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    Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão
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    Filmdoktor
    Filmdoktor

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    4,0
    Veröffentlicht am 8. November 2020
    „Nicht Blut verbindet eine Familie, sondern Liebe“ ... sagt die ältere der beiden Schwestern, Guida Gusmão, irgendwann einmal, um ihr Leben in einer Wahlfamilie zu kennzeichnen. Zu diesem Zeitpunkt (in der zweiten Hälfte der 50er Jahre) leben zwar beide Schwestern in Rio de Janeiro, wissen aber voneinander nichts und haben auf je eigene Weise mit männlich-patriarchalen Strukturen zu kämpfen und sich selbst und ihre Sehnsüchte gegen alle (gesellschaftlichen) Widerstände zu behaupten. Zu Beginn des Films ist Eurídice Gusmão gerade einmal 18 Jahre und Guida 20 Jahre alt. Der Vater ein strenger Patriarch, der das Leben seiner Töchter bereits vorgeplant hat. Die Mutter ist liebevoll, fügt sich aber in die strenge Herrschaft ihres Ehemanns. Guida träumt von der Liebe mit einem griechischen Seemann und Eurídice möchte Klavier auf dem Konservatorium studieren.

    Der Film begleitet diese Familie und die Personen, die irgendwann auf die eine oder andere Weise Teil der Familie werden, über mehr als ein Jahrzehnt, um im Epilog sogar in der Gegenwart anzukommen. Es sind aber weniger die zeitlichen Veränderungen als die (großen) Gefühle, Beziehungen, Sehnsüchte und zwischenmenschlichen Kämpfe, die im Mittelpunkt stehen. Beide Schwestern werden ungewollt Mutter, lieben ihre Kinder aber sehr. Während Guida sich für ein selbstbestimmtes und damit in den 50er Jahren umso schwierigeres Leben entscheidet, nachdem der Vater sie endgültig verstoßen hat, führt Eurídice das Leben einer Ehefrau und Mutter im Schoß der Familie (was u.a. Sorge für die später kranke Mutter bedeutet), jedoch gibt auch sie ihren Traum, Pianistin zu werden, niemals ganz auf.
    Durch die kunstvolle Parallelmontage des räumlich völlig getrennten Lebens der Schwestern, bleiben diese beiden in den Augen des Betrachters stets verbunden. Dazu tragen auch die aus dem Off zitierten Briefe Guidas an ihre Schwester bei, die diese - dank des Vaters und des Ehemanns - jedoch nicht erreichen.

    "Die Sehnsucht der Schwestern Gusmao" basiert auf dem Roman "Die vielen Talente der Schwestern Gusmão", verändert und spitzt diese Geschichte jedoch zu, indem der Kampf um Respekt, Selbstbestimmung und die Verwirklichung der individuellen Sehnsüchte stärker hervorgehoben wird. Zwar sind die männlichen Charaktere durchaus differenziert gezeichnet, bleiben aber Teil einer patriarchalen und das Weibliche dominierenden Gesellschaft. Wenn Guida sich gemeinsam mit ihrem Sohn mit der allein lebenden Filomena zur Wahlfamilie zusammenschließt, dann ist dies allein schon Protest gegen die Forderungen ihrer Umwelt. An der Liebe zwischen den Frauen, insbesondere zwischen den getrennt und ohne Kontakt lebenden Schwestern, besteht gleichwohl niemals Zweifel.

    "Die Sehnsucht der Schwestern Gusmao" ist ein kunstvoll inszeniertes und fotografiertes Melodram, welches sich aus guten Gründen die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts zum Schauplatz seiner Geschichte um zwei starke Frauenfiguren gewählt hat und diese beiden bei ihren Niederlagen, aber auch bei ihrem Kampf um Selbstbestimmung und Respekt begleitet. Trotz der vergleichsweise einfachen Geschichte sorgen große Gefühle, hervorragende Darsteller und eine poetisch-realistische Erzählweise für ein nachhaltiges Filmerlebnis. Sehenswert!
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