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    Peter Hase 2 - Ein Hase macht sich vom Acker
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Peter Hase 2 - Ein Hase macht sich vom Acker

    "Paddington 2" + "Deadpool 2" = "Peter Hase 2"

    Von Sidney Schering

    Als die beliebte Kinderbuchfigur Peter Hase 2018 den Hopser ins Kino wagte, dominierte bei vielen sicherlich die Skepsis. Schließlich ist die Liste der enttäuschenden Realfilmen mit animierten sprechenden Tieren – von „Alvin und die Chipmunks“ bis „Yogi Bär“ – schon ziemlich lang. Aber dann spülte „Peter Hase“ nicht nur mehr als das Siebenfache seines Budgets in die internationalen Kinokassen, sondern entpuppte sich zudem auch noch als erfreulich munteres Leinwandvergnügen.

    Das lag nicht zuletzt daran, dass Regisseur Will Gluck („Einfach zu haben“) im von ihm mitgeschriebenen Familienspaß viel Herz, ansprechende Computeranimationen sowie einen unerwartet süffisanten Humor stimmig unter einen Hut gebracht hat. Erfreulicherweise schließt der erneut von Gluck inszenierte „Peter Hase 2: Ein Hase macht sich vom Acker“ nun nahtlos an die Qualitäten des Vorgängers an.

    Peter Hase und seine Geschwister melden sich für ihr zweites Kinoabenteuer zurück.

    Die besonnene Bea (Rose Byrne) und der aufbrausende Thomas (Domhnall Gleeson) schließen in ihrem Bilderbuchgarten den Bund der Ehe – umgeben von Freunden, Bekannten und den bekleideten Tieren, mit denen sie ihren Gemüsegarten teilen. Die Hasenschwestern Mopsi (Stimme: Jessica Schwarz), Flopsi (Heike Makatsch) und Wuschelpuschel (Anja Kling) sind verwundert, wie locker ihr schelmischer Bruder Peter (Christoph Maria Herbst) das alles hinnimmt. Auch in den Folgewochen wird Peter wiederholt damit konfrontiert, dass ihn ihm alle noch immer den Unruhestifter sehen.

    Als der Verleger Nigel Basil-Jones (David Oyelowo) Interesse bekundet, Beas knuffiges Kinderbuch zu verlegen, reißt dem Titelhelden aber endgültig der Geduldsfaden. Denn der Geschäftsmann schlägt allen Ernstes vor, Peter fortan als Schurken darzustellen. In der Stadt trifft Peter kurz darauf den diebischen Hasen Barnabas (Axel Lutter), der seine rebellischen Charakterzüge nicht nur nicht kritisiert, sondern sogar schätzt. Peter spielt deshalb mit dem Gedanken, ganz in der Stadt zu bleiben. Aber kann er seine Familie wirklich einfach so hinter sich lassen?

    Der Deadpool des Familienkinos

    Der erste „Peter Hase“-Film ist gewissermaßen eine an die ganze Familie gerichtete Kreuzung aus „Paddington“ und „Deadpool“: Auf der einen Seite ist da eine herzlich-süß erzählte, mit turbulentem Slapstick gespickte Geschichte über einen sprechenden Hasen, der mit einem ihm zunächst misstrauenden Menschen schließt. Auf der anderen Seite wird da aber auch ein Feuerwerk an Meta-Gags abgefeuert – mit einem dauerquasselnden Titelhelden, der seinem Umfeld und dem Publikum (wie Deadpool durchbricht auch Peter die vierte Wand) ständig flotte Sprüche um die Löffel haut. Disneyhaft singende Tiere werden hier einfach umgerannt, den Film praktisch verkürzende Montagen werden offen als solche benannt – und ein in die Kamera zwinkernder Peter Hase relativiert einen der böseren Gags, indem er mit Blick gen Kamera darum bittet, ihm doch bitte jetzt keine erbosten Briefe zu schicken.

    Obwohl Regisseur Will Gluck bei „Peter Hase 2“ seinen Schreibpartner ausgetauscht hat (Patrick Burleigh beerbt hier Rob Lieber), bleibt das Sequel der Formel seines Vorgängers treu. Derart treu übrigens, dass man „Peter Hase 2“ konsequenterweise auch als an die ganze Familie gerichtete Kreuzung aus „Paddington 2“ und „Deadpool 2“ bezeichnen kann: Wie in Paul Kings Bären-Sequel geht es im zweiten Hasen-Abenteuer darum, dass der tierische Protagonist fälschlicherweise als unerzogen und böswillig betrachtet wird – und daraufhin versucht, mit diesem falschen Image klarzukommen. Und wie „Deadpool 2“ legt auch „Peter Hase 2“ in Sachen Metahumor noch eine ordentliche Schippe drauf, indem er sein Comedy-Repertoire um Späße über den ersten Teil und dessen Rezeption ergänzt.

    Auf den Spuren von "Ocean's Eleven": Der Heist-Hase Barnabas weiß Peters rebellische Ader sofort zu schätzen.

