Mehr Prunk, mehr Kitsch und weniger Humor
Von Helena BergUnd dann lebten sie glücklich bis ans Ende ihrer Tage... So enden Geschichten im Märchen, aber nicht in unserer Welt! Das muss auch Giselle (Amy Adams) in der Fortsetzung des Disney-Hits „Verwünscht” feststellen. Nachdem sie im ersten Teil von einer bösen Königin aus ihrer Märchenheimat Andalasien (in Zeichentrick) in das unheimliche und reale Manhattan befördert wurde, ist das zu Beginn der Fortsetzung „Verwünscht nochmal“ von Adam Shankman („Rock of Ages”, „Hairspray”) bereits seit einigen Jahren ihr Zuhause. Den attraktiven Anwalt und alleinerziehenden Vater Robert (Patrick Dempsey) hat sie inzwischen geheiratet, ein Baby bekommen und Stieftochter Morgan (Gabriella Baldacchino) ist mittlerweile ein Teenager. Womit die Probleme auch schon anfangen...
Statt Friede, Freude, Eierkuchen sowie viel Gesang und Tanz stehen nun schlaflose Nächte, Platzmangel, Straßenlärm und Streitereien auf dem Programm. Doch Giselle hat einen Plan: Raus aus der Großstadt New York und rein in den malerischen Vorort Monroeville. Doch anstatt dass die Probleme hier verschwinden, werden sie nun noch schlimmer und so sieht sich zu einem noch drastischeren Schritt gezwungen: Sie wünscht sich, dass das Leben endlich wie im Märchen sei. Und zack, geht das in Erfüllung. Doch während all die Menschen um sie herum singen und tanzen, muss Giselle erkennen, dass auch in der Märchenwelt nicht alles perfekt ist.
Die Familie kann ganz schön stressig sein...
Nachdem Giselle im ersten Teil aus dem Märchen in die Realität gekommen ist, dreht Regisseur Adam Shankman im Sequel den Spieß um – und wirft die Hauptfigur nun wieder zurück ins Märchen. Das ist eine schlüssige Fortsetzungsidee, die zudem gekonnt das typische Happy-End mit ewigem Glück aufs Korn nimmt. Allerdings geht durch diese Umkehrung der Humor des ersten Films weitgehend verloren. Während die gutgläubige Giselle in „Verwünscht” das kaltherzige New York verzauberte, in Fernsehern magische Spiegel sah und mit den Ratten redete, fallen solche Fish-Out-Of-Water-Gags im Sequel weg. Nun nimmt sie nämlich keine Realität in ihre alte Welt zurück und nervt am Ende vor allem nur mit ihrer anhaltenden Naivität.
» "Verwünscht nochmal" auf Disney+*
Weil sich daneben Morgan und Robert in reine Märchenfiguren verwandeln, ist auch bei ihnen der Konflikt und Widerspruch nicht mehr zu finden. Immerhin ist sich „Grey's Anatomy“-Star Patrick Dempsey für nichts zu schade, was für ein wenig Witz sorgt. Trotzdem ist „Verwünscht nochmal“ eher eine Mischung aus Musical und Fantasyfilm statt einer Komödie mit magischen Zügen, wie es noch der Vorgänger war.
Dafür geht der Genre-erprobte Regisseur Adam Shankman hier in die Vollen. Deutlich prunkvoller und kitschiger sind nicht nur die Kostüme und Kulissen, sondern auch die Spezialeffekte. Menschen fliegen durch die Lüfte und dunkle Magie kommt zum Einsatz. Dazwischen herrscht deutlich mehr Drama als im ersten Teil. Am Ende wird der Film regelrecht zum Höhepunkt gepeitscht - verdeutlicht durch die Uhr, die unnachgiebig auf die 12 zugeht (und wer Märchen kennt weiß, dass nach 12 Uhr alles anders ist). Dadurch entwickelt „Verwünscht nochmal“ eine erstaunliche und überraschende Intensität und ist (obwohl wir natürlich wissen, dass es ein Happy-End geben wird) wirklich spannend – auch weil Drehbuchautorin Brigitte Hales („Once Upon A Time – Es war einmal...”) die dramatischen Bögen sind lange gut setzt.
Am Ende ist die finale Lösung, um aus der ganzen Märchenwelt-Misere herauszukommen, dann aber doch etwas zu banal und auch ein wenig fragwürdig. Im Jahr 2022 sollte ein Film schon zeigen, dass Teenager auch einfach mal Teenager sein dürfen und ihre Familie auch mal eben unausstehlich und alles andere als „magisch” finden dürfen. Gerade weil die ganz wunderbar von Newcomerin Gabriella Baldacchino gespielte Morgan so eine unglaublich toughe und charismatische junge Frau ist, ist es besonders ärgerlich, dass mit ihr am Ende dann doch nur erneut das Märchen der perfekten ersten Liebe und Familienidylle reproduziert wird. Das echte Leben ist doch gerade deshalb so schön, weil neue Familien- und Lebenskonzepte möglich sind und nicht alles wie in Stein gemeißelt ist. So steht „Verwünscht nochmal” seiner eigentlichen Weisheit - nämlich dass das Leben kein Märchen sein muss - gehörig im Weg.
Fazit: Trotz weniger Charme und einem nicht so schlüssigen Ende ist „Verwünscht nochmal” eine gelungene Fortsetzung von „Verwünscht”, die nicht einfach das magische Erfolgskonzept des Originals wiederholt.
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