@MaxiM: Ich fand zwar auch, dass der Film in dieser ungeschnittenen Form besser erst ab 16 oder 18 freigegeben sein sollte. Davon mal ab fand ich ihn aber gut gemacht. Die große Linie fand ich zwar in Richtung Western übertrieben, aber in den Details fand ich es sehr interessant. Man merkte, dass sich der Filmemacher, Felix Randau, wirklich Gedanken gemacht hat, wie das Leben in der Urzeit wohl gewesen sein könnte.
Vor allem die Sprachlosigkeit zwischen diesen Menschen war ja bemerkenswert, eigentlich der größte Unterschied zu unserem heutigen Leben: Nur Menschen innerhalb der Familie, oder wenigstens innerhalb einer Siedlung, konnten sich miteinander verständigen. Fremde konnten sich höchstens anlächeln, anstarren, anschreien oder gleich gegenseitig umbringen, also nur nonverbal kommunizieren. Jede Gruppe hatte offensichtlich ihre eigene Sprache. Wenn man das nicht glauben mag: Bei heutigen "Urvölkern" gibt es das wohl immer noch, dass Menschen aus dem einen Dorf kaum mit Menschen aus dem Dorf hinter dem nächsten Hügel reden können. Zumindest habe ich das mal so in einem Bericht über Eingeborene von Papua-Neuguinea gelesen.
Ich persönlich glaube allerdings, dass es im Film etwas übertrieben dargestellt wurde. So krass wie dort stelle ich es mir eher vor 50.000 oder 100.000 Jahren vor. Die Sprachlosigkeit ging ja so weit, dass Kelab ("Ötzi") gleich die erstbeste Dreiergruppe massakrierte, die ihm über den Weg lief. Er machte überhaupt keinen Versuch, erstmal irgendwie - und sei es halt nonverbal - zu klären, ob das denn überhaupt die Mörder seiner Sippe waren, sondern fing sogleich seinerseits mit dem Morden an. (Letztlich wurde ihm das ja auch zum Verhängnis.) Aber vielleicht fand der Filmemacher es nötig, das Nicht-Miteinander-Reden-Können derart zuzuspitzen, um es deutlicher herauszuarbeiten.
Insgesamt fand ich die Handlungen der Menschen noch spürbar "tierischer" als heute. Diese Menschen waren nicht nur sprachlich noch nicht so weit entwickelt, sondern lebten total im Augenblick, reagierten spontan, dachten nicht lange über Vergangenheit und Zukunft nach. Dinge, über die wir heute lange reden würden, wurden einfach hingenommen. Passiert ist passiert, fertig, weiter. Gerade dadurch hob sich der Film deutlich ab von den üblichen Urzeitfilmen, in denen einfach heutige Menschen in die damalige Umgebung gesteckt werden, aber ansonsten weiter so reden und handeln wie wir alle.
@Frank F: Stimmt, das mit der Rache passt nicht so ganz ins Bild. Kelab zumindest war nicht bereit, den Mord an seiner Sippe hinzunehmen, so wie es zum Beispiel Löwinnen tun, die über Nacht offenbar vergessen, dass ein neuer Löwe gerade alle ihre Jungen getötet hat. Zumindest in der Beziehung war Kelab nicht "tierisch", sondern wiederum ganz ein heutiger, moderner Mensch. Wobei ich DAS wiederum realistisch fand! Ich glaube schon, dass die Menschen vor 5300 Jahren schon so weit entwickelt waren, dass Rachegefühle sie über den Augenblick hinaus dazu bringen konnten, einen Mörder wochen- und monatelang zu verfolgen. Dieses Nebeneinander von prä-menschlichem und heutig-menschlichem Verhalten ist es vielleicht, das den Film etwas uneinheitlich und widersprüchlich macht.
So richtig unrealistisch fand ich aber, dass die Raubmörder den weiten, steilen Weg über die Alpen machten nur wegen des Tineka-Heiligtums. Über den nächsten Hügel, ja, auch 100 Kilometer vielleicht - aber doch nicht gleich über die Alpen! Nee nee, der echte "Ötzi" hatte sicher einen anderen Grund, da hochzusteigen, als Rache zu nehmen und ein Tineka zurückzuerobern. :-)