Im Gegensatz zu mindestens einer Rezension hier bei FS gefällt mir an "The Foreigner" gerade weil Martin Campbell im Gegensatz zu entsprechender Meterware aus Hollywood (Jüngstes Negativbeispiel : Red Sparrow) auf die ewige Darstellung des Westens als "Beste aller Welten" komplett verzichtet und selbst Jackie Chan als notorischer "Mr Nice Guy"in aller Welt bekannt nicht der Überheld und Supermann ist, der, wie in den Einheitsplots von der Stange (Marvel, DC &Co) trotz großflächiger Zerstörungen ganzer Städte (für die er zumindest eine Mitverantwortung trägt) am Ende immer moralisch unbefleckt bleibt.
Vielmehr wird das alt-testamentarische Auge um Auge, Zahn um Zahn beleuchtet und wohin das in der Regel führt.
Keiner der beteiligten Akteure, sei es nun IRA, die Politiker Londons oder Irlands, das Vorgehen der englischen Polizei (no lose ends) oder eben Vietnam Veteran Quan erhält irgendeinen deutlichen Sympathiebonus oder steht als Weltenretter da - alle haben irgendwie ihre schmutzige Wäsche im Gepäck alle sind Täter und Opfer an ihre jeweiligen Sach- und Umstandszwängen und ihr Tun in der Vergangenheit gefesselt.
Mit fiel irgendwie gleich auf, dass hier handwerklich ein Routinier im Regiestuhl sitzen muss und ich war überrascht Campbell hier zu finden. Ich habe sogar den Eindruck er hat diesen Film bewusst abseits gängiger Mainstreamproduktionsverfahren gemacht um eben genau die von Björn Becher angesprochene realistisch-düster-dreckige Atmosphäre kompromißlos darstellen zu können in der es nur Schachfiguren aber keine wirklichen Helden gibt, sondern nur solche die medial dazu aufgebläht werden.
Zwar drängte sich mir auch die Frage auf ob Nordirland nach wie vor nur aus IRA Sympatisanten besteht aber andererseits glaube ich, dass die Wunden des Jahrhunderte währenden Widerstands gegen die englische Besatzung noch lange nicht verheilt sind.
Wir hier in D kennen oftmals nur das westliche Narrativ von den durchgeknallten irischen Katholiken die mannhaft aufrechte englische Polizisten jagen und per Attentat aus dem Hinterhalt Menschen töten.
The Foreigner hat in mir Interesse geweckt mir die Geschichte Irlands und das Wüten auf beiden Seiten nochmal genauer anzusehen.
Und ja: Jackie Chan ist wirklich großartig in dieser ernsten Rolle , die wohl zu seinen besten schauspielerischen Leistungen zählt - von den den typischen JC-Einlagen mal ganz abgesehen.
Ich hatte vermutet, dass Jackie mit dem Alter und entsprechenden Rollen ruhiger wird, aber wer mit Mitte 60 immer noch gekonnt auf Häuserdächern rumturnt und ebenso gekonnt wieder runterfällt oder sich absolut überzeugend mit einem ü .30 Jahre jüngeren Gegenspieler im Wald prügelt, der hat eigentlich nur höchsten Respekt verdient - die meisten Männer in dem Alter sitzen jammernd beim Arzt rum :).
Gilt auch für Brosnan, der inzwischen auch schon auf die Siebzig zuläuft, endlich mal mit irischem Akzent zu sehen ist und immer noch so agil rüberkommt wie zu besten Bond-Zeiten (für mich übrigens immer noch, neben Connery, der beste Bond bislang)