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    Switch - Ein mörderischer Tausch
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Switch - Ein mörderischer Tausch
    Von Robert Cherkowski

    Für die Durchsetzung von Recht und Gerechtigkeit halten wir in der Regel staatliche Institutionen verantwortlich. Was jedoch, wenn die nicht helfen können – oder wollen? Was, wenn Unschuldige zum Spielball maß- und achtloser Bürokratie werden? Kaum jemand hat das besser auf den Punkt gebracht als Franz Kafka mit seiner berühmten Erzählung „Der Prozess", in der sein Protagonist Josef K. ein albtraumhaftes Justiz-Prozedere erleiden muss, ohne jemals über die ihm angelastete Tat aufgeklärt zu werden. Die schreckliche Vorstellung, dass in den Schaltzentralen der Macht bloß ein Buchstabe verrutschen muss, damit – zumindest rein bürokratisch betrachtet – Rechtsansprüche oder gar Identitäten verlorengehen, hat mitunter sehr anspruchsvolle, aber auch ungeheuer unterhaltsame Filme inspiriert. In Terry Gilliams „Brazil" etwa wurde das Kafka-Motiv mit George Orwells „1984" kombiniert. In „Auf der Flucht " musste Harrison Ford einer übereifrigen Staatsmacht entwischen und nebenbei seine Unschuld beweisen. Zuletzt ging Liam Neeson in „Unknown Identity" seine Identität flöten, worauf der freundliche Jedermann voll aufdrehte und sich in einen rabiaten Spion in eigener Sache verwandelte. In dieser Liga kann Frédéric Schoendoerffer mit seinem Thriller „Switch" jedoch nicht mitspielen – dafür ist der Film viel zu schematisch erzählt.

    Die Grafik-Designerin Sophie (Karine Vanasse) wird vom Pech verfolgt. Weder mit den Männern noch mit der Karriere geht es für die in Frankreich lebende Kanadierin vorwärts. Wenigstens einen Tipp kann sie von einem Restaurantbesuch mit der Aushilfe Claire (Maxim Roy) noch mit auf den Weg nehmen: Für einen Tapetenwechsel solle sie es einfach mal mit der Internetseite Switch.com versuchen, über die man mit einer anonymen Person aus der Stadt seiner Wahl für einen abgesprochenen Zeitraum die Wohnungen tauschen kann. Gesagt – getan! Wenig später bezieht Sophie ein schickes Apartment in Paris. Doch dann steht die Polizei vor der Haustür und bezichtigt sie des Mordes. Plötzlich scheinen weder ihre bisherige Existenz noch Switch.com jemals existiert zu haben. Sophie soll in die geschlossene Abteilung eingewiesen werden, aber sie entwischt in letzter Sekunde und nimmt eigene Ermittlungen auf. Doch der zähe Kommissar Forgeat (Eric Cantona) ist ihr bereits auf den Fersen...

    Gleich zu Beginn wird in „Switch" mit offenen Karten gespielt. Schon die Art und Weise, mit der die zwielichtige Claire der naiven Sophie das Wohnungstauschgeschäft schmackhaft macht, lässt ein genregeschultes Publikum den Braten riechen. Ein wenig erinnert das etwa an „The Game". Wo David Fincher jedoch von Anfang an ein dichtes Szenario der Paranoia und der unterschwelligen Bedrohung orchestriert, gibt es hier zwar unprätentiöse, aber auch wenig aussagekräftige Schönwetter-Optik. Letztlich ist „Switch" auf allen Ebenen ähnlich unverbindlich ausgestaltet. Irgendwann weht der Wind aus Richtung „Unknown Identity" - bis sich Regisseur Schoendoerffer („Agents secrets") entscheidet, doch lieber eine „Auf der Flucht"-Variante zu inszenieren. Eigene Akzente setzt er dabei kaum. Immerhin gibt es eine durchaus packende Verfolgungsjagd, die an Guillaume Canets „Kein Sterbenswort" erinnert, im ansonsten so gemächlichen Film aber auch spürbar aus dem Rahmen fällt.

    Es ist vor allem der engagierten Hauptdarstellerin Karine Vanasse („Midnight in Paris") zu verdanken, dass wir trotz des überaus konventionellen und rein funktionalen Drehbuchs dennoch mit der zu Unrecht des Mordes beschuldigten Flüchtigen mitfiebern. Auch Eric Cantona („Looking for Eric") schlägt sich wacker als körperlich sehr präsenter Tommy-Lee-Jones-Ersatz. Über dessen Feingefühl und Facettenreichtum verfügt der Ex-Fußballstar und Gelegenheitsschauspieler jedoch nicht – über den Stereotyp des im Dunklen tappenden Polizisten kommt die Figur des urig-charismatischen Kickers kaum hinaus. So plätschert „Switch" einfach seiner hanebüchenen Auflösung entgegen – wären da nicht die immer wieder eingestreuten garstigen Gewaltausbrüche. Durchschnittene Kehlen und abgehackte Köpfe sieht man hier tatsächlich nicht kommen, ehe es soweit ist. Aufregender wird der Film durch dermaßen kühl kalkulierte Schockmomente jedoch nicht.

    Fazit: „Switch" ist ein leicht verdaulicher und mäßig spannender Paranoia-Thriller mit einer sympathischen Hauptdarstellerin. Thematisch oder inszenatorisch wird dem Genre hier nichts Neues hinzufügt.

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