Gary Oldman, warum hast du da bloß mitgemacht?
Von Oliver KubeOb er dem Regisseur und Drehbuchautor Martin Owen („L.A. Slasher - Der Promi-Ripper von Hollywood“) wohl einen Gefallen geschuldet hat? Oder war der Gagenscheck tatsächlich so fett? Anders ist das Auftauchen von Gary Oldman in dem von zwei etwas umfangreicheren Action-Sequenzen eingerahmten Krimi-Drama „Killers Anonymous“ jedenfalls kaum zu erklären. Natürlich war der relativ frischgebackene Oscarpreisträger (2018 für „Die dunkelste Stunde“) schon in der Vergangenheit an einigen schlechten Filmen beteiligt, man denke nur an den missratenen Kriegs-Reißer „Man Down“, den Horror-Schlock „The Unborn“ oder den enttäuschenden Agenten-Thriller „Rain Fall“. Aber „Killers Anonymous“ ist da einfach noch mal ‘ne andere Hausnummern. Aber was auch immer die Beweggründe für Oldmans Mitwirken auch gewesen sein mögen: Nicht einmal er kann, genau wie die kurz mal reinschauende Jessica Alba, „Killers Anonymous“ vor dem Status einer Videotheken-Vollgurke retten.
Das Dasein als Auftragskiller oder Serienmörder kann auch für die Psyche eine ganz schöne Belastung sein. Da passt es gut, dass es extra eine auf dieses Klientel spezialisierte Selbsthilfegruppen gibt. In London treffen sich so regelmäßig profimäßige und zwanghafte Mörder unter der Anleitung der Priesterin Joanna (Myanna Buring). Eines Abends ist die Stimmung besonders angespannt, als Mitglieder wie der zur aktiven Sterbehilfe neigende Arzt Calvin (Tim McInnerny), Old-School-Gangster Markus (Tommy Flanagan), die coole Violet (Suki Waterhouse), der für seinen Job eigentlich viel zu gutherzige Leandro (Michael Socha) oder der nervöse Ben (Elliot James Langridge) zusammenkommen. Kurz zuvor ist nämlich ein Attentat auf einen aussichtsreichen Kandidaten für die US-Präsidentschaft (Sam Hazeldine) verübt worden und die Stadt wimmelt dementsprechend nur so von Polizisten. Schon bald beginnen die Gemüter in der Runde überzukochen. Immer beobachtet von einem aus sicherer Distanz mit einem Fernglas zuschauenden, mysteriösen Mann (Gary Oldman) …
Killer-Kreis der Langeweile.
Die Idee einer am Vorbild der Anonymen Alkoholiker orientierten Selbsthilfegruppe, in der sich ein Haufen Schwerverbrecher über seinen Alltagskummer austauscht, Motive beleuchtet und eventuelle Alternativen zum aktuellen Lebensstil diskutiert, klingt eigentlich ganz witzig. Nur handelt es sich bei „Killers Anonymous“ leider nicht um eine Komödie. Zumindest spürt man davon nichts, falls es doch eine sein sollte. Ein paar flapsige Sprüche hier und dort reichen jedenfalls nicht aus. Stimmung und Atmosphäre des größtenteils wie ein Kammerspiel aufgezogenen Streifens erinnern entfernt an einen Low-Budget-Mix aus „Reservoir Dogs“ und „Hotel Artemis“. Doch da passierte jeweils deutlich mehr: Die Dialoge waren viel (V-I-E-L!!!) cleverer und die handelnden Figuren erheblich interessanter geschrieben sowie besser gespielt. Hier hingegen ist das handelnde Personal arg generisch und grausam klischeehaft gezeichnet. Speziell der von Tommy Flanagans („Braveheart“) verkörperte Markus und die von Suki Waterhouse („Assassination Nation“) gespielte Violet verhalten sich in jeder Sekunde exakt so, wie man es von ihnen erwartet. Überraschungsfaktor: null!
Das Ganze startet mit einem kurzen, ominös anmutenden, für den Rest der Handlung aber belanglosen Gespräch zwischen Gary Oldmans Figur und einer von Jessica Alba dargestellten Killerin und Stripclub-Rausschmeißerin. Im direkten Anschluss gerät diese in einen schwach, weil viel zu träge choreografierten Kampf mit Fäusten und Schusswaffen. Nach etwas weniger als 15 Minuten (inklusive Vorspann) war’s das dann auch schon mit der Leinwandpräsenz des „Sin City“-Stars. Gut 75 Prozent seiner Laufzeit verbringt der Film anschließend damit, die im Kreis sitzende Gesprächsgruppe im Gemeinderaum einer Kirche zu zeigen. Dabei halten die Anwesenden Monologe über ihre Vergangenheit und ihre Taten, die mit abstrahierten und stilisierten Flashbacks auf auffällig kostengünstige Weise visualisiert werden. Oder man setzt direkt einfach nur eine blutrote Lampe plus ein paar Soundeffekte ein, dann spart man sich selbst die letzten paar Dollar Produktionsbudget noch.
Jetzt geht's doch nur zur Sache.
Derlei platte Spielereien täuschen jedoch nicht einmal ansatzweise darüber hinweg, dass die Storys der Charaktere durch die Bank superkonstruiert und meist einfach nur langweilig sind. Da bildet auch die von Rhyon Nicole Brown („Empire“) verkörperte, neu zur Gruppe stoßende Alice, durch deren Augen das Publikum die niemals echten Schwung aufnehmenden Geschehnisse sehen soll, keine Ausnahme. Zu allem Überfluss machen die einfallslose Kameraarbeit speziell in diesem Setting sowie der nervig aufdringliche Score von Komponist Roger Goula Sarda („Tiger House“) es dem Zuschauer verdammt zusätzlich schwer, überhaupt bis zum Finale durchzuhalten. Eine weitere Actionszene, in der übertrieben viel mit (CGI-)Blut herumgespritzt wird, soll den Film im Finale zwar noch einmal aufpeppen, ist aber ähnlich mäßig inszeniert wie ihr Pendant zu Beginn. Einfach nur zum Gähnen.
Und Oldman? Der gute Gary ist die gesamte Laufzeit über isoliert vom Rest des Haupt-Casts. Er sitzt zunächst in Los Angeles am Telefon und später dann mit einem Fernglas auf einem Dach in London. Immer wieder wird er kurz hineingeschnitten, um das mit wenig erhellenden Worten zu kommentieren, was wir schon zuvor mit eigenen Augen gesehen haben. Das Ganze wirkt fast so, als habe man Oldmans Szenen nachträglich in einen bereits fertigen Film eingefügt, um diesen vielleicht doch noch irgendwie zu retten. Wie es ausschaut, dürfte der Mime seinen gesamten Part an einem oder maximal zwei Tagen abgedreht haben. Zumindest hat er also nicht arg viel Zeit damit verschwendet.
Fazit: Ein müdes und träges Ränkespiel um ein uninteressantes Verbrecher-Ensemble – einer von ganz wenigen Filmen mit Oscargewinner Gary Oldman, die sich wirklich niemand antun sollte.