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Kinobengel
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4,0
Veröffentlicht am 11. April 2018
Der 2016 von Amanda Kernell fertiggestellte Film „Das Mädchen aus dem Norden“ (Originaltitel: „Sameblod“) ist im April 2018 in Deutschland angelaufen.
Schweden, 1930er: Elle Marja (Lene Cecilia Sparrok) ist eine 14-jährige Samin. Das intelligente Mädchen möchte wegen dem erniedrigenden Verhalten der Schweden ihre Herkunft hinter sich lassen und in Uppsala eine höhere Schule besuchen.
Die Samen im Norden Skandinaviens sind eine indigene Minderheit und pflegen eine eigene Lebenskultur. Amanda Kernell arbeitet die Unterschiede, insbesondere den despektierlichen Umgang durch die Schweden, anhand vieler Beispiele heraus.
Wenn zu Beginn des Films die greise Hauptfigur mit Familie zur Beerdigung ihrer jüngeren Schwester anreist, versteht das Publikum, dass Elle Marja, die sich nun Christina nennt, die Abnabelung von ihrem Volk erreicht hat. Die darauf folgende Rückblende offenbart, wie der Samin das schier unmögliche Unterfangen gelungen ist, diesen Prozess mit jungen Jahren anzustoßen. Und dazwischen? Niemand möchte einen Film sehen, der das Leben einer intakten Familie ohne Besonderheiten zeigt. Genau diesen sicherlich größten Part in Elle Marjas Leben lässt Kernell deshalb aus.
Die schwedische Regisseurin hat den Kampf gegen die Diskriminierung in den Fokus gestellt. Das zieht sich im vorderen Teil ihres Werkes etwas und ist dann umso fesselnder inszeniert. Mit einer Mimik, die jede noch so kleine Gefühlsregung veranschaulicht, zeigt die mehr als beeindruckende Lene Cecilia Sparrok eine pfiffige, unermüdlich gegen jedes Hindernis anrennende Elle Marja. Sehr subtil und mit faszinierender Balance sind Fortschritte, Rückschläge und das Erlangen von Lebenserfahrung einer emphatischen Jugendlichen miteinander verzahnt. Der unbeugsame Wille des Mädchens, unbedingt wie eine Schwedin werden zu wollen, wird mit unglaublicher Energie auf die Kinobesucher übertragen. Kernell verdeutlicht dadurch eine beinahe unüberwindliche Grenze, die zwischen den Kulturen nicht nur einseitig aufgebaut ist. Und das macht diesen Film aus.
Aufnahmetechnisch Uneinheitliches mischt sich mit imposanten Landschafts- und Nahaufnahmen, die schwedischen Schülerinnen in Uppsala, alle einheitlich schlanker, größer und blonder als die Samin, muten zu stylisch an. Solche und weitere gekünstelte Details stören ein wenig das zuvor so treffend angelegte Feingefühl.
„Das Mädchen aus dem Norden“ ist ein erzählerisch einfalls- und detailreiches, sehr sehenswertes Drama.