Dokumentationen über Bergsteiger wie Pepe Danquarts Überraschungserfolg „Am Limit“, „Mount St. Elias“ oder „Jäger des Augenblicks“ führen den Zuschauer an Orte, die er selbst wohl nie persönlich zu sehen bekommt, außerdem geht es in ihnen häufig um einen spannenden Kampf gegen die Naturgewalten. In Karsten Scheurens „7 Tage im September“ sind diese beiden Qualitäten nun vereint: Erhabene Bilder des Manaslu im Himalaya-Gebirge stehen neben der Schilderung eines tragischen Lawinenunglücks. Im Zentrum des informativen und spannenden Films steht dabei aber eine existentialistisch angehauchte Geschichte über sechs Männer, die sich einer Extremsituation aussetzen und ihre Grenzen ausloten.
Zusammen mit vier Mitstreitern brechen die befreundeten Extrembergsteiger Benedikt Böhm und Sebastian Haag im September 2012 auf, um mit einer Gruppe von Gleichgesinnten den Gipfel des Achttausenders Manaslu in Nepal zu erklimmen. Dabei setzen sich die Kletterer ein ehrgeiziges zeitliches Limit, das im Erfolgsfall einen neuen Weltrekord bedeuten würde: Die Tour vom Basiscamp zum Gipfel und per Skiabfahrt zurück soll weniger als 24 Stunden dauern. Doch zunächst erleben die Freunde während des Aufstiegs ein Unglück. Mitten in der Nacht begräbt eine riesige Lawine ein Bergsteiger-Lager, wobei elf Menschen sterben. Böhm und seine Begleiter campieren unweit der Unfallstelle und agieren in den sechs Stunden, die bis zum Eintreffen der Rettungskräfte vergehen, als Ersthelfer. Im Anschluss stellen sich die Extrembergsteiger die Frage, ob sie die Expedition abbrechen oder ihr ehrgeiziges Ziel weiterverfolgen sollen.
Zu Beginn ist „7 Tage im September“ ein Porträtfilm: Die Protagonisten und ihre Familien werden eingeführt und die Motive der Bergsteiger für ihre Touren enthüllt. Im weiteren Verlauf wandelt sich die Dokumentation dann zum Katastrophenfilm. In teils drastischen Schilderungen von Betroffenen, deren Körper tief im Schnee vergraben waren, beschwört Karsten Scheuren die Schrecken des Lawinenunglücks herauf. Umso schwerer wiegt im Anschluss die moralische Frage, ob das Team den Aufstieg fortsetzen soll oder nicht. Auch Sicherheitserwägungen spielen eine wichtige Rolle, denn die Männer hatten bereits im Jahr 2007 eine erste Expedition am Manaslu wegen akuter Lawinengefahr abgebrochen. Letztlich beenden drei der Bergsteiger den Aufstieg, während die anderen die Tour fortsetzen.
Seine spannende Handlung setzt Regisseur Karsten Scheuren schnörkellos ins Bild. Das Prunkstück von „7 Tage im September“ sind die Amateurfilme der Bergsteiger selbst, die von leichtem Lagerkoller bis zu den Auswirkungen des Sauerstoffmangels lebhafte Momentaufnahmen des Extremkletterer-Alltags vermitteln. Dazwischen erinnern meist unbewegte Landschaftsaufnahmen an den imposanten Schauplatz, während nachträglich geführte Interviews die Umstände des dramatischen Geschehens klären. Zusammen mit der Musikbegleitung, die dezent Spannung erzeugt, erweist sich „7 Tage im September“ als insgesamt gelungener Dokumentarfilm, der nur in der Mitte etwas durchhängt, wenn die Folgen des Lawinenunglücks eine etwas zu ausführliche Schilderung erfahren und es zu Wiederholungen kommt.
Fazit: Formal überzeugender und thematisch packender Dokumentarfilm über eine dramatische Bergbesteigung im Himalaya-Gebirge.