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    Die Tochter meines besten Freundes
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Die Tochter meines besten Freundes
    Von Andreas Günther

    Klamaukig-albern und voller Genital- und Fäkalhumor – so präsentieren sich allzu oft Hollywood-Komödien über junge Menschen und solche, die sich noch dafür halten. Wie es anders geht zeigt Regisseur Julian Farino mit seiner Independent-Produktion „Die Tochter meines besten Freundes". Die ironisch gebrochene Naivität eines Wes Anderson („Moonrise Kingdom") kombinieren Farino und seine Autoren Ian Helfer und Jay Reiss mit einer verzwickten Romanze à la Whit Stillman („Last Days of Disco") und haben zudem mit Hugh „Dr. House" Laurie einen knurrig-charismatischen Hauptdarsteller zu bieten. Das Ergebnis ist eine geradezu aufreizend ruhig dahinfließende und nicht nur für Mitzwanziger reizvolle Coming-of-Age-Komödie.

    Die Familien Walling und Ostroff sind seit Jahren Nachbarn am Orange Drive in einem schmucken Vorort von New Jersey. Über die Jahrzehnte hat sich eine tiefe Freundschaft entwickelt: Man macht sich zum Geburtstag Geschenke und lädt einander zu Thanksgiving und Weihnachten ein. Doch in der Ehe zwischen David (Hugh Laurie) und Paige Walling (Catherine Keener) kriselt es seit einiger Zeit. Und die einst innig verbundenen Töchter Vanessa Walling (Alia Shwakat) und Nina Ostroff (Leighton Meester) sind seit Ende der High School fast verfeindet. Während Vanessa in einem Einrichtungshaus jobbt und von einer Designer-Karriere träumt, kehrt die Weltenbummlerin Nina nach einem gescheiterten Versuch, den etwas unbedarft wirkenden Ethan (Sam Rosen) zu heiraten, zu ihren Eltern Terry (Oliver Platt) und Carol Ostroff (Allison Janney) zurück. Nun will ihre Mutter sie mit Vanessas Bruder Toby (Adam Brody) verkuppeln – doch stattdessen beginnt Nina eine Affäre mit dem viel älteren David...

    Eine junge Frau und ein doppelt so alter Mann, die sich ineinander verlieben – ist das nicht eine dieser abgeschmackten Altherrenphantasien? Nicht unbedingt. Tatsächlich gelingt es den Autoren hier recht gut, die Entstehung dieser Beziehung nachvollziehbar darzustellen. Nach der Enttäuschung über den untreuen Ethan und den missglückten Annährungsversuchen des nicht sehr trinkfesten Toby versucht es Nina eben einfach mal mit einem reiferen Modell. So wie Vanessa sich von ihrem Designerjob einen Ausweg aus der engen Vorstadtwelt verspricht, sieht Nina in den Männern ein Sprungbrett. Dass die Liaison mit David von Anfang an keine Zukunftsperspektive hat, ist ihr bewusst. David dagegen – den Hugh Laurie frei von Zynismus spielt – erliegt Ninas Charme schon deshalb, weil sie als einzige jene Wahrheit ausspricht, die alle anderen mit Weihnachtsvorbereitungen, Verkuppeln oder Rummycub-Spielen zu übertönen versuchen: die Empfindung unendlicher Langeweile. Wenn Nina sich auf Davids Couch räkelt und langsam und betont ausatmet, kommt alles zusammen: erotische Ausstrahlung und Ausdruck völligen Überdrusses.

    Mindestens genauso interessant wie die Abenteuer der hübschen Nina wären freilich amouröse Verwicklungen der eher pummeligen und sommersprossigen Vanessa gewesen. Sie ist die Erzählerin des Films und gibt Kommentare zu Orten, Personen und Ereignissen ab, ganz so als würde sie in einem Fotoalbum blättern. Sie tut dies mit anrührender Akkuratesse, die oft in komischem Gegensatz zum Gezeigten steht. Doch der Fokus der Geschichte wird rasch auf Nina verlagert, was wohl nicht zuletzt auf die publikumswirksame Attraktivität von „Gossip Girl" Leighton Meester zurückzuführen ist, die übrigens vor Jahren in zwei Episoden von „Dr. House" zu sehen war, wo sie dem grantelig-genialen Arzt als offenherziger Teenager schöne Augen machte.

    Obwohl Catherine Keener („Being John Malkovich") als Paige Walling einmal aus Frust über ihre in die Brüche gegangene Ehe die elektrische Weihnachtsdekoration ihrer Nachbarn über den Haufen fährt, sind solch geradezu rasanten Momente doch Mangelware. Hier herrscht ein eher gedämpfter Erzählton und wo es nur geht, tritt Regisseur Julian Farino auf die Bremse und drosselt das ohnehin gemächliche Tempo immer weiter. Selbst der Faustschlag, mit dem Terry David, den Verführer seiner Tochter, niederstrecken will, wird da wie in Zeitlupe ausgeführt: David kann nicht nur bequem ausweichen, Terry verliert gar den Halt und stürzt. Und wenn Vanessa und Nina zum großen Streit ansetzen, erklingt dazu sanfte Gitarrenmusik und flüsternder Gesang, als gelte es, die Widersacherinnen leise zu beruhigen.

    Diese Verlangsamung ist nicht einfach nur ein Gag, sondern sie verdeutlicht in hervorragender Weise den Reifeprozess, den die Figuren im Laufe des Films durchleben. Nur langsam legen sie ihre aus Büchern und Fernsehserien aufgeschnappten Phrasen ab und sagen, was sie wirklich meinen. So weiterzuleben wie bisher - als gäbe es Davids und Ninas Beziehung nicht oder als ginge sie schon in Ordnung -, erweist sich zunehmend als absurd. Alle sind gezwungen, sich zu verändern, sich weiterzuentwickeln – und zu entdecken, was sie wirklich glücklich macht. Aber das braucht eben wie im wirklichen Leben Zeit.

    Fazit: Mit der Liebesbeziehung zwischen einem älteren Mann und einer jungen Frau im Zentrum mag die Handlung effektheischend klingen. Doch bei näherem Hinsehen entpuppt sich „Die Tochter meines besten Freundes" als lebenskluge, stimmig inszenierte Komödie - und als unverbindlicher Leitfaden zum Glück.

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