"Gladiator" ist handwerklich top, toll gespielt und optisch ein Genuss. Warum also hat mir der Film so wenig Spaß gemacht? Vielleicht, weil Gladiatorenkämpfe einfach ein schwieriger Rahmen für einen Film sind, dem es eigentlich nur darum geht, seinen großen Vorbildern Tribut zu zollen und den Kinogänger mit altbekannten Themen wie Heimat und Familie zu unterhalten, ohne komplexere Denkanstöße zu liefern.
Irgendwann kommt nämlich unweigerlich der Zeitpunkt, an dem man sich fragt: "Bin ich als Zuschauer eigentlich besser als das Publikum in der Arena, das sich daran erfreut, wie Sklaven sich gezwungenermaßen gegenseitig abschlachten?". Diese Frage wäre überhaupt kein Problem, wenn sie auch im Film irgendwie reflektiert würde. Regisseur Ridley Scott jedoch nutzt die Arena stattdessen als Bühne, um seinem Protagonisten einen glanzvollen Sieg im Rampenlicht zu ermöglichen. Die Politik steckt nur die Rahmenbedingungen ab, die Entscheidungen fallen in "Gladiator" immer im Kampf Mann gegen Mann, um Leben und Tod. Diese fragwürdige Moral kann einem die Freude durchaus etwas verderben.
Denn ansonsten liefert der Film durchaus genug Anlass zur Freude. Ausstattung, Kostüme und Kulissen sind, wie es sich für ein ordentliches Historien-Epos gehört, eine Augenweide. Die Dialoge sind kurz, punktgenau und intelligent, Hans Zimmers Score wirkt nur in ganz wenigen Szenen zu aufdringlich (was bei Zimmer an sich schon recht erfreulich ist). Die Kamera von John Mathieson fängt die Atmosphäre jeder Szenerie perfekt ein, vom Kolosseum in Rom bis zu den bläulich-verwaschenen Heimaterinnerungen von Maximus.
Dieser Maximus ist sicher die größte Stärke des Films. Russell Crowe deckt mit seiner hochkonzentrierten Leistung alle Facetten seines vielschichtigen und nicht unbedingt sympathischen Charakters ab, wirkt als trauernder Familienvater genauso glaubwürdig wie als schwertschwingender Berserker und hat die Zuschauer so letztlich doch auf seiner Seite. Das liegt auch daran, dass Joaquin Phoenix einen hervorragenden Antagonisten abgibt und so für einen Gegenpol sorgt. Auch der restliche Cast kann ausnahmslos überzeugen.
Fazit: "Gladiator" ohne Gladiatorenkämpfe? Klingt paradox, doch am stärksten ist der Film während der ersten halben Stunde, in der Maximus' Fall vom Tribun zum Sklaven nachgezeichnet wird, also noch bevor dieser zum ersten Mal eine Arena betritt.