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    Erlöse uns von dem Bösen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Erlöse uns von dem Bösen
    Von Carsten Baumgardt

    Ralph Sarchie hat in seiner fast 20-jährigen Karriere beim New York Police Department mehr gesehen und erlebt als die meisten seiner Cop-Kollegen. Was ihn aber wirklich von den anderen Polizisten unterscheidet, ist sein Zweitjob, denn nach Dienstschluss wurde aus Sarchie ein Dämonologe, der rund 20 Exorzismen beiwohnte. Montags war er außerdem regelmäßig bei Ed und Lorraine Warren in Connecticut zu Gast, mit dem berühmten aufs Paranormale spezialisierten Paar tauschte er sich über übernatürliche Phänomene aus. Und so wie die Warrens in James Wans Grusel-Meisterstück „Conjuring – Die Heimsuchung“ zu Kinofiguren wurden (nachdem einer ihrer Fälle bereits 1979 die Vorlage zum Horror-Klassiker „The Amityville Horror“ lieferte), finden nun auch Ralph Sarchie und seine Erlebnisse in der Welt des Paranormalen den Weg auf die große Leinwand. Bereits vor rund zehn Jahren erwarb Erfolgsproduzent Jerry Bruckheimer („Fluch der Karibik“) die Filmrechte an Sarchies Buch „Beware The Night“ von 2001, Regisseur Scott Derrickson verarbeitet die Vorlage nun zum Mystery-Großstadt-Thriller „Erlöse uns von dem Bösen“ - einer ebenso düster-wilden wie durchschnittlichen Mischung aus knallhartem Cop-Film, kruder Horror-Mär und paranormalem Reißer ohne große Überraschungen.

    Ralph Sarchie (Eric Bana) ist einer von New Yorks hartgesottensten Cops und bietet dem Verbrechen in der berüchtigten südlichen Bronx die Stirn. Sein jüngerer Partner Butler (Joel McHale), ein echter Adrenalinjunkie, vertraut der Spürnase des erfahrenen Kollegen, die immer anschlägt, wenn Ärger droht und Fäuste fliegen dürfen. Bei drei merkwürdigen Fällen scheint es einen Zusammenhang zu geben, die Indizien führen zurück zu einem Soldateneinsatz im Irak: Ausgangspunkt ist ein tobender Ehemann (Chris Coy), der auf seine Frau losgeht, aber auch der Fall einer Mutter (Olivia Horton), die ihr zweijähriges Kind in einen Löwenkäfig im Bronx-Zoo wirft, und ein dämonisch maskierter Anstreicher namens Santino (Sean Harris) geben der Polizei Rätsel auf. Als sich der Priester Mendoza (Edgar Ramirez) in die Ermittlungen einmischt, ist Sarchie skeptisch, schließlich ist der Geistliche Spezialist für Exorzismen. Doch dann beginnt Sarchie, paranormale Phänomen wahrzunehmen, während sich Ehefrau Jen (Olivia Munn) und Tochter Christiana (Lulu Wilson) immer mehr vernachlässigt fühlen.

    Eine Doppeltätigkeit als Cop und als Dämonologe ist alles andere als alltäglich. Wie es zu dieser außergewöhnlichen Konstellation kam, erzählt Horror-Spezialist Scott Derrickson („Der Exorzismus der Emily Rose“, „Sinister“) in „Erlöse uns von dem Bösen“. Gemessen an dieser hochinteressanten Ausgangslage gerät der Film allerdings zu konventionell und berechenbar, denn die Dramaturgie ist auf äußere Spannung ausgerichtet und der Regisseur setzt fast ausschließlich auf Tricks und Kniffe aus der Horror-Mottenkiste: mysteriös versagende Taschenlampen, plötzlich irgendwo hervorhuschende Katzen, knarrende Türen und dem Genrekenner ähnlich vertraute Dinge. So laufen viele der routiniert (und durchaus blutig) inszenierten Schockmomente ins Leere. Punkten kann „Erlöse uns von dem Bösen“ weniger mit solchen altbekannten Mustern, als vielmehr mit der konsequent düsteren Atmosphäre. Kaum einmal gönnt Derrickson seinem Publikum einen Strahl Tageslicht, auch die (Sint-)Fluten, die aus dem Himmel herniederprasseln, nehmen kein Ende. Tatsächlich furchteinflößend ist dabei immerhin Sean Harris („Prometheus“) als vom Teufel besessener Anstreicher, der wie ein Phantom durch den Film huscht und eine beängstigende Präsenz entwickelt. Und nebenbei wird hier auch noch die Frage beantwortet, ob man Katzen tatsächlich kreuzigen kann – falls sich das jemand einmal gefragt haben sollte.

