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    Willkommen in Cedar Rapids
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Willkommen in Cedar Rapids
    Von Christian Horn

    Spätestens seit den erfolgreichen Filmen von Judd Apatow („Beim ersten Mal") erleben sympathische Loser, Nerds und Geeks eine Hochkonjunktur in der amerikanischen Komödienlandschaft. In aller Regel erfahren die widerwilligen Helden im Handlungsverlauf eine Art Resozialisierung – ihre Andersartigkeit müssen sie dafür jedoch nicht unbedingt aufgeben, denn die aktuellen Nerd-Komödien akzeptieren die Schrullen ihrer Figuren und führen die liebenswerten Trottel keineswegs vor. Im Sundance-Teilnehmer „Willkommen in Cedar Rapids" von Regisseur Miguel Arteta („Youth In Revolt") spielt der aus „Hangover" bekannte Ed Helms einen genau in dieses Schema passenden Versicherungsvertreter, der im Verlauf eines Wochenendes ganz neue Seiten am Leben entdeckt. Ihm und seinen nicht minder spleenigen Kollegen zuzuschauen, ist ein durchweg beschwingtes und oft komisches Vergnügen, wenngleich die Komödie ein paar bissige Spitzen vertragen hätte.

    Weil sein Boss überraschend verstirbt, muss Tim Lippe (Ed Helms) als Vertretung zur alljährlichen Tagung der Versicherungsbranche nach Cedar Rapids in Iowa reisen. Für den in jeglicher Hinsicht unerfahrenen Naivling, der seine kleine Heimatstadt Brown Valley noch nie verlassen hat, ist diese Reise ein mehr als aufreibendes Abenteuer. Auf der Tagung lernt Lippe drei Kollegen kennen, die den Ausnahmezustand weiter verschlimmern: Seine beiden Zimmergenossen Dean Ziegler (John C. Reilly) und Ronald Wilkes (Isiah Whitlock Jr.) wollen die Konferenz wie jedes Jahr als Gelage nutzen und verführen Tim zum Alkohol- und Drogenkonsum. Als viertes Mitglied der Bande tritt Joan (Anne Heche) in Erscheinung, die in Cedar Rapids vor allem ihren Ehemann betrügen will – auch an dieser Front gerät der überforderte Tim ins Kreuzfeuer.

    Im Grunde passiert nicht allzu viel in „Willkommen in Cedar Rapids", denn Miguel Arteta frönt ganz bewusst der Entschleunigung. Langweilig ist die Independent-Komödie deswegen jedoch nicht, denn die vielen entspannt-skurrilen Situationen und die auftrumpfenden Darsteller halten den Film stets im Fluss. Es gibt beispielsweise eine besonders ulkige Szene im nächtlichen Hotelpool, in der John C. Reilly mit einem Mülleimer auf dem Kopf R2-D2 aus „Krieg der Sterne" imitiert, während Anne Heche ihr Bikinioberteil auszieht und den verdatterten Ed Helms verführt – von solchen an sich unspektakulären, dank der glänzend verkörperten Figuren dennoch intensiven und charmanten Momenten lebt „Willkommen in Cedar Rapids".

    Dementsprechend zurückgenommen ist die Inszenierung, die von Anfang bis Ende ohne jeden Schnörkel auskommt und nie aufdringlich oder gar hip wirkt. Auf darstellerischer Seite punktet „Willkommen in Cedar Rapids" auf der ganzen Linie. Ed Helms variiert seine Rolle des spießigen Zahnarztes aus „Hangover" und landet damit einen routinierten Treffer. John C. Reilly ist als selbsternannter Playboy mit Bierbauch hinreißend komisch, während Isiah Whitlock Jr. mit Erfolg gegen sein Image aus „The Wire" anspielt. Anne Heche schließlich verkörpert die Figur mit den meisten Schattierungen und behauptet sich nachhaltig in der Riege der schrulligen Männerclique. In einer kleinen, aber feinen Nebenrolle unterstützt Sigourney Weaver den Eindruck, dass „Willkommen in Cedar Rapids" hauptsächlich dank treffsicher besetzter Figuren funktioniert.

    Miguel Arteta legt eine Independent-Komödie vor, die mit Leichtigkeit erzählt und nie auf der Hatz nach dem nächsten Brüller ist. Das späte Erwachsenwerden des Protagonisten Lippe ist dank der fein austarierten Situationskomik und den zwar tollpatschigen, aber jederzeit menschlichen und nie bloßgestellten Figuren sehenswert. Zum Ende hin hätte die Erwachsenenkomödie mehr Schärfe vertragen können, das Thema der Adoleszens-Reise eines erwachsenen Kindes hätte das allemal hergegeben. Doch auch so ist „Willkommen in Cedar Rapids" wunderbar besonnen und durchweg unterhaltsam.

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