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    Candelaria - Ein kubanischer Sommer
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    Kino:
    Anonymer User
    3,5
    Veröffentlicht am 3. März 2019
    Ihren Lebensabend verbringen die kubanischen Eheleute Candelaria (Verónica Lynn) und Victor Hugo (Alden Knight) während der „Sonderperiode“. Kuba gleicht zur Zeit dieser Wirtschaftskrise einem Inselgefängnis. Es mangelt an Lebensmitteln. Das Geld, das Candelaria als Zimmermädchen in einem Hotel verdient, gleicht einer Ansammlung von Regentropfen auf ausgedörrtem Boden. Victor Hugo vermag es zumindest durch den Schwarzhandel mit Zigarren den Alltag ein bisschen erträglich zu gestalten. Das Hüten von Küken als Ersatz für die Kinderlosigkeit oder Baseball spielen lenken zwar ab, allerdings zeigen diese Tätigkeiten lediglich das fortgeschrittene Alter auf. Purer Zufall sorgt dafür, dass eine verlorene Kamera amerikanischer Touristen in die Hände Candelarias gerät. In der Beziehung entbrennt durch den Fund, den widrigen Umständen zum Trotz, verloren gegangene Leidenschaft, die sich mit der Kamera festgehalten als potentielle Einnahmequelle offenbart…

    In Max Frischs Roman Homo Faber ist Kuba ein Ort der Lebenslust. Mit Andeutungen der karibischen Idylle beginnt CANDELARIA, wenn kubanisches Liedgut zum Besten gegeben wird. Was danach folgt, hat nichts mit dem Bild des Kapitels aus dem Literaturklassiker gemein. Die Wirtschaftskrise prägt die Räume, in denen sich das porträtierte Ehepaar bewegt. Jederzeit muss man damit rechnen, dass der Strom in den von Verfall geprägten Gebäuden abgestellt wird. Geschickt etabliert wird der unfreiwillige Verzicht auf elektrisch betriebene Geräte anhand der Einstreuung von Großaufnahmen diverser sich in Betrieb befindlicher Technik. Spontan ist man gezwungen auf Leuchtmittel der alten Schule zurückzugreifen.

    Das kleine Figurenensemble mit den größtenteils kaum belebten Straßen führt dazu, dass man über weite Strecken den Eindruck hat, einem Kammerspiel beizuwohnen. Über die Hintergründe der „Sonderperiode“ wird abgesehen einer einzelnen Texteinblendung kein Wort verloren. Es soll das Schicksal zweier Menschen, die im Falle einer derartigen Extremsituation den größten Verlierern angehören, erzählt werden. Der Körper zu kraftlos für eine Flucht übers Meer, um in Florida neu anzufangen oder seine Physis für in Krisenzeiten gefragte Tätigkeitsfelder am Rande der Legalität zu nutzen. Im Falle Victor Hugos, der wunderbar authentisch von Aiden Knight verkörpert wird, kreuzen sich die dunklen Zeiten mit der hohen Nummer an Lebensjahren. Seine immer noch begnadete Spielweise als Pitcher zollt ihren Tribut bei der angeschlagenen Gesundheit, die ökonomische Notlage ist dafür verantwortlich, dass ihm das große Glück beim sportlichen Wettkampf verwehrt bleibt. Nach dem Aufwärmen erfolgt die Absage. Das Bild wird immer unschärfer, bis die Szene ihr Ende findet. Derartiger Einsatz pointierter Stilmittel schafft es, ohne die tiefergehende Einarbeitung politischer Handlungsdimensionen eine Vorstellung über die Auswirkungen der „Sonderperiode“ auf die einfache Bevölkerung zu vermitteln. Die Gefühlswelt der Hauptfiguren ist treffend skizziert.
    Ab dem Fund der Videokamera baut der Film die Motive des Technikverlusts und des Alterungsprozesses weiter aus. Tonale Neuausrichtungen sind die Folge. Der Film bekommt humorvolle Züge. Das Filmen ist unabhängig von der Stromzufuhr möglich. Den Figuren bietet sich ein eskapistisches Hobby, das mit gesellschaftlichen Vorstellungen über das Führen einer Beziehung im Alter kokettiert. Inter-mediale Metaebenen werden ambitioniert und sympathisch vermittelt! Verspielt inszeniert Candelaria ihren Körper für Victor Hugo, der fasziniert den erotischen Impuls seiner Partnerin annimmt. Diese Verbindung aus autonomer Technik und entbrannter Leidenschaft hat Einfluss auf die lokale Wirtschaftsplattform des Schwarzmarktes. Das Ineinandergreifen von Kunst, sozialem Gefüge und Ökonomie wird augenzwinkernd unter dem zarten Schleier politischen Stoffes verbildlicht. Manuel Viveros Rolle des El Negro liefert Leichtigkeit. Als eine Art Ersatzsohn mit frechem Mundwerk und einer Schwäche für Frauen repräsentiert er die Unbekümmertheit in schwierigen Tagen. Die Dialoge zwischen seinem Lebemann und Victor Hugo decken die emotionale Bandbreite über den dramaturgischen Verlauf nahezu komplett ab.

