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Anonymer User
4,0
Veröffentlicht am 13. Juli 2011
''The Verdict'' ist ein ausgesprochen ruhiger Film geworden. Von ein oder zwei Szenen mal abgesehen, finden keine dramatischen Dialogduelle statt. Aber Sidney Lumets Film funktioniert nicht nach der klassischen Hollywood-Dramaturgie. Man denke nur einmal an den (hervorragenden) ''Eine Frage der Ehre'', wo sich die Figuren in den letzten zehn Minuten ihre Wortkaskaden beinahe im Schrei um die Ohren pfeffern. Anders hier: ''The Verdict'' bleibt ungemein ruhig. Schließlich geht es dem Film aber weniger um eine komplexe Geschichte, als vielmehr um die subtile Darstellung eines vielschichtigen Protagonisten, was ''The Verdict'' dann fabelhaft gelingt. Dies ist unter anderem dem überaus starken Drehbuch geschuldet, welches der Hauptfigur nur kleine, aber dafür umso bedeutendere Persönlichkeitsänderungen zugesteht. In erster Linie jedoch ist dies ein Verdienst des großartigen Paul Newman. Er spielt zwar überaus dezent, aber nicht minder ausdrucksstark als die anderen Schauspieler des Casts. Man muss nur in sein von Alkohol- und Spielsucht, Selbstmitleid und Verzweiflung gezeichnetes Gesicht sehen, aus dem lediglich hellen, blauen Augen kraftvoll ein Ziel zu fokussieren versuchen. Sie sehen erschöpft aus und dennoch nicht ohne Leben. Eine wahrhaft geniale Performance... Inszenatorisch halt sich der Film sehr zurück. Sehr distanziert und kühl wirken die Szenen, ja sogar fast in ihrer Ruhe erstarrt. FAZIT: ''The Verdict'' ist ein Film mit ungewöhnlicher Ruhe. Wer Hollywood-typische Ausraster und Dialogduelle erwartet, wird schwer enttäuscht werden. Jedoch empfehle ich allen den Film, die für subtile Figurenschilderung und ruhige Inszenierungen etwas übrig haben. Paul Newman jedenfalls ist großartig und immer einen Blick Wert.
Eines stört mich jedoch gewaltig: Das offene Ende.
Es interessiert brennend, aus welchen Gründen die Jury - entgegen aller Erwartung - ein der Klägerin zusprechendes Urteil ausgeurteilt hat. Dies vor allem auch deswegen, weil sich der Klägeranwalt in seinem "Plädoyer" juristisch mit dem aus der Beweisaufnahme gewonnen Beweisergebnis nicht mit dem Fall auseinandersetzt, sondern "nur" emotional und pauschal plädiert. Den Beklagtenanwalt hört man erst gar nicht. Auch erfährt der Zuhörer nicht, aus welchen Gründen das Schmerzensgeld in welcher Höhe über den gestellten Antrag hinaus festgesetzt hat.