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    Die Mumie
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Die Mumie
    Von Andreas Staben

    Nach dem altehrwürdigen Universal-Globus zu Beginn folgt noch ein weiteres Logo, in düsteren Tönen gehalten: Dark Universe! Das ist der erst wenige Wochen vor dem Start von „Die Mumie“ offiziell bekanntgegebene Name für jenes von den Monsterfilmklassikern aus den eigenen Archiven inspirierte Erzähluniversum, mit dem Universal nun den erfolgreichen „Weltenbauern“ bei der Konkurrenz nacheifern will. Anders als die Strategen hinter „Star Wars“ oder den großen Comic-Universen haben sich die Monster-Macher mit der Bekanntgabe von Details zu weiteren Filmen bisher allerdings recht bedeckt gehalten – so soll es eine Neuauflage von „Frankensteins Braut“ geben (mit Javier Bardem als das Monster) und einen „Jekyll And Hyde“-Film (immerhin wird dessen von Russell Crowe gespielte Titelfigur schon in „Die Mumie“ eingeführt“), dazu sind Kino-Comebacks des Unsichtbaren, des Wolfsmenschen, des Phantoms der Oper, des Schreckens vom Amazonas, des Glöckners von Notre Dame und von Van Helsing angedacht. Ein Masterplan lässt sich da (noch) nicht erkennen und auch das von Alex Kurtzman (als Autor auch schon am „Star Trek“-Reboot beteiligt) handwerklich solide, aber ohne jeden Anflug von Inspiration inszenierte Monster-Horror-Action-Abenteuer „Die Mumie“ liefert nur wenige Hinweise darauf, wie es weitergehen könnte. Mit dem halbgaren Todesfluch-Hokuspokus stolpert sich Universal eher ins Dark Universe, als dass es direkt ein neugierig machendes Ausrufezeichen setzen würde.

    Im alten Ägypten kann es die Pharaotochter Ahmanet (Sofia Boutella, „Kingsman“) kaum erwarten, das Erbe ihres unermesslich reichen und mächtigen Vaters anzutreten, doch dann macht die Geburt eines kleinen Bruders der Prinzessin einen Strich durch die Rechnung. In blinder Wut geht sie ein Bündnis mit dem Todesgott Set ein und bringt ihre Familie um. Doch gerade als sie dem göttlichen Verbündeten eine menschliche Hülle verschaffen will, wird sie aufgehalten und lebendig mumifiziert. In der Gegenwart nutzt der Abenteurer und Opportunist Nick Morton (Tom Cruise) die unübersichtliche Situation im kriegsgeschüttelten Irak, um sich wertvolle Antiquitäten unter den Nagel zu reißen. Als bei einem amerikanischen Luftangriff eine alte Grabstätte freigelegt wird, wollen Nick, sein Kumpel Chris Vail (Jake Johnson) und die Wissenschaftlerin Jenny Halsey (Annabelle Wallis) den Sarkophag nach England bringen, doch wie sich herausstellt, hat Nick bei der Bergung Ahmanet aus ihrem Gefängnis befreit und damit bedrohliche Kräfte freigesetzt …

    Eine Welt von Göttern und Monstern“ wurde schon in James Whales Klassiker „Frankensteins Braut“ von 1935 beschworen – ein Zitat, an das uns hier Russell Crowe als Dr. Jekyll erinnert und das auch als Motto des Dark Universe dienen könnte, wie es uns in „Die Mumie“ offenbart wird. Einleitend heißt es, dass der Tod nur die Schwelle zu neuem Leben sei. Und in kurzen Momenten zeigt Sofia Boutellas Prinzessin/Mumie eine Macht- und Lebensgier, die erahnen lässt, welche Verheißung und welche Anmaßung in diesem Satz stecken. Ansonsten wird das dramatische Potenzial (vom philosophischen ganz zu schweigen) dieser Prämisse allerdings kaum genutzt, vielmehr scheint sie der Vorwand für einen recht nonchalanten erzählerischen Umgang mit Leben und Tod zu sein. Da ist ein fataler Flugzeugcrash nichts Endgültiges, man kann jemanden drei Mal erschießen und bei jeder Gelegenheit blutrünstige Untote ins Feld schicken, als seien wir hier bei „The Walking Dead“ – ganz egal, ob es sich um Kreuzritter, altägyptische Wachen oder heutige Polizisten handelt. Diese Zombie-Attacken mögen genauso wie die Vogelangriffe (wenn sie durchs Cockpitfenster des Flugzeugs krachen, dann kommt das gute 3D voll zur Geltung) sowie die ganzen Ratten und Spinnen, die über Cruise und Co. herfallen, oft ein wenig willkürlich daherkommen, aber sie gehören neben einem „Scherbenregen“ im Museum zu den visuellen Höhepunkten dieses Films, dem man sein 125-Millionen-Dollar-Budget durchaus ansieht.

