf um das Gute im Leben, oder das Leben an sich, steht, und das Hinterfragen von Autoritäten, und dass man nicht einfach blind folgen soll". Doch die Welt ist nun mal seit 2 Jahren eine andere, und das wissen alle Beteiligten dieses Films (und eigentlich auch Filmfestivals und Verleiher), und deswegen ist die Botschaft des Films, wie erwähnt, automatisch eine GÄNZLICH andere.
Ich glaube, ich habe tatsächlich vorher noch nie einen Propaganda-Film gesehen - doch wenn man dann mal einen sieht, merkt man, was so verwerflich an ihnen ist. Hier sind nicht eine bestimmte Geschichte oder die Charaktere Priorität. stattdessen wird die Kunstform und das Medium "Film" zweckentfremdet, um die politischen Meinungen von individuellen Person unterschwellig dem Publikum zu vermitteln. Oder in diesem Fall eher weniger unterschwellig, denn die platten Subversions-Ziele der Regisseurin deuten sich schon vor dem Ende in einem Dialog zwischen Vater und Sohn an. "Wieso denn illegale Einwanderer oder Obdachlose nicht die Pille bekommen", fragt der Junge, was natürlich an sich eine löbliche, unterschwellige Botschaft in der Hinsicht ist, wie er auf den Umgang mit eben diesen Menschen in unserer Gesellschaft aufmerksam macht, doch führt er in der Geschichte des Films zu nichts und wirkt daher schlicht aufgesetzt. Und beißt sich mit der Endaussage des Films sogar selbst: die Einwanderer und Obdachlosen sollten also die Pille bekommen und sterben, wo sich doch aber die mysteriöse Krankheit gar nicht als tödlich herausstellt?
"Silent Night" ist eine grandioses Beispiel dafür, wie ekelhaft Filme missbraucht werden können, damit ein Mensch eine Plattform für seine Meinungen finden kann. Deswegen wäre es eigentlich selbstverständlich, dem Film die geringst mögliche Anzahl an Sternen zu geben. Doch damit würde ich mich auf das selbe Niveau der Regisseurin begeben: mit einer drastischen Metapher zu blenden, um meinen Punkt zu unterstreichen. Also 2 Sterne, filmtechnisch und schauspielerisch gibt es nämlich nichts zu beanstanden - leider. Das macht gute Propagandafilme halt einfach aus.