Über Sinn und Unsinn, Erfolg oder Misserfolg von Remakes erfolgreicher Stoffe aus der Vergangenheit ist schon episch diskutiert worden. Im Kern geht es jedoch immer darum, was die neue Version an frischen Ideen und Interpretationen hinzufügt. An dieser Stelle wird es für Regisseur Antoine Fuqua und seine Neuauflage des Western-Klassikers „Die glorreichen Sieben“ zunächst einmal heikel, weil der Action-Spezialist mit seinem 2016er Werk inhaltlich außer der ethnischen Neuorientierung einiger Figuren und einer Verlegung der Geschichte in den amerikanischen Wilden Westen kaum markante Veränderungen im Gepäck hat. Aber – und das ist die gute Nachricht - „Die glorreichen Sieben“ ist trotzdem extrem unterhaltsam und überzeugt als brutal-kompromissloser Männerfilm, bei dem die charismatischen Stars, die knalligen Bilder und die schiere Wucht der Inszenierung die bekannte Handlung schlicht überstrahlen!
1879: Der brutale Geschäftsmann und Räuberbaron Bartholomew Bogue (Peter Sarsgaard) expandiert im Wilden Westen mit eiserner Faust. Als er das Kaff Rose Creek übernehmen will, um die anliegenden Goldminen auszubeuten, bietet er den Bewohnern lediglich einen Spottpreis für ihr Land und droht, den Verkauf mit Gewalt zu erzwingen. Die Witwe Emma Cullen (Hayley Bennett), deren Mann Matthew (Matt Bomer) von Bogues Handlangern erschossen wurde, führt den Widerstand der Farmer an und engagiert für gutes Geld den smarten Kopfgeldjäger Sam Chisolm (Denzel Washington), der eine schillernde Söldner-Truppe zur Verteidigung zusammenstellt: Der trinkende Spieler und Frauenheld Josh Farraday (Chris Pratt), die undurchsichtige Scharfschützenlegende Goodnight Robicheaux (Ethan Hawke), der alternde Fährtenleser Jack Horne (Vincent D'Onofrio), der schweigsame Indianerkrieger Red Harvest (Martin Sensmeier), der gefährliche mexikanische Gesetzlose Vasquez (Manuel Garcia-Rulfo) und der messerschwingende Attentäter Billy Rocks (Byung-Hun Lee) schließen sich ihm an.
Antoine Fuquas Film basiert laut Vorspann auf Akira Kurosawas Meisterwerk „Die sieben Samurai“ (1954), hat aber schon allein durch das Genre und das Setting mehr mit dessen erstem Western-Remake von 1960 zu tun, was auch der gemeinsame Titel „Die glorreichen Sieben“ unterstreicht. Die Prämisse eines von einem Gangster-Tycoon überfallenen Dorfes mit ihren gepeinigten Bewohnern teilen indes alle drei Filme ebenso wie das Grundgerüst der Handlung. Bei der Zusammenstellung der sieben Glorreichen (die diese Bezeichnung bei Antritt ihres Auftragsjobs kaum verdienen) geht Fuqua („Shooter“, „Olympus Has Fallen“) allerdings einen anderen Weg als seine Vorgänger und setzt auf ethnische Diversität (zu den Sieben gehören unter anderem ein Schwarzer, ein Ire, ein Indianer, ein Franzose und ein Mexikaner). Was sich wie ein zeittypischer Marketingkniff anhört, erweist sich dabei als historisch durchaus fundiert, denn um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert waren etwa schwarze Cowboys nicht so ungewöhnlich wie uns die Filmgeschichte das suggeriert.
Die unterschiedlichen Hautfarben der Protagonisten spielen letztlich keine so entscheidende Rolle, aber dennoch ist es die extreme Verschiedenheit der einzelnen sehr gut ausgewählten Typen, die das Geschehen belebt und befeuert. Regisseur Fuqua konzentriert sich in den gut zwei Stunden Spielzeit vor allem auf seinen Leibschauspieler Denzel Washington („Training Day“, „The Equalizer“) und auf Popcornkino-Superstar Chris Pratt („Jurassic World“, „Guardians Of The Galaxy“) – und beide liefern die volle Dosis Starpower! Washington beherrscht mit seiner Präsenz jede Szene und er macht aus dem eleganten, ganz in schwarz gewandetem Sam Chisolm einen gewohnt charismatischen Protagonisten. Er ist der Taktgeber des Films, doch Chris Pratt ist fast ebenso wichtig, weil er dem ernsten Stoff eine gewisse Leichtigkeit und Witz verleiht. Sein Josh Faraday ist ein unverbesserlicher Säufer und Spieler, auf den man aber zählen kann, wenn es darauf ankommt.