    Mit dem altmodischen Grusel von Karl Freunds 1932er-Klassiker mit Boris Karloff hat diese neue „Mumie“ nichts mehr zu tun, aber auch von dem augenzwinkernden Humor der Neuauflage mit Brendan Fraser von 1999 ist Alex Kurtzmans Film meilenweit entfernt. Zwar gibt es immer wieder Versuche, das ernste Geschehen etwas aufzulockern, aber diese verpuffen oder irritieren gar. So sind die Kabbeleien zwischen Nick und Jenny alles andere als geistreich (nach ihrer gemeinsamen Nacht spricht sie von „15 Sekunden Spaß“, was er mehrere Szenen später noch richtigstellen will) und dass zwischen ihnen so etwas wie gegenseitige Anziehung oder Sympathie besteht, bleibt bis zur Schlusswendung reine Behauptung. Das liegt auch daran, dass Annabelle Wallis eine ganz und gar eindimensionale Frauenfigur ohne jede erzählerische Eigenständigkeit spielen muss, die sich immer wieder um den Finger wickeln und hinters Licht führen lässt, und dass Tom Cruise kaum Gelegenheit erhält, seinen fast schon sprichwörtlichen Charme spielen zu lassen, dafür ist Nick viel zu egoistisch – und das auf völlig uninteressante Weise. Als krasse Fehlkalkulation erweist sich auch Jake Johnsons Sidekick Chris Vail, der sich vom Lieferanten mittelmäßiger Oneliner zur untoten Pseudo-Witzfigur mit offensichtlichen Gedächtnislücken wandelt.

    In „Die Mumie“ geht es letztlich einmal mehr um den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse, einem Kampf, dem sich auch Dr. Jekylls Geheimorganisation Prodigium verschrieben hat (und die eine der Konstanten im Dark Universe werden könnte). Die Verlagerung der Haupthandlung in die Gegenwart gibt dabei die Gelegenheit zu einer beeindruckenden Flugzeugabsturzsequenz, aber abgesehen von einem überraschend boshaft eingesetzten Verweis auf die Zerstörung von Kunst- und Kulturschätzen durch den sogenannten Islamischen Staat und einer Zerstörungsorgie in Londons Straßen, die flaue Gefühle auslösen könnte, ist der Film ähnlich zeitlos wie Tom Cruise alterslos zu sein scheint – umso kurioser wirkt da eine der Schlusswendungen des Films, die tatsächlich Lust macht auf eine entsprechende Fortsetzung. Die größte Hoffnung knüpft sich aber an Russell Crowe („Gladiator“) und seinen Dr. Jekyll: Das ist hier nämlich die einzige Figur, in der echtes Leben und ein nachfühlbarer Konflikt steckt - selbst ihre kaum mehr als angedeutete Verwandlung in Mr. Hyde übertrifft den Großteil des restlichen Films an Ausdruckskraft und Emotionen.

    Fazit: Als Neuauflage von „Die Mumie“ ist Alex Kurtzmans Film überaus mittelmäßig, als Auftakt zum neuen Universal-Monsterfilmuniversum weckt er zumindest ein paar leise Hoffnungen für die Zukunft.

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