Im Grunde macht der Hamburger Autorenfilmer Ingo Hab („Neandertal") mit seiner kauzig-verschrobenen Vier-Generationen-Tragikomödie „Sohnemänner" vieles richtig. Sein Film ist mit Bedacht konzipiert, mit einem klaren Blick für die schrulligen Marotten seiner Figuren geschrieben, und überdies einfühlsam und mit zurückhaltendem Realismus inszeniert. Dass während der ermüdend langen, ungelenk-spröden 103 Minuten Spielzeit der berühmte Funke doch nicht so ganz überspringen will, liegt wohl daran, dass man das flüssige Erzähltempo und die inszenatorische Leichtigkeit eines gut gemachten Unterhaltungsfilms hier vergeblich sucht. Hinter dem bemüht mehrdeutigen Titel verbergen sich eine auf Skurrilität statt auf Glaubwürdigkeit setzende Figurengestaltung sowie arg konstruierte und überdies amateurhaft gespielte Dialog- und Handlungsszenen. Die Heimat-Komödie über familiäre Verantwortung ist damit fast so etwas wie ein Musterbeispiel des uninspiriert-konventionellen Filmemachens im bescheidenen Rahmen.
Der 65-jährige Edgar (Péter Franke) ist außer sich: Wo ist denn bloß seine „Muddi", die 83-jährige Hilde (Renate Delfs), geblieben? Bei seiner allwöchentlichen Stippvisite im Altersheim trifft der ehemalige Türsteher nur auf einige ahnungslose Pfleger. Da klärt ihn die senile Zimmernachbarin seiner Mutter auf, ein großer, dicker Mann mit roten Haaren sei gekommen und habe Hilde mitgenommen. Edgar ahnt Schlimmes und reist sofort in den Schwarzwald. Dort trifft er auf den Entführer, seinen 38-jährigen Sohn Uwe (Marc Zwinz). Der intellektuelle Schriftsteller mit Schreibblockade hat sich mit seinem schwulen Liebhaber und ungeduldigen Verleger Johann (Bernhard Schütz) in einem schmucken Haus auf dem Lande niedergelassen. Und dort möchte er Oma Hilde, bei der er als Kind aufgewachsen ist, einen schönen Lebensabend bereiten. Doch Edgar will die kranke, verwirrte Rentnerin zurück zu sich nach Hamburg holen. Ein Nervenkrieg entbrennt zwischen Papa und Sohnemann...
So amüsant und vielversprechend sich diese Ausgangssituation für eine turbulente Familienfarce auch anhören mag, so kontinuierlich scheitert Ingo Hab daran, aus dem Zusammentreffen der zwei komplett unterschiedlichen Protagonisten mehr als einige müde Lacher und altbackene Einsichten über das Vatersein und die Last der Söhne zu gewinnen. Peter Franke (der Sepp Herberger aus „Das Wunder von Bern") zeigt Wandlungsfähigkeit als das überall aneckende, vitale Kiez-Original in Jeans, Kappe und Lederjacke mit dem mächtigen weißen Rund-um-den-Mund-Bart und dem sportlichen Oberkörper. Doch seine Konfrontationen mit dem unbeholfen agierenden Marc Zwinz („Die Helden aus der Nachbarschaft") wirken nicht nur wegen der mangelnden äußeren Ähnlichkeit von Vater und Sohn, sondern auch durch die gestelzt und konstruiert daherkommenden Dialogen wenig glaubwürdig.
Dass der Sohn des proletenhaften Machos ausgerechnet ein unsportlicher, feingeistiger Schwuler mit Minderwertigkeitskomplexen sein muss, damit für möglichst viel Reibungspotential gesorgt ist, wirkt doch reichlich aufgesetzt. Kurios dabei ist, dass Hab nicht viel mehr aus den Kontrasten macht als sie zu konstatieren. So lässt der Familienstreit zwischen Papa und Sohn weitgehend kalt. Für Abwechslung sorgt immerhin das nicht immer sinnvoll motivierte Zusammenrufen zahlreicher weiterer Figuren aus dem nahen und fernen Familien- und Freundeskreis der zwei Streithähne an den Kurort im Schwarzwald, der in all seiner Beschaulichkeit, Gemütlichkeit und Langeweile eingefangen wird.
Sobald sich die nörgelnde Großmutter (so kauzig wie immer: Renate Delfs aus „Ein Tick anders"), ihr rastloser Sohnemann, ihr arroganter Enkel und dessen an Parkinson erkrankter Liebhaber Johann (Bernhard Schütz) sowie Edgars Freundin (Vera Teltz) samt vaterlosem Söhnchen mehr oder minder freiwillig in der Idylle einfinden, schraubt Hab das Erzähltempo nicht etwa höher, sondern runter. Diese Erzählstrategie leuchtet zunächst ein, schließlich geht es hier nicht um die gekünstelte Dramatisierung einer Geschichte, sondern um die Herausarbeitung der drolligen Eigenheiten der Figuren in mal leisen, mal lauten Familienszenen. Dumm nur, dass keine der affektiert gespielten und unglaubwürdig entworfenen Figuren sympathisch oder interessant genug für einen ganzen Film ist.
Fazit: „Sohnemänner" ist eine skurille Familienkomödie mit einigen Längen. Die durchaus vielversprechende Grundidee wird mit einer umständlichen Erzählweise, wenig überzeugenden Dialogen und oberflächlichen Figuren zu einem großen Teil verschenkt.