Der Titel klingt, als ginge es um eine medizinische Diagnose und tatsächlich wird in „Im Zweifel glücklich“ der Zustand des Protagonisten unter die Lupe genommen. Aber die Bestandsaufnahme ist eine mental-monetäre, der Befund ist nach wenigen Szenen klar: Brad steckt in einer handfesten Midlife-Krise. Er hat keine ernsthaften Probleme, aber er wird von Neid zerfressen und er hadert innerlich unentwegt. Daran lässt er das Publikum in aufdringlich-ausführlichen Voice-over-Kommentaren teilhaben. Mit seinem ständigen Jammern sammelt er nicht gerade Sympathiepunkte, zumal Ben Stiller, der schon einige filmische Lebenskrisen durchstanden hat (zuletzt in „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“, „Gefühlt Mitte Zwanzig“ und „The Meyerowitz Stories“), Brad mit müder Monotonie spielt. Es ist gar nicht so einfach, hinter all der dick aufgetragenen Missgunst, Eifersucht und Egozentrik einen anständigen Kerl zu entdecken oder auch nur zu suchen und auch die eintönig-neutrale Inszenierung von Regisseur und Autor Mike White („Das Jahr des Hundes“) erleichtert das nicht. Er liefert zwar viele treffende Beobachtungen über sozialen Druck, seine Wahrnehmung und seine Folgen, aber satirischen Biss besitzt sein tragikomisch angehauchtes, aber vollkommen unironisches Drama genauso wenig wie emotionale Eindringlichkeit.
Brad Sloan (Ben Stiller) ist 47 Jahre alt, leitet eine Non-Profit-Organisation und lebt mit seiner liebevollen Frau Melanie (Jenna Fischer) sowie seinem intelligenten und sympathischen Sohn Troy (Austin Abrams) in einem schicken Haus in Sacramento. Vater und Sohn unternehmen einen gemeinsamen Trip nach Boston, um sich ein paar Colleges anzusehen, die Troy demnächst besuchen könnte. Dieser Anlass bringt Brad ins Grübeln. Er denkt über sein Leben nach und empfindet Neid gegenüber seinen alten Studienkollegen an der Tufts University, die es in seinen Augen viel weiter gebracht haben als er: Nick Pascale (Mike White) hat als hipper Filmregisseur Hollywood-Karriere gemacht, Craig Fisher (Michael Sheen) ist ein berühmter Buchautor und Stammgast in den Polit-Talkshows, während Finanzexperte Jason Hatfield (Luke Wilson) sich sogar einen Privatjet leisten kann. Billy Wearslter (Jermaine Clement) wiederum hat mit 40 seine Firma verkauft und genießt seinen luxuriösen Frühruhestand. Brad sucht den Kontakt zu den einstigen Freunden…
Mike White zeigt ein feines Gespür für die vielen kleinen Gemeinheiten des modernen Lebens, mit denen man oft ganz wörtlich auf seinen Platz verwiesen und an seinen tatsächlichen oder gefühlten Status erinnert wird. So stürzt der ins Grübeln geratene Brad erst durch einen Blick in die sozialen Medien so richtig in die Krise. Bei Instagram und Facebook sieht er nämlich, was für fabelhafte Leben seine alten Kommilitonen offenbar führen und er erfährt, dass er von den vermeintlichen Freunden nicht zu einer Geburtstagsfeier eingeladen wurde. Er lässt sich von Statussymbolen blenden und will nun unbedingt seinen Sohn beeindrucken. Also versucht er für den Flug nach Boston mit seiner silbernen Vielflieger-Karte ein Upgrade zu bekommen. Leider reiche sein Status nicht, sagt man ihm am Schalter, er bräuchte die goldene Karte. Und das ist nur die erste von mehreren Demütigungen. Schließlich fügt er sich in sein Schicksal und denkt auf seinem Platz in der engen Economy-Class schmollend an die Uni-Freunde, die sich jederzeit einen Erste-Klasse-Flug leisten können... Und so reagiert Brad auch auf alle weiteren Nachteile und Ungerechtigkeiten, die größtenteils eingebildet oder nichtig sind. Das ist im Einzelnen oft durchaus nachvollziehbar oder zumindest amüsant (nicht jeder kriegt im Restaurant den besten Tisch), aber in der Häufung auch zunehmend ermüdend.
Brad hat völlig vergessen, was ihm einst wichtig war und verliert sich in banalen (und ebenso bebilderten) Tagträumen von einem Luxuslotterleben. Sein idealistischer Job erscheint ihm plötzlich wertlos, weil er nicht so viel Geld einbringt und statt sich wirklich für seinen Sohn zu interessieren, denkt er nur an dessen Status und wie der auf ihn zurückfällt. Als ihm Harvard-Studentin Ananya (Shazi Raja), eine Freundin Troys, schließlich die Leviten liest, ist es allerhöchste Zeit. In dieser nächtlichen Sequenz werden die Themen des Films etwas schematisch, aber schlüssig auf den Punkt gebracht. Sie hat kein Mitgefühl mit ihm und erinnert ihn etwas pathetisch daran, wie gut er es eigentlich hat. Dass diese aufrüttelnden Worte wiederum kaum Wirkung zeigen, ist frustrierend und konsequent zugleich. Mike White verweigert Brad die 180-Grad-Hollywood-Wende und lässt ihn nur Trippelschritte in Richtung Besserung gehen. Andererseits macht er es ihm trotzdem auch etwas zu leicht, indem er den erst so beneideten Studienfreunden in kleinen Gastauftritten die Masken herunterreißt. Im Vergleich zum aalglatt-selbstverliebten Starautoren Craig (Michael Sheen zieht eine amüsante Show ab) und auf den mit gänzlich unerwarteten Problemen kämpfenden Jason (Luke Wilson sorgt am Telefon für die berührendste Szene des Films) sieht der Status des schwierigen Brad plötzlich wieder ganz gut aus.
Fazit: In „Im Zweifel glücklich“ steckt Ben Stiller mal wieder in der Midlife-Crisis. Seine Figur ist ziemlich anstrengend und wenig sympathisch, aber das Problem ist eher, dass sich ihre extreme Unzufriedenheit in diesem lauwarmen Drama kaum nachvollziehen lässt.