    CANDELARIA, der erstaunlicherweise gemessen an der Auftrittszeit seiner Hauptfiguren Victor Hugo im Titel unterschlägt, funktioniert als charmantes Schlusskapitel im Leben eines Paares. Verweigert sich gleichzeitig aber politischen Kommentaren zu seinem ernsten Hintergrund. Durch das Verwenden der „Sonderperiode“ als bloße Rahmung der Geschichte begibt sich der Film in ein Dilemma. Die zu subtil geratene Rolle der „Sonderperiode“ lässt die reduzierte Nutzung des Settings zu einem Makel heranreifen. Das Geschehen wirkt gemessen am Handlungsort austauschbar, wodurch kritische Untertöne ihre Kraft verlieren. Aber sind Strandspaziergänge an einer malerischen Küste letzten Endes nicht auch austauschbar, wenn man sie ein paar Mal absolviert hat? Missen möchte man sie trotzdem nicht.

    Marco Busselmaie
    Kino:
    Anonymer User
    3,5
    Veröffentlicht am 13. Juli 2018
    Ihren Lebensabend verbringen die kubanischen Eheleute Candelaria (Verónica Lynn) und Victor Hugo (Alden Knight) während der „Sonderperiode“. Kuba ist zur Zeit dieser Wirtschaftskrise ein Inselgefängnis. Es mangelt an Lebensmitteln und Öl. Das Gespann hangelt sich abgemagert von Tag zu Tag. Geld, das Candelaria als Zimmermädchen in einem Hotel verdient, ist eine Ansammlung vereinzelter Regentropfen auf ausgedörrtem Boden. Victor Hugo vermag es zumindest durch den Schwarzhandel mit Zigarren den Alltag ein kleines bisschen erträglich zu gestalten. Sie genießen die Kleinigkeiten, die ihnen das Leben schenkt. Das Hüten von Küken als Ersatz für die Kinderlosigkeit oder das Baseballspielen lenken zwar ab, allerdings verdeutlichen diese Tätigkeiten das fortgeschrittene Alter, in dem sich Candelaria und Victor Hugo befinden. Purer Zufall sorgt dafür, dass eine verlorene Kamera amerikanischer Touristen in die Hände Candelarias gerät. In der routinierten Beziehung entbrennt den widrigen Umständen zum Trotz verloren gegangene Leidenschaft! Darüber hinaus könnten die spielerisch gedrehten Clips dazu führen, dass die „Sonderperiode“ mit all ihren negativen Begleiterscheinungen für Candelaria und Victor Hugo ein glückliches Ende nimmt…
    In Max Frischs Roman Homo Faber ist Kuba ein Ort der Lebenslust. Mit Andeutungen der karibischen Idylle beginnt CANDELARIA, wenn kubanisches Liedgut zum Besten gegeben wird. Was danach folgt, hat nichts mit dem Bild des Kapitels aus dem Literaturklassiker gemein. Die Wirtschaftskrise prägt die Räume, in denen sich das porträtierte Ehepaar bewegt. Jederzeit muss man damit rechnen, dass der Strom in den von Verfall gezeichneten Gebäuden abgestellt wird. Geschickt etabliert wird der unfreiwillige Verzicht auf elektrisch betriebene Geräte anhand der Einstreuung von Großaufnahmen diverser sich in Betrieb befindlicher Technik. Spontan ist man gezwungen auf Leuchtmittel der alten Schule zurückzugreifen. Das kleine Figurenensemble mit den größtenteils kaum belebten Straßen führt dazu, dass man über weite Strecken den Eindruck hat, einem Kammerspiel beizuwohnen. Über die Hintergründe der „Sonderperiode“ wird abgesehen einmaliger Texttafeln kein Wort mehr verloren. Es soll das Schicksal zweier Menschen, die im Falle einer derartigen