Dass Oscar-Gewinner Forest Whitaker und „Captain America"-Darsteller Chris Evans im Sequel zu David Ayers wendungsreichem Cop-Thriller „Street Kings" nicht mehr mit von der Partie sind, leuchtet ein – schließlich mussten beide Darsteller in ihrer Rolle als korrupter Captain Wander und Detective Diskant bereits im ersten Teil das Zeitliche segnen. Damit aber nicht genug: In der Direct-to-DVD-Fortsetzung „Street Kings 2 – Motor City" wurde auch Hauptdarsteller Keanu Reeves durch Ray Liotta ersetzt, darüber hinaus übernahm mit Chris Fisher ein neuer Regisseur das Zepter. Das Drehbuchautorengespann wurde ebenso wie das Produzententeam komplett ausgewechselt. Schnell drängt sich daher beim aufmerksamen Videothekenbesucher der Verdacht auf, dass die Produktion bloß auf den Erfolgszug des namhaften Vorgängers gehievt werden soll, um den einen oder anderen Fan trotz mangelnder Qualität bei der Stange zu halten. Und der Verdacht bestätigt sich: Fishers einfallsarmes Sequel erreicht nicht ansatzweise den Unterhaltungswert des ersten Teils und ist erwartungsgemäß Lichtjahre entfernt von hochwertigen Genreklassikern wie Brian De Palmas „Die Unbestechlichen" oder Martin Scorseses „Departed: Unter Feinden".
Marty Kingston (Ray Liotta) leitet ein Team von Undercover-Cops, die in der Rauschgiftszene von Detroit Jagd auf skrupellose Dealer und die mächtigen Drogenbosse der „Motor City" machen. Als Kingstons Teammitglieder der Reihe nach brutal ermordet werden, macht sich der in die Jahre gekommene Polizist gemeinsam mit dem jungen, arroganten Detective Dan Sullivan (Shawn Hatosy) auf die Suche nach den Mördern. Bei ihren Nachforschungen machen die beiden Ermittler schockierende Entdeckungen und stoßen in ein Wespennest aus Korruption und Verbrechen innerhalb des Polizeiapparats. Dabei bringt der engagierte Sullivan mehr in Erfahrung, als Kingston lieb sein kann...
Die Drehbuchautoren Ed Gonzalez und Jeremy Haft lassen von Beginn an jegliches Herzblut bei der Ausarbeitung ihrer Geschichte vermissen. Bereits die Eröffnungssequenz – ein ziemlich müde inszenierter geplatzter Drogendeal mit reichlich Geballer und quietschenden Reifen – erreicht nicht annähernd die Klasse der düsteren „Street Kings"-Eröffnung, in der Detective Ludlow im Alleingang die verwahrloste Villa einer asiatischen Kinderporno-Bande stürmen ließ. Statt einleitend das verdorbene Milieu der Detroiter Unterwelt zu skizzieren, spult „Street Kings 2" eine Reihe temporeicher Actionsequenzen ab und beschränkt sich auf eine äußerst knappe Einführung der beiden wichtigsten Figuren. Mehr als einmal kommt man sich dabei vor, als befände man sich in einem auf Hochglanz polierten Rap-Videoclip: Dicke Ami-Schlitten, verchromte Schießeisen und barbusig durchs Bild wackelnde Stripperinnen verwässern das triste Lokalkolorit der grauen Arbeiterstadt Detroit. Anders als beispielsweise das sehenswerte Eminem-Biopic „8 Mile" könnte „Street Kings 2" genauso gut an der kalifornischen Westküste spielen, ohne dass dabei ein Unterschied spürbar wäre.
Darüber hinaus hat das jederzeit geradlinige Drehbuch kaum mehr als Nebenfigur Sergeant Greene (Clifton Powell) und die Grundfragen um Gewissen und Moral mit David Ayers Vorgänger gemeinsam. Die Suche nach dem Cop-Killer wird schon bald zur Nebensache; vielmehr orientieren sich die Autoren vor allem im Hinblick auf die Figurenkonstellation unübersehbar an Antoine Fuquas starkem Genrebeitrag „Training Day", der Denzel Washington in der Rolle des ebenso charismatischen wie kriminellen Cops Alonzo Harris 2002 einen Oscar als bester Hauptdarsteller bescherte. Von einer solchen Glanzleistung ist der einstige „GoodFellas"-Star Ray Liotta weit entfernt. Sein Spiel wirkt im Vergleich zu Shawn Hatosys engagierter Performance als „Good Cop" Sullivan oft gelangweilt und uninspiriert. Sein „Bad Cop" Kingston wird darüber hinaus viel zu schematisch skizziert. Ein kurzer Dialog über Kingstons Beweggründe, Geld zu unterschlagen und die teure medizinische Behandlung für seine Gattin zu finanzieren, soll bereits ausreichen, um ihn als liebevollen Familienvater und Ehemann zu porträtieren.
Waren es in „Street Kings" vor allem die starken Nebenfiguren, die den Cop-Thriller erheblich aufwerteten, bleiben diese im Sequel vollkommen blass. Keinem der oberflächlich beleuchteten Charaktere sind mehr als wenige Minuten vor der Kamera vergönnt – einer der Gründe für die extrem kurze Spieldauer, die nicht einmal die 90-Minuten-Marke erreicht. Gonzalez und Haft reduzieren das Handlungsgerüst von „Street Kings 2" auf das Nötigste und reihen einfallslos konventionelle und anderswo schon x-mal besser umgesetzte Standardszenen aneinander. Der Schlussakkord, der ein wenig an das Finale in Curtis Hansons Meisterwerk „L.A. Confidential" erinnert, zählt dabei noch zu den besseren Sequenzen des Films und entlässt das gelinkte Videotheken-Publikum wenigstens nicht mit totaler Enttäuschung. Doch selbst eingefleischte Genrefans dürften an der Nummern-Revue „Street Kings 2" mit dieser ebenso klassischen wie lustlos ausgespielten „Good Cop"/„Bad Cop"-Konstellation kaum Freude haben.