EIN LIED VON EIS OHNE FEUER
Das ganze beginnt mit einem Lied. Eigentlich mehr mit einem Singsang. Das Opening mag schon etwas eigenwillig sein, dauert dieser Singsang provozierend lange, wie auch andere Szenen in einem Film, der sich nicht entscheiden kann, ob er dokumentarisch oder narrativ sein will. Was aber genau genommen nicht sonderlich stört. Semidokumentarische Filme, so wie zum Beispiel der Bergfilm Sturz ins Leere, sind innovative Grenzgänger, sofern sie vorab als solche konzipiert wurden. Bei Nanouk scheint die Definition im Vorfeld nicht passiert zu sein. Dieses unentschlossene, fast schon gedankenverlorene Pendeln zwischen den Genres entspricht allerdings relativ gut der aus dem Schnee und Eis gehobenen, zeitlosen Enklave zwischen eingefrorener Vergangenheit und einem Fortschritt, der sich kaum bemerkbar macht, außer am Himmel, wenn Flugzeuge ihre Spuren hinterlassen, wie Kratzer im wolkenlosen Blau. Aber von Chemical Trails hat das alte Hirtenpaar mit Sicherheit noch nie etwas gehört. Was dort zählt, ist einzig die klirrend kalte Realität an jedem lieben langen Tag, vor allem im Sommer, wenn die Sonne nie untergeht. Man möchte meinen, all das Tagwerk unterliegt einem einzigen Zyklus, der den Moment, das Leben, die Beziehung der beiden festhält, konserviert. Wie in einem Museum, wo das Diorama in Saal X in akribisch genauer Detailverliebtheit zeigt, wie die Indigenen hoch oben im Norden Russlands denn so gelebt haben – und immer noch leben. Denn diese Menschen, die sind aus der Zeit gefallen. Wie der ganze bulgarisch-französische Ethnostreifen, der seltsam intuitiv wirkt. Woran das liegt?
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