Extremsituation den größten Verlierern angehören, erzählt werden. Der Körper zu kraftlos für eine Flucht übers Meer, um in Florida neu anzufangen oder seine Physis für in Krisenzeiten gefragte Tätigkeitsfelder am Rande der Legalität zu nutzen. Im Falle Victor Hugos, der wunderbar authentisch vom Filmschauspieldebütanten Aiden Knight verkörpert wird, kreuzen sich die dunklen Zeiten mit der hohen Nummer an Lebensjahren. Seine immer noch begnadete Spielweise als Pitcher zollt ihren Tribut bei der angeschlagenen Gesundheit, die ökonomische Notlage ist dafür verantwortlich, dass ihm das große Glück beim sportlichen Wettkampf verwehrt bleibt. Nach dem Aufwärmen erfolgt die Absage. Das Bild wird immer unschärfer, bis die Szene ihr Ende findet. Derartiger Einsatz pointierter Stilmittel schafft es, ohne politische Handlungsdimensionen eine Vorstellung über die Auswirkungen der „Sonderperiode“ auf die einfache Bevölkerung zu erhalten. Die Gefühlswelt von Candelaria und Victor Hugo ist treffend skizziert.
    Ab dem Fund der Videokamera baut der Film die Motive des Technikverlusts und des Alterungsprozesses weiter aus. Tonale Neuausrichtungen sind die Folge. Der Film bekommt humorvolle Züge. Das Filmen ist unabhängig von der Stromzufuhr möglich. Den Figuren bietet sich ein eskapistisches Hobby, das mit gesellschaftlichen Vorstellungen über das Führen einer Beziehung im Alter kokettiert. Inter-mediale Metaebenen in einer Tragikomödie. Ambitioniert und sympathisch vermittelt! Verspielt inszeniert Candelaria ihren Körper für Victor Hugo, der fasziniert den erotischen Impuls seiner Partnerin annimmt. Diese Verbindung aus autonomer Technik und wieder zurückgekehrter Leidenschaft hat Einfluss auf die lokale Wirtschaftsplattform des Schwarzmarktes. Das Ineinandergreifen von Kunst, sozialem Gefüge und Ökonomie wird augenzwinkernd unter dem zarten Schleier politischen Stoffes verbildlicht. Eine kleine Überraschung diese Vielschichtigkeit vorzufinden. Für lockere Ergänzung zum wunderbar aufgelegten Cast sorgt Manuel Viveros in der Rolle des El Negro. Als eine Art Ersatzsohn mit frechem Mundwerk und einer Schwäche für Frauen repräsentiert er die Unbekümmertheit in schwierigen Tagen. Die Dialoge zwischen seinem Lebemann und Victor Hugo decken die emotionale Bandreite über den dramaturgischen Verlauf nahezu komplett ab.
    CANDELARIA, der erstaunlicherweise gemessen an der Auftrittszeit seiner Hauptfiguren Victor Hugo im Titel unterschlägt, funktioniert als charmantes Schlusskapitel im Leben eines Paares sehr zufriedenstellend. Verweigert sich gleichzeitig aber politischen Kommentaren zu seinem ernsten Hintergrund. Komplett getragen von seinen liebevoll gespielten Figuren handelt es sich um einen kurzweiligen Urlaub auf einer Insel in der Karibik. Lässt man die Grundprämisse der „Sonderperiode“ außer Acht, hätte sich der Stoff allerdings auch auf jeder anderen Insel oder abgelegenen Ort entfalten können. Das klingt austauschbar. Aber sind das Strandspaziergänge an einer malerischen Küste nicht auch, wenn man sie ein paar Mal absolviert hat? Missen möchte man sie trotzdem nicht.

    Marco Busselmaier
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