„Finsterworld“ ist der erste Langfilm von Frauke Finsterwalder. Mit ihrem Ehemann, dem Schweizer Schriftsteller Christian Kracht, hat sie das Drehbuch geschrieben.
In Episoden, die mehr oder weniger ineinandergreifen, werden Menschen mit mehr oder weniger eigenartigen Verhaltensweisen und Neigungen gezeigt. Der Betrachter sieht jeweils einen relativ kurzen Ausschnitt aus deren Leben, der für einige von ihnen vor dem Abspann mit einem entscheidenden Zwischenstopp endet.
Der Titel „Finsterworld“ klingt eigenartig persönlich in Bezug auf den Namen der Regisseurin. Dessen Einblendung erzeugt den ersten Schmunzler in dem finsteren Raum mit der Leinwand.
Der Zuschauer darf sich danach mit seinen Blicken im Gebotenen aalen, das aus einer stets sonnengefluteten Umwelt besteht, in der sich nur die an den Handlungssträngen beteiligten Figuren bewegen. Fremde Leute oder Fahrzeuge erscheinen nicht in der Finsterworld. Die Dunkelheit steckt in dem, was die Menschen in ihrer eigenen Welt verbergen, zu verbergen versuchen, auch offenbaren möchten, auf Unverständnis stoßen, und dies nicht immer. Dazu gesellt sich Ignoranz und Überheblichkeit. Die meisten Figuren sind im Auftreten und in ihren Dialogen überzeichnet, aber nie zur Unmöglichkeit. Es ist deren massives, isoliertes Auftreten in 96 Filmminuten, das im Saal zum Kopfschütteln wie zum Schmunzeln anregt und Neugier weckt, denn nun darf in finstere Welten geschaut werden. Eine gleichmäßige Bildführung bringt Homogenität ins gefilmte Reich der Eigenheiten. Die Kamera bleibt stets in den Szenen, bis die sich entwickelnden Emotionen ein Maß haben, welches dem Beobachter zeigt, dass nur scheinbar Unwirkliches geschieht und nur ein Brocken aus der Welt der Menschheit gezeigt werden kann. Dies alles vermag „Finsterworld“ auszudrücken, untermalt mit leicht schräger, passend gewählter Musik. Was passiert als nächstes? Was steigert sich wohin? Um diese Fragen zu beantworten, sind die Episoden geschickt geschnitten miteinander verhängt. Die gebotenen schauspielerischen Leistungen unterstützen die Darstellung des Episodenwerks mit einem Niveau ohne Ausreißer in der Welt der Befremdlichkeiten. Besonders stark ist Michael Maertens als sanfter Fußpfleger Claude, ebenso beeindruckend sind Ronald Zehrfeld als Polizist und Anhänger der Furry-Bewegung sowie Corinna Harfouch als nach außen impertinente Ellenbogenfrau mit Leuchtkraft.
Ein außergewöhnliches Werk, ein außergewöhnlich gelungenes Werk mit einem hingebungsvollen Ensemble. Man hätte stundenlang weiterschauen können.