Anne, eine junge und begabte Literaturstudentin Anfang der 1960er Jahre, ist völlig ratlos, als sie realisiert, dass sie ein Kind erwartet. Zu der Zeit ist eine Abtreibung illegal, und mit einem Abbruch riskiert sie a) ihr leibliches Wohl und b) eine Inhaftierung und damit das vorzeitige Ende ihrer Laufbahn. Was tun?
Ganz leise und im Geheimen durchläuft und erleidet sie alle möglichen bzw. nötigen Schritte, um diskret Hilfe zu erlangen. Der Film basiert auf der gleichnamigen Autobiografie von Annie Ernaux.
Die Autorin des hier verfilmten Buches ist der Regisseurin zutiefst dankbar, fand sie doch ihre eigene Geschichte und ihr Erleben hier "wahrhaftig" und ohne unnötiges Drama umgesetzt. Genau so habe ich es auch empfunden. Audrey Diwan bedient sich aufs Geschickteste der zur Verfügung stehenden filmischen Mittel. Die unterlegte Musik ist zwar wirkungsvoll, aber immer diskret. Handlungen und Dialoge in einer Weise natürlich, dass es extrem leicht fällt, sich in die Situation hineinzubegeben, als wären wir ein Teil davon. Bemerkenswert auch, dass die Kamera (und auch die Schärfe) meist auf der Protagonistin bleibt, selbst die Töne selektiv wiedergibt - und damit optimal ein Mit-Erleben oder auch Identifikation mit der Figur Anne ermöglicht. All das ist entscheidend, um das Leid der Frauen zu dieser Zeit aus der Abstraktion zu holen und spürbar, nachvollziehbar zu machen.
Unpathetischer, dafür umso eindringlicherer und damit wichtiger Film zum Thema Selbstbestimmung der Frau. Wer meint, das Thema sei längst nicht (mehr) aktuell, hat sich ordentlich geschnitten. Empfehlung!
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