Gut zwölf Jahre nach „Pretty Woman“ hatte schon lange niemand mehr das Erfolgsrezept des weltweiten Mega-Blockbusters kopiert. Also nahm sich ausgerechnet Indie-Filmer Wayne Wang („Smoke“, „Blue In The Face“) der Sache an. Seine Aschenputtel-Variante heißt „Manhattan Love Story“, doch genau wie die Stars dieser romantischen Komödie ist Wang auf dem Regiestuhl fehlplatziert. Sein inspirationslos runtergekurbeltes Working-Class-Märchen funktioniert auf keiner Ebene. Das US-Publikum störte sich am künstlerischen Bankrott nicht und hätte Jennifer Lopez und Ralph Fiennes um ein Haar ihren ersten 100-Millionen-Dollar-Hit beschert.
Marisa Ventura (Jennifer Lopez) ist in der New Yorker Bronx aufgewachsen und froh, dass sie in einem Nobelhotel als Zimmermädchen ihr Geld verdienen kann. Schließlich hat sie ihren zehnjährigen Sohn Ty (Tyler Posey) zu ernähren. Der Vater hat sich früh aus dem Staub gemacht, Marisa ist alleinstehend. Aber sie träumt heimlich von Besserem und möchte irgendwann den Aufstieg ins Management des Hotels schaffen. Allerdings traut sie sich selbst diesen Sprung nicht zu. Ihr Schicksal soll sich von einem Moment auf den anderen wenden. Als sie aus Neugier in einem Zimmer, das sie sauber machen sollte, in das 5.000-Dollar-Kaschmir-Kleid eines Gastes schlüpft, steht durch Zufall der smarte Senatskandidat Christopher Marshall (Ralph Fiennes) in der Tür und ist völlig hingerissen von der bildhübschen Marisa, die sich als High-Society-Frau Caroline ausgibt. Sie gehen zusammen spazieren und der Schwindel nimmt seinen Lauf. Natürlich verrät Marisa nicht, dass sie nur ein Zimmermädchen ist und gibt sich stattdessen als geheimnisvolle Fremde aus. Der gutaussehende, ledige Top-Politiker, der auf Schritt und Tritt von der Sensationspresse verfolgt wird, will Caroline alias Marisa unbedingt wiedersehen, wundert sich aber gewaltig als die richtige Caroline (Natasha Richardson), der Marisa das Kleid „entführt“ hatte, plötzlich zum Date auftaucht...
Moderne Märchen wie diese sind der Stoff, aus dem die Träume des zumeist weiblichen Publikums sind. Beim großen Vorbild „Pretty Woman“, dem Klassiker des Genres schlechthin, hatte das so hervorragend funktioniert (10,6 Millionen Besucher in Deutschland, 180 Millionen Dollar Einspiel in den USA), dass es mal wieder an der Zeit war, das alte Konzept aus der Schublade zu kramen. Schließlich will Hollywood Geld verdienen und neue Ideen sind Mangelware. Nur Absicht und Ergebnis klaffen bei der „Manhattan Love Story“ weit auseinander. Was Regisseur Wayne Wang bei solch einem Hochglanz-Projekt zu suchen hat, mag das Geheimnis aller Beteiligten sein. Denn er schafft es nicht, aus der belanglosen, vorhersehbaren Handlung eine charmante Geschichte zu formen, die das Publikum interessiert und mit den Figuren mitfühlen lässt. Der ausgezeichnete Mime Ralph Fiennes („Schindlers Liste“, „Roter Drache“) ist komplett im falschen Film. Er bietet eine gewisse Gelassenheit auf, aber warum er sich als einflussreicher, smarter Politiker in das Zimmermädchen Jennifer Lopez verliebt, wird nicht ganz klar - abgesehen von ihren optischen Vorzügen. Und genau das ist der Punkt, an dem das Konzept nicht aufgeht. Die Chemie zwischen Fiennes und Lopez stimmt einfach nicht. Gewiss, beide wirken im Film verliebt, aber nicht ineinander. Es funkt schlichtweg nicht.
Rein formal ist die omnipräsente Jennifer Lopez bestens besetzt. Sie hat den gleichen Background wie ihr Filmcharakter, wuchs in armen New Yorker Verhältnissen auf und stieg anschließend zu Weltruhm auf. Das Problem ist nur, dass Lopez lediglich mit ihrem einzigen wahren Talent punkten kann - ihrem Aussehen. Denn schauspielerisch ist das sehr dürftig, was Jenny from the block, die sie so gern sein möchte - bodenständig, authentisch, wirklich - zu bieten hat. Zurecht wurde sie als schlechteste Hauptdarstellerin für die berühmt berüchtige Goldene Himbeere nominiert. Dass sie in einem Film durchaus funktionieren kann, hat zumindest Steven Soderbergh im superben „Out Of Sight“ bewiesen. Allerdings war Lopez dort Teil eines großen Ganzen. Die - seien wir ehrlich - talentfreie Sängerin und Schauspielerin musste nicht wie in „Manhattan Love Story“ eine dünne Handlung fast im Alleingang transportieren, denn Fiennes ist ihr keine große Hilfe. Ihre Allüren hätten sie eigentlich eher für die Rolle von Natasha Richardson als affektierte Snobzicke Caroline qualifiziert. Lopez ist als armes Working-Class-Girl schlichtweg nicht glaubhaft - genauso wenig wie die ewige Mär, dass Frauen wie Marisa immer zwangsläufig alleinstehende Mütter und die Kinder dermaßen altklug sein müssen.
Wie alles ausgeht, dürfe jedem schon nach wenigen Minuten klar sein, aber das interessiert bei einem modernen Märchen auch gar nicht. Die ganzen Storymängel und Vorhersehbarkeiten wären nicht weiter tragisch, wenn die Geschichte Charme entwickeln würde, doch das tut sie nicht. Immerhin sorgt Kamerakoryphäe Karl Walter Lindenlaub dafür, dass New Yorks Manhattan stilvoll eingefangen und das rechte Ambiente für die laue Romanze geschaffen wird. Und wer seinen Anspruch gar auf ein Mindestmaß zurückschraubt oder glühender Verehrer von Frau Lopez ist, wird mit „Maid In Manhattan“ glücklich werden. Alle anderen werden am Ende angeödet den Kinosaal verlassen...