Die introvertierte und talentierte Eurídice (Carol Duarte) findet in ihrer älteren extrovertierten Schwester Guida (Julia Stockler) den Rückhalt, den sie in einer patriarchalischen Gesellschaft so dringend benötigt. Während Guida ihre kleine Schwester darin bestärkt, ihren Traum vom Leben als professionelle Pianistin ernsthaft nachzugehen, vertraut sie ihr auch stets ihre neuesten romantischen Abenteuer an. Als sie jedoch mit ihrem Freund nach Griechenland durchbrennt und Monate später schwanger und ohne Mann zurückkehrt, sieht sie sich mit einer neuen Realität konfrontiert: Ihr Vater Manuel (Antonio Fonseca) verbannt Guida aus ihrem einstigen Zuhause und teilt ihr gleichzeitig mit, dass ihre Schwester für ein Musikstudium nach Wien gezogen ist und von ihrer großen Schwester nichts mehr wissen will. Eurídice, die inzwischen geheiratet hat, lässt er über den Verbleib ihrer Schwester im Dunkeln. Unabhängig voneinander, versuchen die beiden, wieder die Kontrolle über ihr eigenes Schicksal zu erlangen. Guida will ohne Mann als alleinerziehende Mutter ein würdevolles Leben zu führen während Eurídice versucht, ihre Leidenschaft zur Musik und ihre Ehe unter einen Hut zu bekommen. Doch ohne den gewohnten Rückhalt der Schwester fällt die Erlösung schwer...
Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
4,5
hervorragend
Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão
Ein verdienter Sieg in Cannes!
Von Carsten Baumgardt
Rio de Janeiro in den 1950er Jahren: In einem Restaurant begegnen sich am Weihnachtsabend zwei Kinder, zufällig, ein Junge und ein Mädchen, sie sind Cousin und Cousine – was sie allerdings nicht ahnen. So kommt nur ein kurzer, loser Kontakt zustande, wie er eben ganz beiläufig entsteht, wenn Kinder sich einander nähern. Die beiden Mütter verpassen sich, weil die eine kurz auf Toilette verschwunden ist und die andere trotz Protesten gar nicht erst in das höherklassige Lokal hereingelassen wird. Dass diese in der Beschreibung scheinbar alltäglich anmutende Szene zu einem der herzzerreißendsten Augenblicke des Kinojahres 2019 zählt, ist der Verdienst von Karim Ainouz („Zentralflughafen THF“). Der in Berlin lebende brasilianische Regisseur erzählt in seinem hochemotionalen Familien-Melodram „Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão“ die zutiefst berührende Geschichte zweier Schwestern, deren Lieb
„Nicht Blut verbindet eine Familie, sondern Liebe“ ... sagt die ältere der beiden Schwestern, Guida Gusmão, irgendwann einmal, um ihr Leben in einer Wahlfamilie zu kennzeichnen. Zu diesem Zeitpunkt (in der zweiten Hälfte der 50er Jahre) leben zwar beide Schwestern in Rio de Janeiro, wissen aber voneinander nichts und haben auf je eigene Weise mit männlich-patriarchalen Strukturen zu kämpfen und sich selbst und ihre Sehnsüchte gegen alle ...
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