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    I Remember You
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    I Remember You
    Von Andreas Staben

    Der Geisterfilm hat dank James Wan und seinem „Conjuring“-Universum gerade mal wieder Hochkonjunktur an den Kinokassen, aber wirklich aus der Mode gekommen waren die paranormalen Spukereien ja eigentlich eh nie. Auch beim Fantasy Filmfest 2017 sind nun wieder jede Menge Geister zu Gast – sie plagen eine mit der Erziehung ihrer jüngeren Geschwister überforderte Teenagerin (in „Veronica – Spiel mit dem Teufel“), sie stellen sich dem verzagten Schweigen eines sizilianischen Dorfes unter dem Joch der Mafia entgegen (in „Sicilian Ghost Story“) oder sie zwingen leidgeplagte Isländer, sich den traumatischen Erlebnissen der Vergangenheit zu stellen wie in dem düsteren Thriller „I Remember You“. In seiner Romanverfilmung bringt Regisseur Óskar Thór Axelsson die aus vielen Skandinavien-Krimis bewährte nordische Kühle besonders atmosphärisch auf die Leinwand.

    In einer Kirche in Island wird eine erhängte Frauenleiche gefunden. Es handelt sich offensichtlich um Selbstmord, aber um ganz sicher zu gehen, zieht die ermittelnde Polizistin Dagný (Sara Dögg Ásgeirsdóttir) noch den Psychologen Freyr (Jóhannes Haukur Jóhannesson) als medizinischen Gutachter hinzu. Schon bald bringen die Ermittlungen eine verstörende Gemeinsamkeit mit anderen Todesfällen zum Vorschein und rufen bei Freyr zugleich traumatische Erinnerungen an das tragische Verschwinden seines kleinen Sohnes wach. Auch Garðar (Thor Kristjansson), seine Frau Katrin (Anna Gunndís Guðmundsdóttir) und die gemeinsame Freundin Líf (Ágústa Eva Erlendsdóttir), die auf einer verlassenen kleinen Insel ein leerstehendes Haus auf Vordermann bringen wollen, werden nach einem tragischen Verlust von den Geistern der Vergangenheit heimgesucht…

    Als sich die drei Heimwerker per Boot auf die seit langem unbewohnte, leicht vorgelagerte Insel bringen lassen, wo sie sich eine neue Existenz aufbauen wollen, weist der Kapitän das Trio mit fabelhafter Gleichmütigkeit darauf hin, dass es dort keinen Strom gebe. Außerdem habe man nur Handyempfang, wenn man einen der kleinen Hügel hochkraxelt, aber auch dort nicht immer. Regisseur Axelsson („Black’s Game – Kaltes Land“) etabliert so zwar von Anfang an ein geradezu archetypisches Gruselsetting, trotzdem hat die Inselexpedition zunächst etwas von einem romantischen Abenteuer und es wirkt durchaus heimelig, wenn die Frauen und Garðar mit Laternen oder Kerzen in das Dunkel hineinleuchten. Unbehagen kommt im renovierungsbedürftigen Haus vor allem durch die unterschwelligen Spannungen innerhalb des Trios auf. Diese werden dann ganz klassisch immer deutlicher durch übernatürliche Töne verstärkt und Axelsson entlockt dem kargen Schauplatz eine Aura maximal beunruhigender Isolation – es ist selbst im Kinosaal zu spüren, dass das Team diese Szenen tatsächlich auf einer seit Jahrzehnten leerstehenden Insel ohne Elektrizität und Mobilfunknetz gedreht hat.

    Katrin und Garðar haben ein Kind verloren – eine Parallele zu dem traurigen Psychologen Freir, der in der Stadt still in sich hineinleidet. Er ist die beeindruckendste Figur des Films, in Jóhannes Haukur Jóhannessons („Atomic Blonde“) angespannten Gesichtszügen zeichnen sich kaum heilbare psychische Verwüstungen ab. Freir kann sich selbst am allerwenigsten helfen und hilft deshalb anderen, selbst wenn er weiterhin unbedingt herausfinden will, was mit seinem Sohn passiert ist. Das unentschlossen mit christlichen Motiven unterfütterte Geisterracheszenario, in das der Psychologe auf diese Weise gerät, ist an sich schon sehr generisch, aber auch aus flüchtigen Erscheinungen, dunklen Straßenecken und aus der Verwirrung einer alten Frau holt Regisseur Axelsson stimmungsmäßig verdammt viel heraus. Die meist etwas zu aufdringliche Musik hätte er dafür gar nicht gebraucht. Und der Kniff, mit dem er in den letzten Minuten schließlich die zuvor nur lose verbundenen Handlungen auf der Insel und der Stadt zusammenführt, ist fast schon wieder zu clever und funktioniert hauptsächlich über die konsequent düstere Umsetzung. Ob das nächtliche Licht in einem einsamen Arbeitszimmer, die groben Digitalaufnahmen der Überwachungskamera an einer Tankstelle oder die abweisend-schöne Unwirtlichkeit des Inselhinterlandes: Hier sind alle Bilder von einer tiefen Traurigkeit überzogen - und am schlimmsten sind die, die sich nur vor dem inneren Auge des Zuschauers abspielen.

    Fazit: Das herbstliche Island erweist sich als ideale Kulisse für diesen verzwickten und überaus atmosphärischen Geisterthriller.

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