    Das beginnt mit Anspielungen darauf, dass offenbar eine Reihe von Zuschauer*innen die Stimme von Peter Hase ziemlich nervig finden – ein Urteil, dem wir uns vor allem in der deutschen Synchro aber wahrlich nicht anschließen können, da Christoph Maria Herbst („Der Nachname“) einmal mehr hervorragende Arbeit abliefert. Trotzdem ist es einfach lässig, dass Peter-Hase-Originalsprecher James Corden („Cats“) und Regisseur Will Gluck derart selbstreferenziell-augenzwinkernd mit der Kritik an der eigenen Art umgehen.

    Weiter geht es mit wiederholten Anspielungen darauf, wie bizarr es doch eigentlich ist, dass Thomas und Bea die Hasenfamilie in ihrem Garten wie ihre eigenen Kinder behandeln. Der Meta-Humor gipfelt schließlich in einen mit zahlreichen genüsslich-überspitzten Seitenhieben auf die Unterhaltungsindustrie versehenen Handlungsstrang, in dem sich der schleimig-charmante Verleger Nigel Basil-Jones in Beas Kreativprozess einmischt: Mit spitzbübischen Grinsebacken lächelt sich David Oyelowo durch seine Szenen und buhlt um eine hippe, stark modernisierte Neuinterpretation von Beas beschaulichen Kinderbuch-Ideen – die wiederum das Schreckensszenario zeichnet, dass ihre schön britischen Geschichten womöglich eines Tages von einem Amerikaner verfilmt werden könnten, wenn sie ihre Integrität jetzt aufgibt. (Will Gluck wurde übrigens in New York geboren.)

    Ein Hase in der Sinnkrise

    Diese Selbstironie in „Peter Hase 2“ ist wohldosiert und wird sicher vor allem das ältere Publikum für sich gewinnen, während für die Jüngeren (und Junggebliebenen) einmal mehr auf temporeiches Chaos gesetzt wird. Diese Slapstick-Eskapaden sind diesmal gleichmäßiger über den gesamten Film verteilt als noch im slapstick-frontlastigen Original. Dafür wird diesmal öfter und auffälliger auf gummiartig-zappelnde CG-Stuntdoubles der menschlichen Schauspieler*innen gesetzt. Nicht so schön.

    Der Plot von „Peter Hase 2“ ist derweil eine stimmige Fortführung der Charakterentwicklung aus dem ersten Teil: Es ist völlig plausibel, dass Thomas nach den Ereignissen aus dem Erstling zu einem strengen, misstrauischen Ersatzvater für den hoppelnden Titelhelden wird, und dass Peters Tierfamilie ihn liebevoll, doch übermäßig oft damit aufzieht, wie schwer es ihm fallen muss, den Frieden zu wahren. Ebenso glaubwürdig ist es, dass Peter Hase mit seinem großen Ego und seinem juvenilen Tatendrang angesichts dieser ständigen Erinnerungen an sein früheres Verhalten in eine Sinnkrise gerät: Muss er sich (und anderen) beweisen, dass er weiterhin noch genauso auf die Pauke hauen kann? Oder macht es ihm nichts aus, zahm zu werden?

    Schade: Rose Byrne und Domhnall Gleeson haben diesmal nur wenige Szenen zusammen.

    Es ist zwischendrin wirklich rührend, wenn der so ausdrucksstark animierte Mümmelmann damit hadert, auf welchem Weg er seinem verstorbenen, ebenfalls rabaukigen Vater eher gerecht wird. Zudem finden sie immer wieder pfiffige Wege, Peters Reise in humorvolle, schmissige Eskapaden münden zu lassen – darunter etwa auch „der größte Überfall eines Bauernmarkts in der Geschichte“. Dass die pädagogischen Lektionen in „Peter Hase 2“ gelegentlich etwas zu offensichtlich vorgekaut werden, ist zwar schade (das gelingt in der „Paddington“-Reihe eleganter), lässt sich aufgrund des hohen Erzähltempos aber leicht verschmerzen.

    Bedauerlicher ist da schon, dass der Soundtrack auch diesmal wieder aus vielen Pop-Hits besteht, die oft etwas ungelenk in das Geschehen gehämmert werde – zumal dieses Mal auch noch Stücke ausgesucht wurden, die überdeutlich das Geschehen kommentieren. Wenn Peter und Barnabas mit falschen Namen angesprochen werden, läuft direkt „That's Not My Name“ von The Ting Tings – das ist dann eher aufdringlich als clever, wobei der Film diese Art der Musikeinsätze zwischendrin auch selbst auf die Schippe nimmt, was die Penetranz dann wieder etwas abmildert. Was wir allerdings schwerer verzeihen können, ist der geringe Gebrauch von Rose Byrne und Domhnall Gleeson. Das Leinwand-Paar hat eine derart funkelnde Leinwand-Chemie, dass es einfach nur ungeheuer schade ist, wie wenige gemeinsamen Szenen den beiden dieses Mal vergönnt sind.

    Fazit: „Peter Hase 2“ macht genau da weiter, wo der erste Teil aufgehört hat: Ein supersympathisches und auch ein wenig rebellisches Familien-Abenteuer trifft auf jede Menge spritzigen Metahumor.

     

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