    „Erlöse uns von dem Bösen“ wurde ursprünglich für Mark Wahlberg geschrieben, ehe Eric Bana („Star Trek“, „München“) den „Transformers 4“-Star ersetzte - eine solide Wahl. Der Australier verkörpert glaubhaft den harten Macker mit weichem Kern. Sein Sarchie verliert die Sympathien des Publikums auch dann nicht, wenn die Familie mal zu kurz kommt, schließlich hat er im Kampf gegen einen patenten Dämon gerade ganz andere Probleme. Immer wenn jedoch Edgar Ramirez (grandios in „Carlos – Der Schakal“) an seiner Seite erscheint, herrscht akute Szenendiebstahlgefahr: Der Venezolaner geht in seiner Rolle als ehemaliger Drogenfreak/zupackender Priester/Jack-Daniels-Trinker/kompetenter Teufelsaustreiber förmlich auf, so dass die Figur auch beim zunehmenden Hokuspokus im späteren Verlauf der Handlung nicht lächerlich wirkt. Bana und Ramirez bilden ein gutes Buddy-Team, dazu machen Nebendarsteller wie „The Newsroom“-Schönheit Olivia Munn („Magic Mike“) als besorgte Ehefrau oder Joel McHale („Community“) als Sarchies treuer Partner Butler das Beste aus ihren wenig ergiebigen Rollen.

    Während die Darsteller letztlich das Versinken des Films in den Niederungen des Horror-Humbugs verhindern, sind die ständigen Verweise auf The Doors und ihre Musik kontraproduktiv. Nicht falsch verstehen, die Doors sind die großartigste Rockband der Welt (jedenfalls nach Meinung des Autors dieser Zeilen), aber die legendäre Combo wird hier mehr missbraucht als geehrt. Der Schwelle zwischen der Welt des Irdischen und der Sphäre der Dämonen ausgerechnet mit dem Doors-Hit „Break On Through (To the Other Side)“ ein musikalisches Leitmotiv zu geben, ist derb platt. Ähnlich unsubtil werden immer wieder auch andere Songs der Band („People Are Strange“, „Riders On the Storm“) eingeflochten oder es wird aus einem vertonten Gedicht zitiert („Is everybody in? The ceremony is about to begin“ aus „Celebration of the Lizard“). Und zu guter Letzt ist Edgar Ramirez in seiner Rolle als Exorzist Mendoza auch noch so hergerichtet, dass er Doors-Leadsänger Jim Morrison zum Verwechseln ähnlich sieht! Grenzgänger waren die Doors immer, aber mit dem Thema Teufelsaustreibung hat die Band nichts am Hut. So wirkt dieses erzählerische Extra arg bemüht und aufgesetzt. Warum der ganze Budenzauber hier über die Bühne geht und welche Motivation den Höllenmann antreibt, bleibt nebulös: Die Spur führt zurück in den Irak, zur Quelle allen Übels…

    Fazit: Scott Derricksons kruder Genre-Mix „Erlöse uns von dem Bösen“ ist thematisch und atmosphärisch irgendwo zwischen den Meisterwerken „Sieben“ und „Der Exorzist“ angesiedelt, ohne deren Klasse auch nur annähernd zu erreichen. Die gute Besetzung und die konsequent düstere Stimmung halten das Interesse an dem durchschaubaren Mystery-Thriller aufrecht.

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