Nein, "Tannöd" ist kein schöner Film, er ist ein sehr guter Film!
Die Schweizerin Bettina Oberli ("Die Herbstzeitlosen") adaptierte den gleichnamigen Roman von Andrea Maria Schenkel und machte daraus einen düsteren und bedrückenden Anti-Heimatfilm. Dabei geht es der Regisseurin weniger um den spektakulären Mordfall, der sich im übrigen 1922 im oberbayerischen Einödhof Hinterkaifeck wirklich abspielte. Stattdessen inszenierte Oberli eine Milieustudie, die sich auf die vermeintlich heile Welt der frommen, bäuerlichen Gemeinschaft bezieht. Hass, Neid, Fremdenhass und die Scheinheiligkeit gepaart mit Bigotterie prägen das Leben der Dorfbewohner, das kaum Luft zum atmen bietet. Verstärkt wird diese bedrückende Atmosphäre durch karge, diesige und dunkle Landschaftsaufnahmen, die eine unmittelbare Bedrohung ausstrahlen, sodass beim Zuschauer manche Fluchtinstinkte wach werden. Somit ist es für das Publikum auch nicht wundernswert, dass sich in diesem Gesellschaftsmilieu eine Brutstätte entwickelt hat, aus dem ein Monster hervorging, das zu diesem brutalen sechsfachen Mord fähig war, ohne ein eindeutig erkennbares Motiv zu hinterlassen.
Ähnlich wie in Michael Hanekes "Das weiße Band" fragt "Tannöd" nach den Ursachen des Bösen und entwickelt einen psychologischen Versuchsballon über das Unheil von Katholizismus und Bigotterie in der deutschen Provinz der 50er Jahre.