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    The Red Sea Diving Resort
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    The Red Sea Diving Resort

    Netflix-Flop trotz "Avengers"-Starpower!

    Von Asokan Nirmalarajah

    Zwischen den zwei monumentalen MCU-Blockbustern „Avengers 3: Infinity War“ und „Avengers 4: Endgame“ trug Chris Evans als Steve Rogers einen sehr prominenten Bart, der nach der Spaltung der Avengers wohl vor allem den Rebellenstatus von Captain America unterstreichen sollte. In diese Zeit fiel auch die Produktion des auf wahren Ereignissen basierenden Action-Dramas „The Red Sea Diving Resort. Die internationalen Rechte an dem Abenteuerfilm mit illustrer Star-Besetzung hat sich inzwischen der Streaming-Gigant Netflix gesichert. Ob es nur (oder zumindest vor allem) am Star lag? Es spricht jedenfalls viel dafür. Denn der in den vergangenen Jahren vor allem im Serien-Geschäft umtriebige Regisseur Gideon Raff („Homeland“) hat hier einen konventionellen, reichlich klischeehaften Heist-Film abgeliefert, in dem der Bart von Chris Evans fast schon mehr Interesse weckt als der überholte Plot von passiven schwarzen Opfern und ihren selbstlosen weißen Rettern.

    Das Red Sea Diving Resort ist eine im Sudan direkt am Roten Meer gelegene Hotelanlage, die allerdings schon Anfang der 1980er Jahre aufgrund der gefährlichen politischen Lage aufgegeben wurde. Der israelische Geheimagent Ari (Chris Evans) kommt deshalb auf die Idee, das stillgelegte Resort zu nutzen, um mit dem Tod bedrohte äthiopische Juden aus deren Heimatland über den Sudan nach Israel in die Freiheit zu lotsen. Das wiedereröffnete Resort soll dabei als Deckmantel für die politisch heikle Operation dienen. Ari stellt für die Mission unter der Leitung seines Chefs Ethan Levin (Ben Kingsley) ein Team ehemaliger Geheimagenten zusammen. Doch um seine Pläne tatsächlich umzusetzen, braucht er auch die Hilfe des afrikanischen Juden Kebede Bimro (Michael K. Williams), der bereits versucht, so viele seiner jüdischen Landsmänner wie möglich zu retten ...

    Eine der wenigen Szenen, in denen Kebede Bimro (Michael K. Williams) mal im Vordergrund steht ...

    Es ist nicht schwer zu erkennen, was für einen Film sich der israelische Regisseur und Drehbuchautor Gideon Raff wohl vorgestellt hat. Oberflächlich betrachtet hat „The Red Sea Diving Resort“ schließlich alles, was man sich von einem Spionage-Abenteuer erwarten würde: einen namhaften Hauptdarsteller, um die Zuschauer anzulocken, weitere bekannte Gesichter in den Nebenrollen (Ben Kingsley! Greg Kinnear! Michael K. Williams! Alessandro Nivola!), eine wahre Geschichte als Vorlage für die Wahrscheinlichkeitsskeptiker sowie schön fotografierte Regionen der Welt, die man sich gerne in Filmen ansieht, weil man dort lieber keinen Urlaub machen möchte. Dazu zahlreiche Actionszenen zwischen möglichst guten und möglichst bösen Menschen, um den Adrenalinpegel hoch zu halten.

    Doch so einmalig der Vorgang, ein gesamtes Hotelresort als Deckmantel für eine Agentenmission zu betreiben, auch sein mag, „The Red Sea Diving Resort“ verrennt sich trotz seiner spezifischen historischen Vorlage ständig in längst überholt geglaubten Klischees: Warum sich ausgerechnet der sonst sooft bewusst progressiv gebende Chris Evans bereiterklärt hat, bei einem Film mitzumachen, der derart stark an andere White-Savior-Klassiker wie „Wer die Nachtigall stört“ (1962), „Mississipi Burning“ (1988), „Der mit dem Wolf tanzt“ (1990) oder „The Help“ (2011) erinnert, wird einem jedenfalls zu keinem Zeitpunkt klar. Hätte man die Geschichte nach dem Sachbuch „Mossad Exodus“ von Gad Shimron nicht ohne eine solche dramaturgische Abhängigkeit von diesem ausgelutschten Narrativ erzählen können? Ja, natürlich.

    Ein (Rotes) Meer voller Klischees

    Stattdessen verkörpert Chris Evans in der Rolle des Ari den Stereotyp des überdurchschnittlich fähigen Agenten, der reihum (schwarze) Leben rettet, und dessen einziger Fehler (ganz originell) die Vernachlässigung seiner Tochter ist. Zudem wirkt die Dramaturgie der Mission wie in einem Heist-Movie – und zwar in einem nicht besonders guten, in dem die einzelnen Mitglieder des Teams wie bloße Schablonen wirken. Sind die schwachen Schlagabtäusche zwischen Evans als rebellischer Held und Ben Kingsley als strenger Vorgesetzten wirklich nötig? Sicherlich nicht. Und hätte der hochtalentierte Michael K. Williams (Omar Little „The Wire“, der besten Serie aller Zeiten) in der einzigen schwarzen Rolle mit einem relevanten Redeanteil nicht auch eigenständiger agieren können? Ganz bestimmt.

    Damit scheitert „The Red Sea Diving Resort“ also wohl kaum an den eigenen, nur wahrlich nicht zu hoch gesteckten Ambitionen. Dabei hätte die gefällige Kombination aus historischem Drama, bleihaltigem Actionfilm, packendem Abenteuerfilm, cleverem Heistfilm und hochkarätigem Starkino ja durchaus funktionieren können. Die Grundlage dafür wäre allerdings ein deutlich weniger klischeehaftes Drehbuch und eine weniger schwerfällige Inszenierung von Gideon Raff gewesen. Vor allem Chris Evans, der in seinen besten Rollen meist eine aufrechte Rechtschaffenheit mit einer einnehmenden Verletzbarkeit kombiniert, wirkt hier verloren bis langweilig.

    Fazit: Ein flaches Skript, eine uninspirierte Inszenierung sowie haufenweise unterforderte Stars machen „The Red Sea Diving Resort“ trotz der vielversprechenden historischen Vorlage zu einer herben Enttäuschung – und der Rekurs auf das überholte White-Savior-Narrativ ist sogar regelrecht ärgerlich.

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