Der Rest der ungewöhnlichen Truppe steht spürbar im Schatten der beiden Stars. Schon bei Ethan Hawke („Boyhood“, „Gattaca“) als Nummer 3 im Bunde werden Leinwandzeit und Charakterzeichnung merklich zurückgefahren, wobei sein Scharfschütze Goodnight Robicheaux vergleichsweise düster angelegt ist. Die weiteren vier Glorreichen haben den Status von Sidekicks, die für einzelne Szenen in den Vordergrund treten. Die Mischung stimmt jedoch: Vincent D'Onofrio („Men In Black“, „Full Metal Jacket“) hinterlässt als ruppiger Fallensteller und Fährtenleser den stärksten Eindruck, während Martin Sensmeier als Indianer, Manuel Garcia-Rulfo („Cake“) als Outlaw und der Koreaner Byung-Hun Lee („I Saw The Devil“) als Robicheaux‘ Leibwächter und Killer nicht allzu viel Gelegenheit haben, sich zu profilieren. Ähnliches gilt auch für Peter Sarsgaard („Garden State“), der den finsteren Erzbösewicht Bogue konsequent over the top spielt, aber nach einem prägnanten Antrittsbesuch sehr lange gar nicht zu sehen ist.
Die Schwächen von „Die glorreichen Sieben“ liegen unübersehbar auf der inhaltlichen Ebene. Die Figuren durchlaufen nach ihrer packenden Einführung kaum eine spürbare Entwicklung und auch sonst fehlt dem Action-Western vor allem im Mittelteil, in dem es fast ausschließlich darum geht, dass sich Chisolms Bande auf die entscheidende Schlacht mit Bogues Schergen vorbereitet, die erzählerische Substanz. So haben die wortkargen Dialoge oft fast schon den Charakter von Onelinern (Emma Cullen nach ihren Motiven befragt: „I seek righteousness, but I’ll take revenge!”), hinter deren knalliger Eingängigkeit sich nur selten ernsthaft eine tiefere Bedeutung verbirgt. Dafür ist der Erzählton der 95-Million-Dollar-Produktion erfrischend ungehobelt: Es wird geraucht, gesoffen, in der Gegend herumgeballert und nicht allzu viel Wert auf politische Korrektheit gelegt. Antoine Fuqua inszeniert das alles überdies sehr selbstbewusst und präsentiert uns mit breitbeinigem Cowboy-Gestus alter Schule einen Hochglanz-Western des 21. Jahrhunderts. Visuell ist der Film durchweg eine Pracht (Ausstattung, Licht und Landschaft sind ein Augenschmaus), dazu serviert der Filmemacher besonders am Anfang und im martialischen Finale einige furios-virtuose Regiekabinettstückchen.
Der Showdown besitzt in Länge, Aufwand und Unterhaltungswert bestes 2016er-Blockbusterformat: Antoine Fuqua bietet mehr als 30 Minuten Dauerfeuer-Action voller Schießereien, Explosionen und spektakulärer Stunts – so etwas wie „The Fast And The Furious“ mit Pferden statt mit Autos. Und nicht nur optisch, sondern auch akustisch ist „Die glorreichen Sieben“ eine Wucht: Ohrwurm-Maestro James Horner („Titanic“, „Aliens“), der 2015 vor dem Dreh bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, hatte nach der Zusammenarbeit mit Fuqua beim Boxer-Drama „Southpaw“ bereits heimlich nach der Lektüre des Drehbuchs an „Die glorreichen Sieben“ gearbeitet. Dem Regisseur gefiel das Material, das er aus Horners Nachlass erhielt so gut, dass er es verwendete und von Simon Franglen nur noch ergänzen ließ. In der dynamischen Musik (der Höhepunkt: ein markantes Trompetenmotiv, das die bedrohliche Stimmung verstärkt und sich dabei unwiderstehlich in den Gehörgängen festsetzt) klingt natürlich auch Elmer Bernsteins berühmtes Titelthema von John Sturges‘ 1960er Film an, das dann im Abspann in voller Pracht ertönt.
Fazit: Antoine Fuquas Neuinterpretation von „Die glorreichen Sieben“ ist ein klassischer Western im modernen Action-Gewand - mit inhaltlichen Schwächen, aber sehr griffig und unglaublich physisch inszeniert.