Die englische Regisseurin Andrea Arnold („Fish Tank“) hat sich für ihr aktuelles Drama „American Honey“ in US-amerikanische Gefilde gewagt.
Star (Sasha Lane) lebt in sozialen Missständen. Die 18-Jährige hat Sehnsucht nach Gemeinschaftsgefühl, Ehrlichkeit und Liebe. Sie schließt sich einer feierfreudigen Drückerkolonne für Zeitschriftenabonnements an, die von der barschen Krystal (Riley Keough) angeführt wird. Jake (Shia LaBeouf) ist der Top-Agent und lernt Star, die sich zu ihm hingezogen fühlt, als Verkäuferin an. Die Geschäftspraktiken gefallen der drängenden Aussteigerin weniger.
Andrea Arnold begibt sich wie schon mit „Fish Tank“ (2009) in die sozialen Abgründe der Gesellschaft. Die Bilder wirken real und die Geschichte zeigt keine Spuren von Konstruktion oder Künstlichkeit. Die Kamera behält Star, die von der Leinwanddebütantin Sasha Lane sehr beeindruckend verkörpert wird, entweder im Visier oder sieht das, was sie beobachtet. Ihr Charakter ist konsequent durchdacht, jugendlich ungestüm und lernfähig gezeichnet. So hat das Publikum die beste Möglichkeit, diesen aufwühlenden Road-Trip mitzugehen, weiß nur das, was Star weiß und fiebert mit diesem im Grunde herzensguten Wesen, das längst nicht den Weg in eine bessere Welt gefunden hat. Spannend ist „American Honey“ nicht zwingend, aber schwelend und ohne unglaubwürdige Anhäufung von Konfliktsituationen. Also: 162 Minuten intensives Beobachtungskino werden geboten, überwiegend untermalt mit Rap, der von den jungen Leuten unterwegs gehört wird, ergänzt durch deren Motivations-Hymne „We found Love“ von Rihanna und „American Honey“ von Lady Antebellum, eben Songs, deren Texte vor Symbolkraft strotzen.
„American Honey“ ist stark erzähltes Kino um eine junge Frau, die viel USA und vor allem sich selbst findet.