Innerhalb weniger Wochen kommen im Sommer 2015 gleich zwei Filme iranischer Regisseure in die deutschen Kinos, die in ihrer Heimat mit einem Berufsverbot belegt sind. Auf Jafar Panahis auf der Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichneten „Taxi Teheran“ folgt Mohammad Rasoulofs „Manuscripts Don’t Burn“. Während Panahi mit seiner halb echten, halb vorgetäuschten Dokumentation einen gewitzten Weg fand, um indirekt die Zustände in seinem Land zu kritisieren, geht Rasoulof („Auf Wiedersehen“) das Regime ganz frontal an und zeigt in seinem auf wahren Begebenheiten basierenden Thrillerdrama ganz unverblümt, dass kritische Intellektuelle im Iran mit Folter und Ermordung rechnen müssen: ein aufrüttelnder Film, dessen emotionaler Wucht man sich kaum entziehen kann.
Morteza und Khosrow müssen als kleine Handlanger der iranischen Geheimpolizei die Drecksarbeit erledigen. Aktuell sollen sie das Manuskript - inklusive zweier Kopien - der Memoiren des Schriftstellers Kasra in ihren Besitz bringen, die brisante Informationen zu einem versuchten Anschlag auf iranische Intellektuelle enthalten. Während Khosrow mit abgestumpfter Routine agiert, ist Morteza abgelenkt: Sein todkranker Sohn muss dringend operiert werden. Doch der besorgte Vater hat kein Geld, da er noch auf die verspätete Lohnzahlung wartet. Solche für einen Genrefilm ungewöhnlichen Details verstärken nicht bloß die Spannung, sondern auch den Realismus von „Manuscripts Don't Burn“. Zusammen mit den fast dokumentarisch nüchternen Bildern und den durchgehend ausgezeichneten, präzisen Schauspielleistungen verleihen sie dem Film eine besondere Authentizität.
Gerade durch den Verzicht auf jede Effekthascherei wird die kaltschnäuzige Berechnung und die Unerbittlichkeit des iranischen Regimes deutlich, die in einem erschreckenden Kontrast zur täuschenden Normalität des Alltags steht. Wenn die Killer zwischen zwei Aufträgen einfach mal einen Tee trinken oder eine in einer Wohnung mitgenommene Wäscheklammer zum Mordinstrument umfunktionieren, dann kommt einem unweigerlich das Wort von der Banalität des Bösen in den Sinn. Es ist kaum zu glauben, dass der Film überwiegend direkt im Iran gedreht wurde. Kein Wunder hingegen, dass am Ende statt eines Abspanns nur eine schwarze Leinwand zu sehen ist: Die Namen von Cast und Crew sollen aus ebenso naheliegenden wie bedauerlichen Gründen geheim bleiben.
Fazit: Das spannende Thrillerdrama „Manuscript Don’t Burn“ zeigt auf niederschmetternde Weise, dass Regimekritiker im Iran nichts zu lachen haben