Wenn der amerikanischen Jugend die Perspektive und die Eltern fehlen…
Er gilt als einer der einflussreichsten und wichtigsten Filme aller Zeiten: „…denn sie wissen nicht, was sie tun“ von 1955 (im Original „Rebel Without a Cause“). Unter der Regie von Nicholas Ray und dem Drehbuch von Stewart Stern, entstand ein wichtiges Werk über die damals ungehörte Jugend der 50er. Eine Jugend, die nach dem zweiten Weltkrieg die Möglichkeit zur freien Entfaltung hatte, aber gleichzeitig auch oftmals gewaltbereit war. Im Zentrum dieses Films stehen drei Darsteller, die zur Zeit des Dreh selbst noch jung waren und leider auf tragische Weise später verstarben. Da wäre James Dean, der noch im selben Jahr durch einen Autounfall verunglückte, Sal Mineo, der durch einen Messerstich getötet wurde und Natalie Wood, die Anfang der 80er auf recht mysteriöse Weise ertrank. Bei Dean und Mineo sind diese tragischen Schicksale fast schon ironisch in Bezug auf den Film, aber Fakt ist, das dieses Werk eine gewisse düstere Atmosphäre umgibt, ähnlich wie „Poltergeist“ von 1982.
Doch wie hat sich der Film gehalten? Wie ist er aus heutiger Sicht gealtert? Immerhin sind nun knapp 70 (!) Jahre seit dem Kino-Release vergangen.
Der junge Jim Stark sucht nach einem Sinn in seinem jungen Leben. Der Vater ist in seinen Augen kein gutes Vorbild und immer öfter gerät er in gefährliche Situationen mit seinen Mitschülern. Einer jedoch sieht in Jim einen guten Freund und mehr noch als das…
Zweifelsohne gibt es sehr spannende Ideen und Themen, die hier in „…denn sie wissen nicht, was sie tun“ angesprochen werden. Besonders die Figur des Plato ist spannend, aber natürlich auch Jim, der nicht weiß, wie er sich verhalten soll. Die Dynamik der beiden hat ebenfalls viel Potential, auch wenn ich ihre innige Beziehung am Ende nicht ganz glaubwürdig finde, da beide kaum Zeit miteinander verbringen und vieles eher behauptet wird.
Im Zentrum steht aber die Suche der jungen Menschen nach einem Sinn. Gerade in Bezug auf die damals noch junge Nachkriegszeit, sowohl im Film als auch in der damaligen Realität. Bis dato hatten Filme über Teenager kaum bis gar keine Relevanz. Und mit den drei Protagonistin*innen Jim, Judy und Plato wird diese jugendliche Verzweiflung gut verkörpert.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Films, ist der der „männlichen Stärke“: Jim insbesondere lässt sich von seinen Mitschülern provozieren und lässt sich auf mehrere lebensgefährliche Mutproben bzw. Kämpfe ein. Dabei geht es gar nicht darum, wer der Stärkere, der Männlichere ist, denn Jim und sein Kontrahent führen den tollen Dialog darüber, warum sie das machen. Und Sein Gegner sagt ganz naiv, dass man doch irgendwas tun muss. Und eigentlich ist diese Betrachtung toxischer Männlichkeit in den USA aus damaliger Sicht wirklich weit seiner Zeit voraus. Doch im gleichen Film wird diese Thematik sehr schwammig fortgeführt, denn Jim will um jeden Preis einen starken und „männlichen“ Vater. Seine Mutter wird stellenweise wie eine Antagonistin behandelt und spielt kaum eine Rolle. Der Vater hingegen wird mit seiner nachdenklichen, sensiblen Art ebenfalls degradiert: Er gilt nicht nur in den Augen von Jim als schwach, auch das Publikum soll diese Sicht bekommen. Und auch wenn Jims Vater nicht immer Selbstbewusstsein ausstrahlt, so ist er doch ein gefühlvoller und abwägender Mensch, der nicht viel von Gewalt hält. Diese Mentalität wird zum Glück am Ende von Jim auch in gewisser Sicht beherzigt, was ich gut finde, dennoch ist es schade, dass es sich nur um die Väter dreht. Auch Plato, der Jim und Judy als eine Art Ersatzeltern betrachtet, fixiert sich praktisch nur auf Jim. Das Bild des Vaters wird sehr hoch gehalten, während die Mutter fast keine Rolle spielt…
Kommen wir zu den Schauspielern: Auch wenn der Großteil der Jugendlichen viel zu alt aussehen, so sind alle doch sehr stark. James Dean lieferte hier seine Paraderolle ab und ist auch aus heutiger Sicht kraftvoll und wunderbar unberechenbar. Sal Mineo ist der einzige der Jungs, der auch wirklich jung aussieht und auch er ist richtig toll, ebenso wie Natalie Wood! Und mir gefällt auch Jim Backus als Jims Vater ist absolut überzeugend als sorgender Papa.
Optisch ist es vor allem das Griffith-Observatorium, welches den Film visuell prägt. Mir gefällt das Bild des Sternenhimmels, sowie das Ende der Welt, welches in einer Vorführung der Schüler angesprochen wird.
Leonard Rosenman komponierte einen passenden Score dazu, der das Geschehen mit oftmals düsteren Klängen unterstützt.
Fazit: „…denn sie wissen nicht, was sie tun“ ist nicht ohne Grund ein Klassiker in der Filmgeschichte. James Dean, Sal Mineo und Natalie Wood tragen diesen Film und gaben ihrer Generation damals eine Stimme. Das wird zwar etwas überschattet von ihren tragischen Todesfällen, aber dennoch hat der Film auch heute noch eine Kraft. Perfekt ist das Werk in meinen Augen zwar nicht, aber ohne Frage sehenswert, auch noch nach 70 Jahren!