Manchmal mus man sich überwinden, wenn man einen guten Indie-Film für sich entdecken will. Anhand des Covers würde "Robot Overlords" viele Zuschauer vermutlich eher abschrecken, als aufmuntern. Ein etwas einfach aussehender Roboter, ein paar Jugendliche, ein großstädtische Skyline und eine Anspielung auf "Transformers". Aber halt, ist das Oscarpreisträger Sir Ben Kingsley da in der Mitte? Naja, jeder kann Fehler machen, siehe Nicolas Cage. Trotzdem lohnt es sich, wenigstens noch dem Trailer eine Chance zu geben. Dieser Film bietet deutlich mehr als man zunächst erwartet.
In der nahen Zukunft haben also wieder einmal außerirdische Roboter die Erde erobert und herrschen über die Menschheit. Offiziell wollen sie die Rasse nur erforschen und dann friedlich abziehen, dennoch herrscht eine allgemeine Ausgangssperre, die von den menschlichen "Kollaborateuren" strengstens überwacht wird. Eines Tages finden einige Jugendliche heraus, wie sie die jedem Menschen eingepflanzten Überwachungsimplantate kurzzeitig ausschalten können. Was als übermütiger Spaß begann wird schnell Ernst, denn den Invasoren gefällt der Kontrollverlust ganz und gar nicht. Bald steht das Schicksal des gesamten Ortes auf dem Spiel, oder womöglich sogar das der gesamten Menschheit.
Im Gegensatz zu manch unausgegorenem B-Movie, das vielleicht eine ganz ähnliche Inhaltsangabe haben könnte, gibt es hier ein paar Unterschiede: die Roboter spielen eine wichtige Rolle, die Handlung wird aber nicht mit Actionszenen und Zerstörungsorgien vollgepflastert. Die Dialoge machen Sinn und erlauben Einblicke in das Seelenleben der Charaktere, sind stellenweise äußerst unterhaltsam und fast nie dämlich. Einzig der menschlich aussehende aber trotzdem künstliche "Mediator", der den Kontakt zu den Menschen halten soll, wirkt unnötig unbeholfen und flach. Hätte man weglassen können. Zudem spielt der Film in einer englischen Kleinstadt, die zwar überhaupt nichts mit den auf dem Cover abgebildeten Hochhäusern gemein hat, aber ein wohltuender Unterschied zum Einheitslook von amerikanischen Städten in sonstigen Katastrophenfilmen ist.
Die globale Perspektive wird gelegentlich angedeutet, aber nie pathetisch ausgewalzt. Hier will niemand bewusst die Welt retten, sondern seine vertraute Umgebung wieder in Ordnung bringen. Die vier jungen Hauptfiguren sind derart sympthisch, dass man schon ihretwegen diese Reise gerne mitmacht. Diverse mögliche Konstellationen für Liebesszenen werden angedeutet, von Kitsch bleibt man aber erfreulicherweise vollständig verschont. Ben Kingsley gibt einen wunderbaren Antagonisten, den man nicht gleich richtig einschätzen kann. Aber auch sämtliche weniger bekannten Darsteller machen ihre Sache gut.
Die Effekte sind teilweise ein wenig hausbacken, beschränken sich aber auf das nötigste. Manchmal interagieren die digitalen Roboter zu unrealistisch mit der Umwelt, doch da es lediglich eine "richtig große" Actionszene am Ende gibt, kann man damit durchaus leben. Obwohl die Drehbuchautoren laut MakingOf unter anderem von Neill Blomkamps "District 9" inspiriert wurden, geht der Film in eine andere Richtung. Der sozialkritische Unterton fehlt, noch dazu sind Ausgangslage und Konflikt anders angelegt. Klar, auch das Budget ist bei einem unabhängigen britischen Film nicht gerade üppig, dafür sind Look und Kameraarbeit durchaus gelungen. Wie das Filmcover andeutet, wirken manche der Roboter etwas klobig und damit unfreiwillig komisch, es gibt jedoch noch andere Maschinen und auch einige Raumschiffe zu sehen. Große Designwunder sind nicht dabei, aber immerhin eine Handvoll interessante Ansätze.
Für SciFi-Fans, die hier den nächsten großen Wurf erwarten, ist dieser Film vielleicht nur eingeschränkt geeignet. Wer einem vielleicht etwas einfacherer gemachtem und trotzdem gut erzählten Film eine Chance geben will, der ist mit "Robot Overlords" aber gut beraten.
Die DVD enthält als Bonusmaterial zwei MakingOf-Dokumentation, in denen die Entstehung des Films und die Umsetzungvon Cast und Crew erläutert werden. Während das erste Featurette die Dreharbeiten behandelt, wird im zweiten näher auf die Entstehung der digitalen Effekte eingegangen.
Originaltitel: Our Robot Overlords
Darsteller: Ben Kingsley, Callan McAuliffe, Gillian Anderson, Ella Hunt, Geraldine James uvm.
Regie: Jon Wright
Jahr: 2015
Label: Koch Media
Länge: 94 min
FSK: ab 12 Jahren