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    Gott existiert, ihr Name ist Petrunya
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    3,1
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    Kino:
    Anonymer User
    2,5
    Veröffentlicht am 5. August 2021
    Ein Mädels Film der anspruchsvollen Art. Petrunya (Zorica Nusheva) ist arbeitslos und nicht mehr die Jüngste. Sie hat ein Diplom als Historikerin, ist aber ohne Berufserfahrung und wohnt immer noch im Hotel Mama. Jedes Jahr am Dreikönigstag wirft der Pope (Suad Begovski) ein Kreuz in den eiskalten Fluss des nordmazedonischen Ortes und nur die jungen Burschen dürfen hinterherspringen. Wer es rausholt hat das ganze Jahr sehr viel Glück. Einmal springt Petrunya spontan ins Wasser und ergattert das Kreuz. Sie verschwindet unerkannt und tritt eine Lawine los, in deren Verlauf sich Staat und Kirche aber auch die Machos eine handfeste Auseinandersetzung liefern. Zwei Lager stehen sich gegenüber: die Traditionalisten und die Emanzen. Die Aktionen reichen von Schlägereien mit Bespuckungseinlage bis zu den übelsten Beschimpfungen.
    Hat Petrunya das Kreuz gestohlen? Ihre Tat ist eine Provokation, eine ‘blasphemische Entweihung des Kreuzes‘. Eine überregionale Reporterin (Labina Mitevska) macht Interviews fürs Fernsehen. Die patriarchalische Ordnung wankt. Petrunya wird aufs Polizeirevier gebracht. Das Verhör ähnelt einem Inquisitionsverfahren. ‘Sind sie gläubig?‘
    Die Regisseurin Teona Stragar Mitevka handelt das Problem dialogmäßig umfassend ab ohne eine Antwort zu geben. ‘Gut, dass wir drüber geredet haben…‘, kann sie für sich ins Feld führen. Petrunya geht wieder nach Hause.
    Filmdoktor
    Filmdoktor

    7 Follower 46 Kritiken User folgen

    4,0
    Veröffentlicht am 2. November 2020
    "Behalten Sie's, Sie brauchen es viel mehr als ich!" -

    Diesen Satz sagt Petrunya irgendwann zum örtlichen Priester und gibt ihm das Kreuz zurück. Eben jenes Kreuz, dass sie am selben Tag noch während der Wasserweihe (als Symbol der Taufe Jesu) am Dreikönigstag/Epiphanias schneller als eine halbnackte Männermeute aus dem Fluss gefischt hat. Es war nicht die Absicht Petrunyas sich an diesem alljährlichem Ritual (eine Mischung aus sakraler Handlung, sportlichem Event und Volksbelustigung) zu beteiligen. Sie kam von einem (wieder einmal) fehlgeschlagenen Vorstellungsgespräch eher zufällig an dieser Stelle vorbei und geriet mitten hinein in die Menschenansammlung. Spontan warf sie sich vollständig bekleidet in den Fluss, doch gleich nach Ihrem Triumph wird ihr das Kreuz wieder entrissen und sie auf das Übelste beschimpft, da sie als Frau nun eine heilige Tradition beschmutzt habe und eine Hure sei. Durch die Flucht Petrunyas (mit Kreuz) eskaliert die Situation weiter und findet schließlich einen Höhepunkt auf dem örtlichen Polizeirevier zwischen Verhören, Gesprächen mit dem Priester, sowie einem wütenden Mob junger Männer und einer die Gunst der Stunde nutzenden Reporterin vor den Türen. Die Atmosphäre schwankt zwischen Groteske und Bedrohung und zeigt eine innerlich stetig wachsende (Anti-)Heldin.

    Die Regisseurin Teona Strugar Mitevska hat den Film auf der Grundlage eines realen Falls in der nordmazedonischen Stadt Štip inszeniert (diese ist zugleich Schauplatz des Films) und erzählt mit groteskem Humor aber großer Nähe zu realistischen Zuständen eine Geschichte von Frauenfeindlichkeit, Patriarchat, Nationalismus gepaart mit christlich-lokalen Bräuchen. Petrunya findet trotz hervorragendem Abschluss als Historikerin keine Stelle und muss sich beim Vorstellungsgespräch demütigen und sexistisch herabsetzen lassen. Die Horde junger Männer am Fluss sieht in ihr nur eine Bedrohung der eigenen (vermeintlichen) Überlegenheit des männlichen Geschlechts . Priester und Polizeichef repräsentieren wiederum staatliche und religiöse Autorität, sind aber beide gleichermaßen verunsichert durch Petrunyas Haltung. Sie beharrt darauf, nichts falsch gemacht zu haben, pocht auf ihre Unschuld und stellt damit Traditionen und Rollenmuster in Frage. Die Reporterin repräsentiert wiederum einen Willen zum Aufbruch und Modernisierungsschub in der mazedonischen Gesellschaft, sie agiert allerdings auch nicht ohne Hintergedanken .

