Die Abenteuer des schwächlich blechernen Ritters Rost, der seine Feigheit hinter eitlen Prahlereien zu verstecken sucht, haben bereits eine ganze Generation von Kindern inklusive ihrer Eltern begeistert und finden jetzt überraschend spät ihren längst vorgezeichneten Weg ins Kino. Die Erfolgsgeschichte um die reitende Registrierkasse, das furchtlose Burgfräulein Bö und den vorlauten Drachen Koks begann schon 1999, als das erste Buch mit CD über den ängstlichen Ritter erschien, der von Jörg Hilbert und Felix Janosa als Musical-Hörspielheld erdacht wurde. Inzwischen gibt es zahlreiche Fortsetzungen, dazu DVDs mit Ritter-Rost-Musikvideos und sogar einen längeren (Fernseh-)Film („Ritter Rost – Ein vorbildliches Weihnachtsfest"), der allerdings noch zweidimensional daherkam. Für das erste Kinoabenteuer des rostigen Helden muss alles offenbar noch eine Nummer größer sein: An der aufwändigen 3D-Produktion „Ritter Rost" sind Hilbert und Janosa nicht als Autoren beteiligt und auch die bewährten Sprecher- und SängerInnen wurden durch prominentere Namen ersetzt. Und so hübsch dies auch alles anzusehen ist, fehlt diesem hochprofessionellen Kinderfilm unter der Regie von Thomas Bodenstein doch der anarchische Witz und Charme der Original-Geschichten.
Bei einem Turnier trägt Ritter Rost (Stimme: Rick Kavanian) überraschenderweise den Sieg gegen den arroganten Prinz Protz (Christoph Maria Herbst) davon, gerät jedoch in ernsthafte Schwierigkeiten, als sich herausstellt, dass sein eisernes Pferd Feuerstuhl mit einem gestohlenen Motor läuft. Zur Strafe bekommt der arme Rosti nicht nur den Rittertitel entzogen, sondern wird auch noch von Burgfräulein Bö (Carolin Kebekus) verlassen. Prinz Protz nutzt die Gunst der Stunde, um Bö auf seine Angeberburg zu locken, wo er das hübsche Fräulein zu seiner Königin machen will. Doch das ist nur ein Teil seines Plans, König von ganz Schrottland zu werden. Bevor das allerdings passieren kann, hat Ritter Rost zum ersten Mal Gelegenheit, wirklich Mut zu beweisen...
Der Handlungsverlauf von „Ritter Rost" ist vorhersehbar und wenig originell, aber daran stört sich das Zielpublikum – Kinder im Vor- und frühen Grundschulalter – noch kaum. Doch selbst den kleinsten Fans dürfte auffallen, dass dieser Kinofilm ganz anders aussieht als die Zeichnungen in den Büchern und in den aus der „Sendung mit der Maus" bekannten Geschichten. Die kantige Schrottoptik des Originals ist dem international gängigen Niedlichkeitskult gewichen. Kulleräugige rosa Henkeltässchen versprühen Babycharme, während zarte kleine Schraubenschlüssel mit süßen Kinderstimmchen säuseln. Diese gänzlich andere Ästhetik geht mit einer regelrechten Zähmung der Figuren einher, deren Ecken und Kanten höchstens angedeutet werden. Das üblicherweise so zerstörerische Wirken des Drachen Koks (Dustin Semmelrogge) - der in 3D gar nicht aussieht wie sein altes rotzfreches Ich, sondern eher wie Tabaluga - ist sogar völlig verschwunden. Auch die größten Stärken der alten Geschichten, die Lust am komischen Detail und der Hang zu ambitionierten Musikeinlagen mit intelligenten Texten, werden weitgehend geopfert. Zuviel deutscher Humor passte wohl nicht in eine Produktion, die so offensichtlich auf einen internationalen Markt ausgerichtet ist: Wegweiser und Schilder in Rostis 3D-Welt tragen keineswegs zufällig englische Beschriftungen.
Fazit: Das erste „Ritter Rost"-Kinoabenteuer ist ein aufwändig gestalteter, aber uninspirierter und auch musikalisch enttäuschender 3D-Animationsfilm, in dem der rostige Titelheld, Drache Koks und Burgfräulein Bö ganz ohne den komisch-kantigen Charme der Originalvorlage auskommen müssen.