Das Branchenblatt „Variety“ bezeichnete Heinz Emigholz als den „weltweit genauesten Beobachter von Architektur“. Seit den frühen 1970er-Jahren dreht der Regisseur Filme, in deren Zentrum die Bauwerke bestimmter Architekten oder Stilepochen stehen. Diese Werke lassen sich als dokumentarische Essays beschreiben, in denen der Purist Emigholz auf assoziative Weise die Beziehung zwischen Film und Architektur auslotet. Mit diesem Ansatz richtet sich der Filmemacher in erster Linie an ein architektur- und kunstinteressiertes Fachpublikum, das ist auch bei „The Airstrip – Aufbruch in die Moderne, Teil III“ nicht anders.
Seine Premiere feierte „The Airstrip“ auf der Berlinale 2014 in der Sektion „Forum“, die dem experimentellen Kino gewidmet ist und wo regelmäßig Werke von Heinz Emigholz präsentiert werden. In dessen verschlungener Filmografie nimmt der aktuelle Kinobeitrag eine Doppelrolle ein: „The Airstrip“ ist der 21. Teil der fortlaufenden Reihe „Fotografie und Jenseits“ (seit 1974) und bildet zugleich den Abschluss der Trilogie „Aufbruch in die Moderne“ – und ist damit der direkte Nachfolger zu „Parabeton – Pier Luigi Nervi und Römischer Beton“ sowie zu „Perret in Frankreich und Algerien“ (beide 2012). Anders bei diesen beiden Filmen rückt Emigholz in „The Airstrip“ nicht das Werk eines einzelnen Architekten(-Paares) ins Zentrum, sondern versammelt Gebäude unterschiedlicher Künstler. Gemeinsam ist diesen Schlüsselbauten, dass sie den Stil der Moderne geprägt haben und/oder für diesen symptomatisch sind.
Das Pantheon in Rom markiert als das älteste im Film vorgestellte Bauwerk den Ausgangspunkt der assoziativen Reise durch die architektonische Moderne. Dabei ergeben sich über geografische und zeitliche Grenzen hinweg aufschlussreiche Querbezüge. So steht eine in den 2000er-Jahren im französischen Arcueil erbaute Shoppingmall einem 1934 entstandenen Einkaufscenter in Buenos Aires gegenüber. Andere bauliche Wahrzeichen der Moderne, die Emigholz präsentiert, sind unter anderem die Flughäfen von Madrid, Tokio oder Dallas und eine futuristische Buswartehalle auf Rügen aus dem Jahr 1967.
Filmisch ist „The Airstrip“ mit einfachsten Mitteln umgesetzt. Schlichte Texttafeln nennen Zeit und Ort der Aufnahmen sowie die Entstehungszeit, die Architekten und die Namen der Bauwerke. Unbewegte und in gleichförmiger Abfolge hintereinander montierte Einstellungen zeigen die architektonischen Motive aus verschiedenen Perspektiven. Der rote Faden von „The Airstrip“ ist dabei die Dialektik zwischen Krieg und Architektur. Auf seiner Weltreise filmte Emigholz Bauwerke, die vor, während oder nach einem Krieg entstanden sind und begreift dabei etwa auch die Landungsbrücken in der Normandie als Architektur. Ungewöhnlich für die meist rein beobachtenden Filme von Heinz Emigholz ist es, dass hier ein Off-Kommentar den historischen Kontext erklärt, in dem die Gebäude stehen. Ansonsten setzt Emigholz wie gehabt auf den unbearbeiteten Originalton der Aufnahmen, über den die Bauwerke mit etwa über Straßengeräusche in ihren urbanen Zusammenhang gebettet werden.
Fazit: Heinz Emigholz legt mit „The Airstrip“ eine weitere essayistische Annäherung an die Architektur der Moderne vor.