    "Gott existiert, ihr Name ist Petrunya" trägt die Satire schon im Titel und übertreibt in mancher Szene auch die Groteske. Die hervorragende Hauptdarstellerin und die meisten anderen Figuren (z.B. Petrunyas Eltern, ihre Freundin oder ein junger Polizist, der sich mit Petrunya solidarisiert) sorgen für Bodenhaftung und Realitätssinn. Die Kritik an überkommenen, unhinterfragten Traditionen, einer unguten Verflechtung von Kirche und Staat und einer frauenfeindlich-patriarchalen Gesellschaft gelingt aber überzeugend. Sehenswert!
    FILMGENUSS
    FILMGENUSS

    713 Follower 942 Kritiken User folgen

    3,5
    Veröffentlicht am 13. Oktober 2020
    MIT DER KIRCHE UMS KREUZ
    von Michael Grünwald / filmgenuss.com

    Die Kirche, so viel ist klar, ist eine von Männern dominierte Institution. Sei es bei den Katholiken oder der osteuropäischen Orthodoxie. So lange in diesen Religionen Egalität kein Thema ist, so lange lässt sich insbesondere in strenggläubigen Ländern, die diese Religionen leben, enorme Defizite feststellen, was die Rolle von Mann und Frau in der Gesellschaft angeht. In Mazedonien ist letztere nicht viel mehr wert als vor hundert oder noch mehr Jahren. Gut, manche Frauen nehmen das hin, kennen es auch nicht anders. Warum also ändern, was ohnehin irgendwie funktioniert. Frau will ja schließlich nicht unbedingt die Macht des zumindest physisch Stärkeren spüren. Da stellt sich schon die Frage: wovor hat eigentlich Mann denn so eine Angst?

    Zum Beispiel hat er die beim traditionellen Eistauchen zum Dreikönigstag. Die Angst vor dem kalten Wasser des Flusses, in dem alljährlich und als Teil einer unumstößlich festen Tradition ein Holzkreuz in die Fluten geworfen wird, damit einer der jungen, muskulösen, präpotenten Männer dem Kruzifix nachschwimmen und dieses bergen kann. Ganz zufällig allerdings mischt sich unsere Titelheldin Petrunya in das Geschehen. Die junge Frau, eine studierte Historikerin, ist arbeitslos, latent depressiv, steckt zurzeit in einer Phase des Stillstands. Da entscheidet sie ganz impulsiv, das Kreuz vor allen anderen Männern aus dem Wasser zu fischen. Was prinzipiell ihr gutes Recht wäre, denn nirgendwo steht, dass Frauen das nicht dürfen. Die sehr schnell aufgebrachten Machos, die toben und wüten und wollen Petrunya zwingen, den symbolischen Herrgott ihnen zu überlassen. Die aber flüchtet in die Obhut der örtlichen Polizei, um vom Mob sprichwörtlich nicht zerfleischt zu werden. Aus der emanzipatorischen Schnapsidee ohne viel Hintergedanken keimt ein fixes Vorhaben in Petrunya: dem Patriarchat zeigen, dass Gott vielleicht auch eine Frau sein könnte.

    Das Kino Mazedoniens ist keines, das mit Pauken und Trompeten von sich aufmerksam macht. Es ist eines, das sich nur gelegentlich zu Wort meldet. Aber wenn es das tut, dann hat es auch etwas zu sagen. Das war schon bei Milčo Mančevskis oscarnominierten Epos Vor dem Regen so. Aber das ist lange her, 1994. Mit Gott existiert, ihr Name ist Petrunya gibt´s von dort endlich wieder ein deutliches, relevantes und wenig duckmäuserisches Lebenszeichen. Die Geschichte funktioniert als Religionssthriller genauso wie als Gesellschaftssatire, als Psychogramm einer obsoleten Gesinnung oder als beklemmendes Justiz- und Mediendrama. Zentrum des grotesken Geschehens ist eine unbeugsame Titelfigur, völlig hemmungslos, ungeniert und grundnatürlich dargeboten von Zorica Nusheva. Ihr Trotz ist genauso spürbar wie ihre Furcht vor dem Hass, der Traditionen herunterbetet, die lange schon nicht hinterfragt wurden. Ein Kammerspiel streckenweise, ein Kräftemessen an unterschiedlichen Fronten. Kirche, Staat, Justiz und das gemeine Volk, alle werden vorgeführt, wollen vorgeführt werden, weil sie rezitieren, worüber sie nicht nachdenken. Teona Strugar Mitevkas Film zeigt ein Mazedonien als verknöchertes, vorgestriges Land, das noch so viel aufzuholen hat, und wo nur wenige den Mut haben, Veränderungen beizuführen. Letztendlich geht es Petrunya nur ums Prinzip, um ein ganz klares, grundlegendes Recht. Wie sie sich dieses Recht erkämpft, ist aufreibend, gewitzt, geht voll auf Konfrontation und strahlt nur so vor klugen Pointen, die das starre Gestern dumm dastehen lassen.
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    Kino:
    Anonymer User
    5,0
    Veröffentlicht am 3. November 2019
    Großartiger Film, der einen bemerkenswerten Umgang mit Ungerechtigkeit und Absurdität zeigt - Dinge, denen wir alle in unterschiedlichen Ausprägungen und Kontexten begegnen.
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