Katheryn Bigelow ist schon eine ungewöhnliche Frau in der Filmwelt. Zurecht hat sie sich bei mir den Status als eine der besten Regisseure aller Zeiten gesichert (egal ob Mann oder Frau). Und zu Recht hat sie als erste Frau einen Oscar gewonnen für die Regie. Hinzu kommt, das Bigelow Filme macht, die eher untypisch sind für eine Frau. Selten kommt es vor dass Frauen Filme machen wie "The Hurt Locker" (ich hasse den deutschen Titel), "Zero Dark Thirty" oder eben jetzt "Detroit". "Detroit" ist ein typischer Bigelow Film. Super recherchiert und ansprechend. Der Film basiert auf wahren Begebenheiten und geht auch extrem ernst und authentisch an die Sache ran. Dabei muss ich eingestehen, dass sich gerade der Anfang des Filmes doch recht schleppend verhält. Zunächst wird die Ausgangssituation geschildert, gefolgt von einer Aneinanderreihung einzelner Figuren, die sich langsam zum Aufstand formatieren und sich gegen die Polizei stellen. Dabei ist es schwer jemanden zu folgen. Alles wirkt zu lose und man kann sich kaum an eine Figur fesseln. Weshalb mich gerade der Auftakt des Filmes, trotz des ernsten Themas und der Gewalt doch recht kalt lässt. Herausragend bis gerade erst Meisterhaft ist dann der Teil des Filmes in dem es um das Szenario im Hotel geht. Die Szene ist unglaublich lang und wirkt als wäre sie in Echtzeit aufgenommen. Aus gerade dieses Szene bezieht der ganze Film seine Stärke. Wenn Hotelgäste durch die Polizei geschlagen, bedroht oder sogar ermordet werden, kann man dies selbst als Zuschauer kaum aushalten und leidet richtig mit. Die ganze Szene ist ein Mix aus Gewalt, Wut, Trauer und anderen Emotionen und wühlt sicherlich jeden Kinogänger auf. So mal die Ereignisse immer noch aktuell sind. Gewalt durch Polizisten in den USA, die sich gezielt gegen Afroamerikaner richtet herrscht dort noch immer vor. Hinzu kommt, dass mit Trump ein Präsident im weißen Haus sitzt, der selbst kein Beispiel für Toleranz ist und eigentlich alles Falsch macht, was man falsch machen kann. So sind Rassismus, Rechtsextremismus und innerpolitische Unruhen wieder Salonfähig geworden. Und genau trifft "Detroit" den Zahn der Zeit und sticht in diese Wunde hinein. Auch das dritte Viertel kann überzeugen, nach dem der Film nach den Ereignissen im Hotel nochmal kurz abfällt. Ich will den Ausgang nicht spoilern, aber er wühlt auf. Zugleich muss man anmerken was Filmstarts auch schon angemerkt hat. Die Figur des Krauss ist eine Zusammenstellung mehrerer Polizisten, weshalb sich der meiste Hass aber nur auf diese eine Figur richtet. Eine etwas differenzierte Sichtung der Lage wäre meiner Meinung nach sogar noch besser und aufwühlender gewesen, so bleibt man letztlich bei der Staatsgewalt bei Krauss hängen und vergisst wie viele brutale Rassisten unter den Behörden waren. Wenn gleich aber genau aus dieser Figur eine weitere stärke des Filmes bezogen wird. Will Poulter (The Revenant, Narnia, Maze Runner), liefert eine unglaubliche Performance ab, die an die Substanz geht. Der gerade einmal 24jährige Brite, ist so unheimlich furchteinflößend, brutal, eiskalt und bedrohlich, dass ich hoffe seine Leistung wird bei den Oscars mit einer Nominierung für den besten Nebendarsteller bedacht. Das war schon unglaublich an welche Grenzen der junge Mann geht. Es ist kein Geheimnis, dass der Dreh auch stark an seinen Nerven gerissen hat und wenn Jennifer Lawrence für "Silver Linings" den Oscar zu unrecht gewinnt, dann muss Polter den mindestens nominiert werden. Alle anderen machen ihre Sache gut. John Boyega ( Star Wars 7) ist aber erstaunlich wenig im Film zu sehen und ich würde seine Rolle nicht größer gewichten als die von Poulter. Er macht seine Sache solide. Anders als Algee Smith, der konnte als Larry punkten, ebenso wie Anthony Markie, der bereits in "The Hurt Locker" mit Bigelow gearbeitet hat. Erwähnenswert ist noch GOT-Star Hannah Murray, die hier auch zeigt was sie kann und mich mehr überzeugt als Gilly in "Game of Thrones". Ungewöhnlich ist hier wirklich, dass man keinen Charakter hat dem man dauerhaft folgt, so wie z.B. Jeremy Renner in "The Hurt Locker" oder Jessica Chastain in "Zero Dark Thrity". So wirkt der Film eher wie "Dunkirk", der ja auch keinen richtigen Hauptcharakter hatte. Kurz: Ein extrem aufwühlender Film, der aktueller nicht sein könnte. Der Mittelteil im Hotel ist ein echtes Meisterwerk, das sich aber dem etwas zähen Beginn und einer kleinen Blaupause zwischen dem Hotel und dem Finale geschlagen geben muss. Überragend ist die Leistung von Will Poulter, der als fieser Polizist den gesamten Film überstrahlt.