Die hilfreichsten KritikenNeueste KritikenUser mit den meisten KritikenUser mit den meisten Followern
Filtern nach:
Alle
Fernseh-Kai
4 Follower
128 Kritiken
User folgen
1,5
Veröffentlicht am 27. Juli 2023
Joa, der Film ist nicht direkt schlecht, die positive Rezension von Filmstarts kann ich aber nicht teilen... Die Paranoia des Protagonisten ist schon ganz gut und schauspielerisch glaubhaft dargestellt, kommt aber irgendwie zu schnell und zu plötzlich und zu extrem. Dafür, dass diese Entwicklung vom Normalo zum totalen psychischen Wrack, eben so schnell abläuft, wird die Spannungskurve jedoch erstaunlich niedrig gehalten. Wirklich aufregend oder spannend ist der Film zu keinem Zeitpunkt, es gibt drei, vier dramatische Szenen, die sind ganz okay, aber das war's dann auch schon wieder.
Insgesamt ist mir der Film zu lahm und bedächtig, wenngleich mir das Thema an sich schon gut gefällt und auch gecatcht hat.
Aber, und jetzt kommt's. was den Film trotz aller positiven Momente wirklich praktisch unanschaubar macht, ist dieses viel, viel zu häufig eingesetzte Baby-Geschrei! Das ist unfassbar nervig und killt jeglich Atmosphäre schlagartig. Das ist sowas von unnötig, sinnlos und anstrengend, dass ich den Film streckenweise stumm schalten musste.
Eine in der ca. ersten Hälfte interessante Hauptfigur in ihrem Glasgow-Slum-Umfeld und der dann schon fragwürdig "übernatürliche" und so eher lahme Bösewicht-Part halten sich die Waage - und den Film insgesamt fern von Schrott und Genrehit.
Diese kleine Perle lässt sich, nicht zu Unrecht, mit "Heartless" vergleichen, was die Ausgangsidee und Machart angeht - und die unfairen Kritiken, die diese beiden Filme schlechter machen als sie sind! Aus dem Stehgreif würde ich sagen, dass dieser auch einen Hauch besser ist, einfach weil er komplexer in der Darstellung des Ganzen ist (was man "Heartless" andererseits aber auch als Kritikpunkt anrechnen kann, weil dieser zu viel will). "Citadel" ist kleiner, schafft aber eine ebenso kalte, unglaublich düstere Atmosphäre zu vermitteln - fast sogar besser als der Konkurrent, kann man nun wieder hier sagen. Der Film ist zu Anfang tatsächlich mehr eine Art Drama, in dem der Hauptdarsteller kongenial seine verlorene Rolle verkörpert. Ein junger, angsterfüllter Vater ist zudem eine wesentlich interessantere Figur als die üblichen besoffenen Teenies, die man einem in Horrorfilmen immer wieder vor die Füße wirft. Den Charakter Tommy begleitend, fühlt und leidet man mit ihm. Vieles, was manchem an der Inszenierung übertrieben erscheint (z.B. die sehr üblen Busfahrer), könnten auch nur aus seiner Sicht so wirken. Das soll ja auch so sein: Wir sehen die Handlung aus seinen Augen. Zum Finale hin wird der Film tatsächlich ein reinrassiger was das Genre angeht. Aber auch das fand ich eigentlich ganz erfrischend, weil es a) dem eher öden Stilmittel: Einbildung durch Hauptfigur entgeht, und b) sich so auch ein dezent politischer Kommentar formulieren lässt. Es spielt zwar nicht in London, aber in GB ingesamt war Jugendkriminalität immer ein großes Thema und findet hier eine düstere Überhöhung. Meiner Meinung nach liegt genau darin der Clou und Mut des Films: Die Feinde sind etwas Dämonisches oder Infektizöses, völlig egal. In jedem Fall sind die sozialen Spannungen auch für ihr Dasein verantwortlich. Doch man muss sich dem Dunklen stellen. Es ist eigentlich eine bitterböse Lösung, weil hier "nur" ein Gebäude gesprengt wird, und sich niemand von den Behörden für so etwas bereiterklärt hätte - obwohl diese auch zugelassen haben, dass so ein Übel entsteht! Selbst wenn einem das moralisch nicht gefallen mag, finde ich es, wie gesagt, mutiger den Film so aufzulösen. Eine Sozialkritik, der finsteren, nicht empörenden Art. Die Schwächen des Films liegen letztlich sicher in mancher Vorherhsehbarkeit was die Schockeffekte angeht (allerdings: Sie sind durchaus noch gut, definitiv nicht anderen Horrorfilmen hinterherhinkend) sowie tatsächlich der eher zügige, zu klare Showdown. Manch fehlender Hintergrund wäre vielleicht auch noch ganz interessant gewesen. Fazit: "Citadel" ist beiweitem nicht einfach ein Abklatsch von "Heartless", sondern ein eigenständiges, finsteres Horrordrama. Die Stärke ist aber, wie bei der Konkurrenz, einen Charakter, mit dem man mitfühlt und mitleidet, sowie ein verdeckter Sozialkommentar. Einige Schliffe und längere Laufzeit mehr und das Ding könnte noch besser sein.