Eine Sache können auch das größte Budget, die teuersten Schauspieler, die berühmtesten Mitarbeiter nicht ersetzen: die Liebe am Filmemachen. Aus diesem Grund lohnt es für wahre Filmfreunde immer wieder, einen Blick auf Werke sogenannter „Amateure" zu werfen, die vielleicht nicht von der Ausbildung an einer Filmhochschule geprägt sind, sondern von der puren Lust am Filmemachen. Manchmal kommen dabei liebenswerte Trash-Kleinode wie „Captain Cosmotic" der Gebrüder Gosejohann oder Underground-Perlen wie Jörg Buttgereits „Nekromantik" heraus. Manchmal sind auch erste Schritte von späteren Legenden zu bewundern. So war etwa das Frühwerk von Rainer Werner Fassbinder das Werk eines munteren Autodidakten und auch Peter Jacksons „Bad Taste" war kaum mehr als ein Hobby, mit dem der spätere „Herr der Ringe"-Macher und seine Freunde ihre Wochenenden füllten. Auch bei David Keiths schottischer Horror-Komödie „Attack of the Herbals" sind die amateurhaften Wurzeln offenkundig, der Regisseur verbirgt sein geringes Budget aber geschickt hinter liebevollen Details. Dennoch dürfte dies weder der Beginn einer Weltkarriere sein noch die Entdeckung eines Kultfilms, denn bei allem Enthusiasmus und verhältnismäßigem Aufwand will der Funke nicht so recht überspringen.
In den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges arbeitete eine streng geheime Einheit der Nazis an einer aus Kräutern gewonnenen Substanz, die schmerzunempfindliche Supersoldaten erzeugen sollte. Stattdessen entstanden jedoch superaggressive Monster, die zu amoklaufenden Bestien wurden. Als der Krieg sich dem Ende näherte, wurden die unheilvollen Kräuter in einer Kiste ins Meer geworfen. Jahrzehnte später wird diese Kiste in Schottland angespült, wo der junge Jackson McGregor (Calum Booth) sie findet. Jackson ist gerade in seinem Heimatdorf zu Besuch, um die Familie zu sehen und im Postamt seiner Eltern auszuhelfen. Als Jackson und sein alter Freund Steve (Richard Currie) die Kiste öffnen und den Inhalt für Marihuana halten, beschließen die beiden, die Kräuter zu verkaufen. Schon bald verwandelt der rauschhafte Effekt die Dorfbewohner in blutgierige Monster.
„Attack of the Herbals" ist geprägt von erstaunlichem Know-How im technischen Bereich hinter der Kamera und mehr oder weniger liebenswertem Dilettantismus davor. Im Rahmen der beschränkten Möglichkeiten gelingt es durch die Kameraarbeit Dynamik und Raumgefühl zu erzeugen, außerdem verliert man nie die Übersicht über das wirre Treiben. Auch der Schnitt überzeugt, das Tempo wird hoch gehalten und der Rhythmus passt. Hier waren echte Filmenthusiasten am Werk, die besonders Genre-Werke von George A. Romero, Dario Argento, Lucio Fulci oder Ruggero Deodato sehr genau studiert haben. Und auch wenn die Inspirationsquellen deutlich sind, zur plumpen Kopie wird „Attack of the Herbals" nie. In Anbetracht der Tatsache, dass das Team um Regisseur David Keith nach eigener Angabe nur eine einzige Kamera (eine mickrige Canon 5D) zur Verfügung hatte, ist es schon beachtlich, wie souverän der Film wirkt.
Das technische Geschick ist beachtlich, die Darbietungen vor der Kamera können da nicht mithalten. Die Schauspieler wurden aus lokalen Filmnerds und aus dem Bekanntenkreis des Regisseurs rekrutiert, hier zeigt sich dann doch überdeutlich, wie weit von einem professionellen Film „Attack of the Herbals" noch entfernt ist: Die Amateur-Darsteller schneiden Grimassen, chargieren und albern herum als gäbe es kein Morgen. Das ist zwar noch kein unmittelbares Problem, schließlich ist „Attack of the Herbals" kein ernsthafter Film, sondern ein überdrehter Kiffer-Splatter-Film. Aber dauernde Albernheit ohne komödiantisches Talent und Gefühl für Timing wird irgendwann zur Nervenprobe, zumal das Drehbuch keine Hilfe ist. Im wunderbar geschmacklosen Prolog wird zwar schnell klar, dass bald schon fiese Nazi-Monster ihr Unwesen treiben werden. Doch bis das Metzeln endlich beginnt dauert es ewig, denn trotz der recht kurzen Spielzeit von 80 Minuten lässt sich Keith geradezu provozierend viel Zeit für harmlos-doofes Comedy-Geplänkel und für die Einführung der Einwohner des verschlafenen Kaffs. Schon früh entstehen dadurch Längen, die bei allem Respekt vor den offensichtlichen Bemühungen des Filmteams nicht zu ignorieren sind: Über weite Strecken ist „Attack of the Herbals" einfach nur zäh. Das Splatter-Finale selbst hängt dann ein wenig in der Luft. Es ist nicht exzessiv oder virtuos genug, um Genre-Kenner nachhaltig zu beeindrucken, andererseits ist es für eine Laienproduktion dann schon wieder zu professionell geraten.
Fazit: „Attack of the Herbals" ist ein sympathisches Projekt echter Filmenthusiasten mit Amateurgestus. Bei aller offensichtlichen Begeisterung der Beteiligten werden die Freiheiten des Nischendaseins allerdings nur wenig ausgenutzt und der Film gerät über weite Strecken recht fade.