In der Zukunft schlagen sich Roboter in Untergrundkämpfen zur Belustigung frenetischer Zuschauerhorden die metallenen Schädel ein. Die Prämisse des etwas anderen Boxfilms „Real Steel" klingt im ersten Moment ziemlich düster, aber man darf nicht vergessen, wer hier die Zügel in der Hand hält. Regisseur Shawn Levy ist vor allem bekannt für seine weltweit erfolgreichen Ben-Stiller-Effekt-Orgien „Nachts im Museum" und „Nachts im Museum 2". Die spielen zwar nachts, sind aber alles andere als düster und richten sich an ein Publikum von sechs bis 99. Das ist nun auch bei „Real Steel" trotz seiner martialisch anmutenden Handlung nicht anders. Für hartgesottene Science-Fiction-Fans kommt diese Zukunftsvision deshalb wahrscheinlich etwas zu weichgewaschen daher, aber um sich einfach zwei Stunden lang von gut gemachtem, familientauglichem Blockbuster-Kino unterhalten zu lassen, ist „Real Steel" die passende Wahl.
In der nahen Zukunft: Die Karriere des Boxers Charlie Kenton (Hugh Jackman) endete abrupt, als die Zuschauer statt Kämpfer aus Fleisch und Blut lieber hochgezüchtete Kampfroboter im Ring sehen wollten. Jetzt hält sich der ehemalige Profisportler mit Hilfe von schrottreifen Robotern über Wasser, die er günstig einkauft oder aus geklauten Teilen vom Schrottplatz zusammenbastelt, um sie dann in Untergrundkämpfen gegen andere Blechbüchsen antreten zu lassen. Mit sich selbst mehr als genug beschäftigt, passt es Charlie zunächst gar nicht in den Kram, dass er nach dem unerwarteten Tod der Mutter das Sorgerecht für seinen Sohn Max (Dakota Goyo) übernehmen soll. Immerhin kennt er den Zehnjährigen ja praktisch gar nicht. Aber es kommt, wie es immer kommt im Film: Über ihre Leidenschaft zum Boxsport nähern sich Vater und Sohn langsam an. Und als Max auf dem Schrottplatz zufällig einen im Schlamm verborgenen Roboter entdeckt, den er „Atom" tauft und dem er zutraut, es selbst mit den starken Gegnern in der offiziellen Roboter-Liga aufzunehmen, scheint für Charlie doch noch einmal die Chance auf ein Comeback gekommen...
Eigentlich ist „Real Steel" weniger Science-Fiction-Kino als vielmehr ein typischer Vom-Underdog-zum-Weltmeister-Sportfilm, der eher zufällig in der Zukunft spielt. Schließlich macht Hugh Jackman als Verlierer, der sich praktisch schon damit abgefunden hat, in seinem Leben nie wieder nach oben zu kommen, sich dann aber doch zum Gewinnertypen wandelt, eine ganz ähnliche Entwicklung durch wie Sylvester Stallone in dem Box-Klassiker „Rocky" - nur dass in „Real Steel" eben keine Frau, sondern ein kleiner Junge den desillusionierten Helden zu für nicht mehr möglich gehaltenen Höchstleistungen anspornt. Das ist nicht gerade innovativ, funktioniert aber heute genauso wie damals.
Auch wenn die Familiengeschichte den Kern der Handlung bildet, bleiben für viele Zuschauer sicherlich die Roboter der eigentliche Grund, sich den Film anzusehen - und in dieser Hinsicht hat „Real Steel" tatsächlich einiges zu bieten: Anders als etwa in den „Transformers"-Filmen, in deren Action-Szenen man mit Glück noch die einzelnen Gliedmaßen der wild durcheinanderwirbelnden Roboter ausmachen kann, haben die Animations-Künstler und Choreographen von „Real Steel" bewusst darauf geachtet, dass sich die Boxkämpfe tatsächlich mitverfolgen lassen. Es wurde sogar extra der ehemalige Box-Weltmeister Sugar Ray Leonard verpflichtet, um die Duelle möglichst glaubhaft erscheinen zu lassen – und das zahlt sich aus. Vom schmutzigen Underground-Fight in einer versifften Lagerhalle bis zum Titelkampf in einer High-Tech-Arena sind die Boxkämpfe zudem extrem abwechslungsreich geraten, wozu auch die fantasievolle Gestaltung der Roboter selbst beiträgt. Die haben nämlich – und hier ist „Real Steel" eher beim Wrestling als beim Boxen – alle ihr eigenes Markenzeichen: Max führt mit Atom vor den Kämpfen einen Tanz auf und Konkurrent Twin Towers hat zwei Köpfe (was bei genauerer Überlegung für einen Boxer wohl eher einen Wettbewerbsnachteil bedeutet, aber was tut man nicht alles für eine gute Show).
Die Kämpfe sind auch deshalb so packend, weil die Roboter keineswegs alle nur leblose Maschinen sind, sondern Charakter haben und ein Eigenleben entwickeln. Das gilt vor allem für Atom, in dem womöglich sogar ein Fünkchen Menschlichkeit steckt, was aber bis zum Ende offen bleibt. Shawn Levy hat uns im Interview verraten, dass er dieses Geheimnis mit Absicht nicht gelüftet hat, und diese etwas unentschlossene Haltung in Bezug auf den Roboter ist auch gar nicht schlimm, denn im emotionalen Zentrum von „Real Steel" steht ohnehin die Vater-Sohn-Beziehung. Und dass diese den Film tatsächlich trägt, ist vor allem den beiden Hauptdarstellern zu verdanken: Hugh Jackman („X-Men", „The Fountain") ist einer der sympathischsten Hollywoodstars unserer Zeit – aber er hat sich in vier Filmen als Wolverine auch genügend raues Charisma antrainiert, um zu Beginn des Films als selbstgerechter Einzelkämpfer durchzugehen. Newcomer Dakota Goyo, der in „Thor" schon die junge Version des sagenhaften Superhelden verkörperte, überzeugt hingegen mit einer seltenen Natürlichkeit und entwickelt eine glaubhafte Beziehung zu seinem Roboter-Freund Atom, auch wenn dieser in den meisten Szenen erst nachträglich am Computer ins Bild eingefügt wurde.
Fazit: „Rocky" mit Robotern – das ist keine große Filmkunst, überzeugt vor allem dank Everybody's Darling Hugh Jackman aber als kurzweilige Blockbuster-Unterhaltung. Wir freuen uns deshalb auf die bereits angekündigte Fortsetzung „Real Steel 2", denn an den abwechslungsreich choreographierten Roboter-Kämpfen kann man sich kaum sattsehen.