Maximilian Erlenwein bringt nach seinem Debüt-Film „Schwerkraft“ den Psycho-Thriller „Stereo“ ins Kino. Für beide Filme stand ihm Jürgen Vogel als Darsteller zur Verfügung. Die Drehbücher schrieb Erlenwein selbst.
Erik (Jürgen Vogel) ist ein netter Motorradschrauber mit eigener Werkstatt, an seiner Seite die hübsche Julia (Petra Schmidt-Schaller) und deren Tochter Linda (Helena Schoenfelder). Plötzlich taucht Henry (Moritz Bleibtreu) auf, dies immer häufiger und der ist das Gegenteil von nett. Problem: Nur Erik kann ihn sehen. Weitere üble Gestalten, die jeder sehen kann, erscheinen auf der Bildfläche und glauben, Erik zu kennen. Der versteht die Welt nicht mehr und vermutet ein gesundheitliches Problem.
Der Filmemacher Erlenwein hat viele Einfälle in seinen Schizophrenie-Thriller „Stereo“ gepackt, sowohl inhaltlicher und handwerklicher Natur. Dazu erlaubte das Budget, zwei der besten Schauspieler des deutschen Geschäfts zu engagieren. Und die werden mit den Kollegen in mitunter gute Ansätze geschickt, welche aber weder Kontinuität zeigen noch etwas Ganzes ergeben.
Lange, gefühlvoll geführte Kamerafahrten stehen neben Quasistandbildern und anderen Perspektivenexperimenten. Kinotauglich stimmungsvoll Beleuchtetes vermischt sich mit zu langen TV-artigen Szenen ohne Lust der Kamera und mangels Einstellungen mit wenig Schnitt.
Böse Buben, verantwortlich für FSK 16 (und noch weniger Zuschauer), üben Gewalt aus und sind sonst beim übertriebenen Böseguckenposing zu betrachten, bis niemand mehr mag. Dieser Zeitpunkt ist schnell erreicht, auch wenn der Film trotz Stimmungsflaute Spannung aufbaut. Und warum schauen sie so finster drein, begeben sich ins klischeehafte Handeln von B-Movie-Gestalten, halten sich dafür gegenseitig gefühlte Ewigkeiten mit dicken Pistolen in Schach oder legen alle Waffen ab, um den Gegner mit bloßer Hand zu erlegen? Weil die Horde von Keitel (Georg Friedrich, „Sommer in Orange“ und aktuell „Über-Ich und Du“) angeführt wird, einem Gangsterboss im Morgenmantel mit Wiener Schmäh, der sich mit seinen zehn Mann gegen Erik in der Unterzahl wähnt. Georg Friedrich macht Spaß, aber sein Part ist ein unpassender Komödienanteil. Ist das schon der Komödienanteil? Oder gehören der russische Geisterheiler (Jürgen Holtz) und Frau Saurion (Valery Tscheplanowa) auch dazu? Und das effektheischend pseudoskurrile Filmplakat? Man weiß es nicht.
Den Darstellern wird insgesamt kein reichhaltiges Mimenspiel abverlangt. Jürgen Vogel und Moritz Bleibtreu geben ihre Rollen in der richtungslosen Inszenierung Kraft. Die Figuren um Erik und Henry sind aufgeschnitten unsinnig und das ganze Ensemble schwimmt dem Abspann entgegen, begleitet von dem nach einiger Zeit nur noch nervigen Synthi-Pop-Score.
Gut gesetzt ist der Einstieg in die Vergangenheit von Erik mit der einfallsreichen Auflösung, aber auch hier ist es wieder nur ein längerer guter Moment im Zerrissenen. Daher kann der Vergleich mit dem konzeptionell meisterlich gelungenen „Fight Club“ weggelassen werden. Und Sven Budelmann, der als Cutter erheblich besseren Filmen wie „Goethe“, „Nordwand“ und „Der Medicus“ den Feinschliff gegeben hat, kommt mit dem Bilderscherbenhaufen „Stereo“ nicht zurecht.
Dass dieser deutsche Genre-Film nicht funktioniert, liegt leider nicht nur am Geld.
„Stereo“ ist ein unausgegorener, unrhythmischer Konfettiregen, der am Kinogänger vorbeifallen sollte.