„Queer“ ist tatsächlich mal wieder ein Film, den man mit nur einer Sichtung und ohne das nötige Hintergrundwissen, um die Romanvorlage von William S. Burroughs, definitiv nicht in seiner Gänze verstehen wird. Zu viel Symbolik findet sich darin und insbesondere in der zweiten Hälfte auch eine absolut unerwartete Richtung einschlägt.
Der Film spielt in Mexiko der 50er Jahre und erzählt die Geschichte von William Lee, dem alter Ego des Regisseurs. Dieser ist nach Mexiko geflüchtet um dort seiner Drogensucht nachgehen zu können, aber auch sexuelle Eroberungen zu verbuchen. Eines Tages begegnet ihm aber, der ebenfalls homosexuelle Eugene, in den er sich wahrlich verliebt.
Beachtlich ist zunächst was für eine Vita Regisseur Luca Guadagnino inzwischen vorzuweisen hat und wie viele Filme der Italiener jährlich veröffentlicht. Dabei ist sein Stil aber inzwischen unverkennbar und das obwohl die Filme „Call Me By Your Name“, „Suspiria“, „Bones & All“ oder „Challengers“ nicht unterschiedlicher sein könnten.
Auch „Queer“ ist wieder extrem stilsicher inszeniert und das Gefühl der Epoche fängt Guadagnino perfekt ein. Die Kulissen und Kameraarbeiten sind wie immer herausragend, der visuelle Stil greifbar und zu gleich wunderschön anzusehen. Wie üblich wird viel geschwitzt und die Figuren wirken dadurch stets authentisch und realistisch und im perfekten Kontrast zu den immer perfekt gestylten Körpern der modernen Filmindustrie, in dem Schweiß als etwas abstoßendes und unattraktives gilt. Zudem kann der Italiener wie kein Anderer Szenen noch erotisch und stilvoll inszenieren, vor allem wenn es in den sexuellen Bereich geht, in dessen Rahmen auch wieder nicht gespart wird nackte Körper in ihrer Gänze zu zeigen und dabei auch einmal die männlichen Geschlechtsteile zur Schau zu stellen, wo es im Kino doch üblich ist, dass bei Männern ab einem gewissen Punkt Schluss ist, wo man bei Frauen aber drauf hält.
Die Handlung verläuft tatsächlich eine ganze Zeit ziemlich linear und folgt Lee und dessen begehren gegenüber Eugen. Wichtig ist dies aber für die Beziehung und deren spätere Entwicklung, während durch ein wiederkehrendes Schachspiel, in dem Lee zwar Figuren aufstellt aber nie aktiv spielt, sondern einzig Eugen die Züge macht, ihre Beziehung verdeutlicht wird. Erst in der zweiten Hälfte wird dann das ganze aufgelöst in dessen Zentrum wundervolle Szenen entstehen, die auch sehr absurd werden können, gleichzeitig findet sich dort aber auch eine gewisse Schwäche des Films, da der Film hier zu viel auf Symbolik setzt, die ohne die Kenntnis des Romans nur schwer zu greifen ist und auch zuvor schon Bilder erzeugt, die durch den Kontext der Vorlage mehr Sinn macht. Hier hätte der Film aber doch klarer sein müssen. Dennoch mündet es in ein schönes Finale, das das Verständnis des Begriffs „Queer“, im Kontext der Zeit, doch zu einem realistischen Schlusspunkt bringt. Dennoch muss ich an der Stelle auch mal äußern, dass es dringend Zeit wird mehr queere Geschichten zu sehen, die nicht negativ enden, sondern auch mal eine positive Note mit sich bringt.
Herausragend ist aber auf jeden Fall das Schauspiel von Daniel Craig als William Lee. Als Kontrast zu seiner Bondrolle ist er hier endlich wieder in voller Spielfreude und gibt die beste Leistung seiner Karriere. Von der Mimik und Gestik, über seine Darstellung des Konsums von Drogen, seiner Stimme oder Lache, bis hin zu seinem auch sehr körperlichen Spiel in Sexszenen gibt er hier alles und ich hoffe auch, dass die erste Oscarnominierung endlich folgen wird.
Kurz: „Queer“ ist ein weiterer stilsicherer und wunderschön verschwitzter Film von Luca Guadagnino, der seine Stärken gekonnt ausspielt und mit Daniel Craig einen Tophauptdarsteller hat, die eine durchaus spannende Geschichte zu Tage führen, die voller Symbolik ist, aber gerade im letzten Akt doch ungewohnte Richtungen einschlägt, die ohne die Vorlage doch schwer zu greifen sind. Das trübt etwas das Bild, liefert aber immer noch einen starken Film, der am Ende sich klar vom Durchschnitt abhebt.