Dokumentarfilme über moderne Kunst sind nicht unbedingt das, was den Durchschnittszuschauer sofort anspricht. Aber irgendwie kam ich trotzdem nicht an diesem Film vorbei. Vielleicht, weil darin ein Zug eine nicht unwichtige Rolle spielt und der Eisenbahnfan in mir da gleich die Ohren spitzt, vielleicht aber auch aufgrund des ungewöhnlichen Konzepts.
In Station To Station fährt besagter Zug quer durch die USA, vom Atlantik bis zum Pazifik, 4.000 Meilen. Unterwegs begegnet das Filmteam Künstlern aller Art, die in jeweils einminütigen Abschnitten vorgestellt werden. Maler, Musiker, Dichter, Tänzer, Performance-Künstler und viele andere (auch ein Eisenbahner) kommen zu Wort oder lassen ihre Werke für sich sprechen. Mal performen sie im Zug, mal neben den Gleisen und mal bei den an diversen Zwischenbahnhöfen stattfindenden Happenings. Die Genres und Persönlichkeiten sind so vielfältig wie die Orte, die der Zug anfährt.
Eine interessante Idee. Auch wenn man nicht aus jedem der vorgestellten Künstler sofort schlau wird, ist es doch ein bemerkenswerter Querschnitt durch die amerikanische Kunstszene, der hier gezeigt wird. Von den meisten Damen und Herren dürfte man als Nicht-Szenekenner noch nie gehört haben aber das ist eigentlich auch gut so. Die kurzen und damit kurzweiligen Einminüter werden zwar meist eher zur Performance als zur wortreichen Erklärung der jeweiligen Kunstwerke und Konzepte genutzt, so dass eigentlich nie Langeweile aufkommt. Es offenbart jedoch genug Einblicke in die beteiligten Künstlerseelen.
Der uramerikanische Mythos der transkontinentalen Eisenbahn, mit der auf abenteuerlichen Wegen neue Gebiete erkundet werden, macht dabei durchaus Sinn. Es ist ein bewusstes Reisen mit einer gewissen Langsamkeit, bei dem die Dinge auf und jenseits der Strecke bewusst(er) wahrgenommen werden. Deshalb nimmt sich der Film immer wieder Zeit dafür, zwischen den einzelnen Sequenzen fährt der Zug auch einfach mal durch die Landschaft, die meist eine ziemliche Augenweide ist.
Das Bonusmaterial der DVD enthält noch einige Beiträge, die es nicht in den Film geschafft haben. Dabei wären sie es durchaus wert gewesen. Darunter ist auch ein Kapitel, in dem erklärt wird, dass der Zug selbst eine "nomadic light sculpture" ist, denn die von Regisseur und Multimediakünstler Doug Aitken an den Wagen angebrachten LEDs reagieren unterschiedlich auf ihre Umgebung und verdeutlichen die Reise, auf die man sich begibt.
Man muss kein Fan und Experte für Kunst sein, um diesem Film etwas abgewinnen zu können. Schon die faszinierenden Bilder schaffen ein lohnendes Filmerlebnis und ganz nebenbei kann man damit auch seinen Horizont erweitern.