Nichts für ungut - Märchenfilme darf jeder drehen, mit viel Kunstblut und Wahnsinnsaction machen die ja auch irgendwo Spaß. Aber: wenn man ostentativ einen historischen Anspruch anmeldet, dann wäre es doch entsprechend angemessen, sich an Tatsachen und Fakten zu halten.
Es mag sein, dass die Eroberung Konstantinopels durch Mehmet Fatih im Jahr 1453 in den letzten Jahren eine überraschende Aktualität gewinnt, weshalb auch immer. Dass diese Eroberung für den wachsenden osmanischen Staat damals von erheblicher Bedeutung war, liegt auf der Hand - von der byzantinischen Stadt mit ihrem winzigen Umland mochte als Hauptstadt eines verloschenen Reiches zwar keine Gefahr mehr ausgehen. Dass sie dennoch im Weg lag, und an ältere Rechte auf die anatolische Halbinsel erinnerte, das muss dann aber doch genervt haben. (Offenbar so dolle genervt, dass man sich einen solchen Film nicht ersparen kann!)
Und schließlich: reiche Beute mag man sich auch versprochen haben. Die wurde dann ja auch, etwa in der Baukunst (alle Moscheen sind Abbilder der "Aya Sofra", der Hagia Sophia, die immerhin erst mit der Einnahme von Konstantinopel als Vorbild zur Verfügung stand), oder der neu gewonnenen Infrastruktur eingelöst. Ob die erobernden Truppen, die die in der Hagia Sophia versammelte Menschenmenge, anders als im Film suggeriert, keinesfalls mit den Versprechen von Toleranz zu gewinnen trachtete, sondern unterschiedslos abschlachtete, tatsächlich viel an Wertsachen zum Plündern vorfand, stelle ich anheim. Dass die Truppe drei Tage lang plünderte, ist eine der historischen Tatsachen, die der Film unterschlägt. Warum eigentlich?
Viel mehr als ein Film über Krieg und Heldentum, und das ist das wirklich ärgerliche an diesem Versuch, Geschichte umzuschreiben, ist dies ein Film über die Kraft der Religion. Es mag sein, dass dies, der Glaube, ein wesentlicher Faktor in der Auseinandersetzung war - es liegt immerhin nahe. Dass die Fronten aber so glasklar waren, dass "die Guten" alle bei den Osmanen waren, und "die Bösen", die soooo Bösen, alle bei den Byzantinern (und wie herrlich verrucht! und versaut! ahh!), das ist historisch einfach falsch. Belegt ist immerhin, dass die Monsterkanonen des osmanischen Heeres von einem Christen, Urban (nicht unwahrscheinlich, dass er, wie der Chefingenieur der Byzantiner, Johannes Grant, ein Deutscher war) gebaut wurden. Die Janitsaren - man muss es eigentlich nicht betonen - waren selbstverständlich "Beuteosmanen", Christenkinder. Das Christenbild, insbesondere das Bild christlicher Frauen, ist ein Abgrund, aus dem man mehr über die Macher dieses Streifens erfährt, als über irgendwelche Verhältnisse im alten Byzanz. Warum eigentlich muss man, wenn man sich an ein so zentrales Thema des Osmanentums macht, so scherenschnittartig arbeiten? Wem mag das nutzen? Wer mag sich damit in was bestärken?
Dass man sich so ein Machwerk gönnen muss, mit ordentlichen staatlichen Zuschüssen, in dem man sich feiert, ohne es dabei genau nehmen zu wollen, das ist doch einfach - schade. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Ich empfehle übrigens, als Korrektiv, die Lektüre der "Sternstunden der Menschheit" von Stefan Zweig (der, immerhin, war rein technisch jüdischen Glaubens, ist in Bezug auf das Religiöse offensichtlich unbefangen), hier die Episode zum Fall der Stadt.