Wenn dem Film eines gelingt, dann ein Gefühl dafür zu vermitteln, was es bedeutet allein zu sein. Die endlose Wüste fängt Kamerakünstler Emmanuel Lubezki mit wunderbaren Bildern ein, die Erzählsweise ist selbst in den dramatischeren Szenen besonnen und wohlüberlegt. Ewan McGregor spielt Jesus in erster Linie als durchaus nahbaren Menschen, der auf der Suche nach dem Sinn seiner Aufgabe ist und dabei ein ums andere Mal an seine Grenzen geht. Die Idee, McGregor gleichzeitig auch als Teufel und optisch als eine Art Anti-Jesus zu präsentieren, veranschaulicht den Konflikt, in dem sich der künftige Messias befindet. Die in der Bibel so bildhaft beschriebenen Versuchungen erlebt Jesus anhand des Familienlebens der Nomadenfamilie. Deren Leben steht beispielhaft für manche Frage, die sich Jesus selbst stellt, doch er kann nicht alle ihre Probleme lösen.
So lernt er nicht nur mit Verlust und Rückschlägen umzugehen, sondern muss auch der Versuchung widerstehen, sich seinem vorgezeichneten Weg zu entziehen. Obwohl den meisten der Ausgang seiner Geschichte bekannt sein dürfte, wird am Ende noch einmal die Kreuzigung gezeigt, doch leider folgt darauf keine Auferstehung. Das Grab wird verschlossen, dann wechselt García plötzlich zu einer Szene, die dem Film eine sehr allgemeine Aussage über die Beziehung von Vätern und Söhnen verleiht, die sich auch vorher schon andeutet. Im Grunde eine gute Idee, Jesus und seinen himmlischen Vater in Form der Wüstenbewohner miteinander streiten, lieben und lernen zu lassen, doch wenn das Grab verschlossen bleibt, dann ist dieser Jesus trotz aller möglichen angedeuteten Wunder nur ein weiterer guter Mensch in der Geschichte, der auch jeden anderen beliebigen Namen tragen könnte.
Abgesehen davon dürften Liebhaber künstlerisch anspruchsvoller Arthouse-Filme ihre Freunde an dieser Wüstenreise haben, sowie alle, denen Bibelfilme nach Schema F mittlerweile auf den Geist gehen. Jesus erscheint hier so menschlich, wie es mancher anderen Bibelverfilmung auch gut getan hätte, die den Gottessohn zum hundertsten Mal als ewig lächelnden Jüngling in weißen Gewändern zeigt. Ewan McGregor verpasst seiner Figur Ecken und Kanten, außerdem stellt er deren Verzweiflung angesichts der Einsamkeit in der Wüste glaubhaft und bewegend dar. Bis auf den gewöhnungsbedürftigen Schluss ist "40 Tage in der Wüste" tolles Schauspielkino (mit lediglich fünf Darstellern) mit vielen guten Impulsen.